Hab und Gier (German Edition)
langwierigen Prozess alles einheimst oder wenn ich das Haus verkaufen muss, dann ist die ganze Plackerei umsonst gewesen.«
»Im Gegenteil, ein gepflegtes Haus macht bei einem eventuellen Verkauf einen viel besseren Eindruck.«
Cord nickte beifällig und erhob sich. Leider werde es erst gegen zehn richtig dunkel, sagte er, und bei seiner ersten Erkundungsfahrt dürfe es nicht taghell sein. Er werde in Wald-Michelbach erst einmal in der Nähe des Observierungsobjekts parken und ein wenig um das Haus beziehungsweise die Wohnung herumlaufen, sich schließlich in die Büsche schlagen und durch die Fenster ins Innere spähen. Wenn er alles ausspioniert habe und mit den Örtlichkeiten vertraut sei, könne er die Qualle auch bei Tag beschatten.
Ich verzog mich in meine Gemächer.
17
Sherlock Holmes
Nach dem Kahlschlag der vormals so üppigen Hecke war mir der Garten etwas verleidet. Frustriert beschloss ich, mich heute bloß mit leichter Hausarbeit zu beschäftigen. Seit Wolfram tot war, hatte ich mich nicht mehr in sein Sterbezimmer getraut. An jenem Morgen wollte ich dort endlich lüften, aufräumen und das Bett abziehen. Vielleicht war es sinnvoll, diesen Raum wieder in ein Esszimmer zu verwandeln. Als ich vorsichtig die Tür aufmachte, erschrak ich über alle Maßen, denn die Fenster standen bereits weit offen. Fassungslos starrte ich auf das unerwartete Chaos am Boden. Cords Tarnanzug, Socken und Stiefel lagen verstreut herum, über eine Sporttasche mit schmutziger Wäsche wäre ich fast gefallen. Cord hatte im Bett seines Opfers übernachtet und war erst früh am Morgen verduftet. Schlimmes ahnend sah ich auf die Straße hinaus, auch mein Wagen war verschwunden. Noch im Nachhinein fröstelte ich vor Angst, weil ich mich in dieser Nacht nicht eingeschlossen hatte, Cord hätte mich im Schlaf abmurksen können. Ich musste ein ernstes Wörtchen mit Judith reden.
Wenn man an den Teufel denkt, dann ruft er an – Judith meinte, ich solle mich nicht wundern, dass mein Auto nicht vor der Tür stehe, sie habe es heute Morgen ausleihen müssen, um pünktlich zur Arbeit zu kommen.
»Mir war gestern Nacht gerade noch rechtzeitig eingefallen, dass die Qualle doch deinen Wagen und das Nummernschild kennen müsste, denn es ist ja schließlich das ehemalige Auto ihres Onkels. Also haben wir getauscht, Cord ist mit meiner Kutsche nach Wald-Michelbach gefahren, ich habe deine genommen. Alles klar?«
Ich schluckte ein bisschen. Eigentlich fand ich es nicht in Ordnung, dass man über meinen Kopf hinweg Beschlüsse fasste. Doch gestern hatte ich mich früh mit ein paar Büchern in mein Schlafzimmer verzogen.
»Dann werde ich allerdings nichts zu essen einkaufen, und ihr könnt sehen, wie ihr satt werdet«, sagte ich grantig.
»Ausnahmsweise könntest du ja mal laufen! Aber gut, ich bringe alles mit und werde heute kochen«, versprach Judith. »Es ist sowieso nicht gerecht, wenn du dir die ganze Hausarbeit für drei Personen aufhalst. Also, bis später!«
Zur Siestazeit legte ich mich mit Blick auf die verstümmelte Hecke in den Liegestuhl und dachte über Judiths Worte nach. Die längste Zeit meines Lebens hatte ich nur für mich selbst gesorgt. Wenn ich nicht aufpasste, erwarteten diese zwei Königskinder, dass ich die Haushälterin für sie spielte. So hatten wir nicht gewettet! Eine schöne alte Villa und ein Garten mussten gepflegt werden, das sah ich ein, aber sollte ich den Vorteil des schöner Wohnens mit einem Sklavendasein bezahlen? Cord hatte in meinem Haus überhaupt nichts verloren. Wenn der Mohr seine Schuldigkeit getan hatte, sollte er gehen! Und zwar schnell.
Bald wurde es mir zu heiß in der Sonne, ich ging ins Haus zurück und beschäftigte mich doch wieder mit dem grässlichen Papierkram. Wolfram und Bernadette hatten jeden Schnipsel aufgehoben. Uralte und längst bezahlte Rechnungen, ebenso Garantiescheine und Gebrauchsanweisungen für nicht mehr vorhandene Elektrogeräte. Ich kam mir vor wie eine Aktenvernichtungsmaschine, während ich nach und nach einen ganzen Waschkorb mit Papierschnitzeln füllte.
Judith hatte an einigen Tagen um 18 Uhr Feierabend, so auch heute. Ich war gespannt, was sie kochen würde, und wurde prompt enttäuscht, denn sie hatte zwei fix und fertig gegrillte Hähnchen besorgt und belegte nun ein Backblech mit gefrorenen Fritten. Einzig den Gurkensalat bereitete sie eigenhändig zu, leider mit viel zu viel Olivenöl. Als Cord anrückte, setzten wir uns sofort an den Tisch.
»Lass
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