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Hab und Gier (German Edition)

Hab und Gier (German Edition)

Titel: Hab und Gier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
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angerührt. Wir waren noch längst nicht fertig, als es klingelte. Wolfram und ich sahen uns befremdet an, Judith sprang hoch.
    »Das wird Cord sein«, sagte sie.
    Kurz danach kam sie mit ihrem Ex zur Küchentür herein. Er begrüßte uns höflich und sagte, er habe die bestellten Matratzen im Lieferwagen eines Kumpels hergebracht.
    Leicht angewidert starrte ich auf seine breitgerippte schwarze Cordhose, auf der Reste weißer Dispersionsfarbe klebten.
    Judith holte einen Teller, ein Messer und eine Gabel und wies ihrem Freund einen Platz an. »Du kriegst den Rest«, sagte sie und kippte alle Fritten und Nuggets auf Cords Teller.
    Er verputzte alles in Windeseile und fragte: »Wohin mit dem Zeug?«
    Die beiden verließen die Küche, und schon hörten wir Türen schlagen, Treppen knarren, Gepolter und vor allem Gelächter.
    »Ist das Judiths Lebensgefährte?«, fragte Wolfram und machte dabei ein Gesicht wie sieben Tage Regenwetter.
    »Ein Jugendfreund«, sagte ich. »Sie kennen sich seit einer Ewigkeit, früher waren sie wohl eine Zeitlang zusammen. Aber ich weiß eigentlich nicht viel mehr über ihn, als dass er Bärenkräfte hat.«
    »Beneidenswert«, sagte er grimmig. Nun ja, dachte ich, ein kranker Wolf hat gegen einen Bären kaum eine Chance.
    Nach dem Essen legte sich Wolfram ins Bett, ich mich auf das muffige Sofa, wo ich sofort einschlief. Als ich nach etwa einer Stunde wach wurde und die Treppe hinaufging, war es verdächtig still im Haus. In Bernadettes ehemaligem Schlafzimmer stand jetzt Wolframs Eisengestell, darauf lag eine funkelnagelneue Matratze, die noch in einer Plastikhülle steckte. Ich rieb mir erstaunt die Augen. Bei einem endgültigen Umzug würde ich selbstverständlich mein eigenes Bett hier aufstellen wollen.
    Plötzlich standen die jungen Leute neben mir. »Alles paletti?«, fragte Cord.
    Ich seufzte nur, aber so frisch geputzt, mit dem beinahe einladenden Bett und den beiden weit geöffneten Fenstern, durch die warme Sommerluft hereinströmte, sah das Zimmer eigentlich netter aus als mein früheres Schlafzimmer. Ich hatte mein Kopfkissen, meine Decke und Bezüge mitgebracht, weil mir vor Bernadettes Aussteuer graute. Immerhin hatte ich nun einen Schlafplatz und ein sauberes Badezimmer, die beiden anderen Zimmer konnten warten.
    »Wie viel hat die Matratze gekostet?«, fragte ich, denn ich mag keine Schulden.
    »Zur Feier des Tages geschenkt«, sagte Judith. »Cord, mach doch mal den Sekt auf, und lass uns auf die neuen Gemächer anstoßen!«
    Wieso zu dritt?, dachte ich, schluckte meinen Protest aber lieber hinunter, um die Feierlaune nicht zu verderben. Judith und Cord verließen mich, um als Nächstes eine der Mansarden behelfsmäßig herzurichten. Mit gefurchter Stirn bezog ich das Bett und überlegte. Wie sollten sich eigentlich die Abende in unserem neuen Heim gestalten? Zu Hause ließ ich meistens die Glotze laufen, hier gab es nur den einen Apparat im Wohnzimmer, wo Wolfram das Sofa in voller Länge in Beschlag genommen hatte. Ich musste also unbedingt meinen eigenen Fernseher holen, damit ich mir nicht mit Judith und Wolfram irgendwelche dämlichen Filme ansehen musste. Ohne Hilfe konnte ich den schweren Kasten allerdings nicht von A nach B bringen. Womöglich würde ich Judith – und sie wiederum Cord – um Hilfe bitten müssen. Immerhin hatte Wolfram im Laufe seines Lebens mehr Bücher angesammelt als ich und alle früheren Kolleginnen zusammen. Ich konnte mich immer noch mit einem spannenden Schmöker in die Badewanne legen und anschließend ins Bett verkriechen.
    Als wir am Abend gemeinsam einen Imbiss einnahmen, sprach ich das Thema Haushaltshilfe wieder an. Cord, der wie selbstverständlich immer noch hier war, meinte: »Da wüsste ich eine für euch. Eine richtig fleißige Frau, hat zwei kleine Kinder und schlägt sich tapfer durch.«
    »Meinst du etwa die Natalie?«, fragte Judith mit gerunzelten Brauen, und er nickte.
    »Kommt nicht in Frage«, sagte sie.
    »Das hat Karla zu entscheiden«, sagte Wolfram. »Im Übrigen möchte ich dich bitten, meiner Nachbarin, dieser Frau Altmann, aus dem Weg zu gehen.«
    »Sie hat uns auf der Straße angesprochen«, verteidigte sich Judith. »Ich konnte doch nicht wissen, dass sie deine Feindin ist.«
    »Sie kann nur den Mund nicht halten. Was wollte sie denn von dir?«
    Judith gähnte. »Nichts Besonderes. Wie es dir gehe, hat sie gefragt. Sie machte auf mich keinen besonders neugierigen Eindruck.«
    Wolfram zog jetzt einen Umschlag aus

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