Haarmanns Kopf
ist er. Mit seinem Auto. Das hat er sich vor drei Jahren gekauft. Mein Gott, wie stolz er da war.“
„Frau Schröder, ich benötige ein aktuelles Foto Ihres Sohnes. Vielleicht haben Sie noch ein Foto, auf dem er besser zu erkennen ist als auf diesem hier. Hat er den Wagen heute noch?“
„Ja, mit dem fährt er immer in die Klinik und auch zum Einkaufen.“
„Und das Kennzeichen, also das Nummernschild, ist noch dasselbe wie auf dem Foto?“
„Ja, bestimmt. Da hat sich nichts geändert.“
„Sie sagen, Ihr Sohn hat keine Freundin. Hat er denn irgendwelche Bekannten oder Freunde, bei denen er sich aufhalten könnte? Gibt es Verwandte, bei denen er vielleicht übernachtet hat?“
„Freunde hat er nicht. Meistens ist er hier und macht irgendwas mit seinem Computer. Und Musik hört er viel. Und laut. Viel zu laut.“
„Wenn es sonst nichts gibt, was Sie mir sagen können, werde ich jetzt eine Vermisstenanzeige aufnehmen und nachher eine Fahndung rausgeben. Wir werden Ihren Sohn schon finden.“
Yannik suchte noch eine Weile im Zimmer des verschwundenen Pflegers, konnte aber keine verwertbaren Hinweise finden, die darauf schließen ließen, dass er sein Untertauchen oder eine längere Abwesenheit geplant hatte.
*
Yannik traf um 13:30 Uhr im Büro ein, wo er von Martin bereits erwartet wurde.
„Na, wie ist es gelaufen?“, fragte Martin. „Irgendetwas gefunden, das uns weiterbringt?“
„Nein, nicht das Geringste. Ich habe allerdings von Schröders Mutter seine Handynummer erhalten. Außerdem habe ich das Kfz-Kennzeichen seines Autos und ein brauchbares Foto für die Fahndung, die ich gleich veranlassen wollte.“
„Die Handynummer kannst du mir gleich geben.“
„Wie war’s denn bei dir?“
Martin erklärte, dass er seine Theorie mit Dr. Ebeling besprochen hatte und was dieser davon hielt. Yannik hörte ruhig zu und schloss sich letztlich der Meinung des Arztes an, dass man Paganetti als Täter ausschließen konnte. Er stimmte allerdings mit Martin überein, dass der Arzt sich merkwürdig verhielt und er das Gefühl nicht loswurde, dass er etwas verheimlichen wollte. „Wir müssen unbedingt an die Krankenakte Dembowskis kommen. Wenn wir ihn morgen nicht dazu bringen, uns Akteneinsicht zu gewähren, haben wir ein Problem“, sagte Martin.
„Was versprichst du dir davon?“
„Ich kann mir nicht helfen, aber wir müssen etwas übersehen haben. Und meine Nase sagt mir, dass wir in der Akte etwas finden werden.“
„Das ist alles etwas vage. Aber vielleicht hast du Recht.“ Yannik begann, seine Jacke auszuziehen.
„Die kannst du übrigens gleich anbehalten. Wir müssen gleich wieder los.“
„Wieso das? Wohin fahren wir?“
„Zur Göttinger Morgenpost. Wir werden unserem Lieblingsreporter einen Besuch abstatten. Ich habe es endgültig satt. Seit gestern geht er nicht ans Telefon und auch der Chefredakteur ruft nicht zurück. Ich will wissen, von wem er die Informationen bezüglich Dembowski erhalten hat. Vorher müssen wir noch zur Staatsanwaltschaft. Wir benötigen die Genehmigung für die Überwachung der Handys von Paganetti und Schröder.“
„Dazu brauchen wir doch eine richterliche Anordnung“, warf Yannik ein. „Paragraph 100a und 100b der Strafprozessordnung.“
„Aber nicht, wenn es um Gefahr im Verzug geht, Herr Kollege.“
„Was ist denn mit der Pressekonferenz? Sollte die nicht heute um 15:00 Uhr stattfinden?“
„Die wurde abgesagt und soll wahrscheinlich Dienstag nächster Woche stattfinden.“
Sie verließen das Büro und machten sich auf den Weg in Richtung Dransfelder Straße.
13
Im Zentrum eines ausgedehnten Naturparks im Weserbergland lag die Stadt Neuhaus im Solling. Der Ort, durch den der Fluss Holzminde verlief, war von dichten Wäldern, Weiden und Wiesen umgeben. Im Zentrum kreuzten sich die Bundesstraße 497, die von Holzminden im Nordwesten nach Uslar führte, und die Landesstraße 549, die von Boffzen im Westen über Silberborn nach Dassel im Nordosten verlief.
Am südlichen Ortsrand, abseits der Hauptstraße, befand sich ein alter Bauernhof, der aus mehreren Gebäuden, Scheunen und Stallungen bestand. Der Hof, der nach dem Tod des Besitzers viele Jahre unbewohnt und ungenutzt blieb, befand sich im Besitz einer Erbengemeinschaft, die das gesamte Areal, einschließlich sämtlicher Gebäude, an einen Mann verpachtet hatte, der sehr zurückgezogen lebte. Er hatte den Bauernhof, dessen Gebäude zu zerfallen drohten, für wenig Geld
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