Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hab und Gier (German Edition)

Hab und Gier (German Edition)

Titel: Hab und Gier (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ingrid Noll
Vom Netzwerk:
entschieden.«
    »Hat was«, gab Judith zu. »Aber ein bisschen Spaß muss sein.«
    Seufzend öffnete ich den heißen Backofen. Was waren die zwei doch für Kindsköpfe. Hier ging es schließlich um Sein oder Nichtsein.
    »To be or not to be, that is the question«, murmelte ich und tranchierte die Rinderlende in großzügige Portionen.
    Judith und Cord wechselten einen Blick. »Karla ist hoch gebildet«, sagte Judith spöttisch. »Wenn sie etwas Englisches zitiert, ist es entweder von Shakespeare oder den Beatles.«
    »Let it be!«, sagte Cord.
    Und ich gab zurück: »Und wenn Judith etwas Lateinisches zitiert, dann stammt es mit Sicherheit aus Asterix .« Und an Cord gewandt: »Wenn Sie die Qualle beschatten, sollten Sie sich vor ihrem Golden Retriever in Acht nehmen. Der hört auf den Namen Bellablock . Ein Hund hört und riecht sofort, wenn jemand durch die Büsche schleicht!«
    »Alles klar«, sagte Cord grinsend. »Ich werde die Bella mit einem halben Pfund Lyoner bestechen.«
    »Cord ist auf dem Land groß geworden«, kommentierte Judith. »Hündisch war seine erste Fremdsprache. Deswegen hat er auch so treuherzige Dackelaugen und braucht gaaanz viel Schappi!«
    Beide konnten sich vor Lachen gar nicht mehr einkriegen. Judith spießte das letzte Stück Fleisch auf, pellte es aus seiner Ummantelung und legte es Cord auf den Teller, den mit Saft durchtränkten, leicht glitschigen Blätterteig verleibte sie sich in Windeseile selber ein. Und ich leerte mehr als einmal mein Glas, um endlich wieder durchschlafen zu können.
    Am nächsten Tag wachte ich mit Kopfschmerzen und der vagen Erinnerung auf, dass ich mit Cord Brüderschaft getrunken hatte. Verschlafen blinzelte ich auf die Uhr, es war bereits zehn, und die Morgensonne strahlte mir direkt ins Gesicht. Ich döste noch ein paar Minuten vor mich hin, dann wurde mir klar, dass das brummende Geräusch von draußen kam und zum Glück nicht aus meinem dröhnenden Schädel. Ich verließ das Bett und guckte zum Fenster hinaus. Im Garten mühte sich Cord mit einer knatternden, langstieligen Säge ab, neben ihm stand Frau Altmann. Er trug zwar die Knobelbecher der gestrigen Montur, aber sonst nur schäbige Boxershorts und eine violette Baseball-Kappe, die Frau Nachbarin steckte in einem scheußlichen zitronengelben Frottékleid.
    Der Kerl hat bestimmt wieder hier übernachtet, war mein erster Gedanke, der zweite allerdings, dass ich es ihm vielleicht sogar angeboten hatte. Cord setzte gerade das Folterinstrument ab, schaltete den Motor aus und wischte sich über die Stirn.
    »Sie müssen doch einsehen, dass es mit meiner Heckenschere besser geht als mit Bernadettes vorsintflutlichen Geräten«, sagte Frau Altmann. »Sind Sie ein gelernter Gärtner?«
    »Nein«, sagte Cord.
    »Was nehmen Sie für die Stunde? Bei mir müsste auch so einiges gemacht werden…«
    »Vielleicht kann ich Ihnen gelegentlich einmal aushelfen«, meinte Cord nur und stellte die Höllenmaschine wieder an.
    Frau Altmann musste jetzt laut dagegen anschreien. »Eigentlich darf man im Sommer gar keine Hecken schneiden, weil manche Vögel zum zweiten Mal brüten könnten! Doch dies hier ist eindeutig ein Notfall.«
    »Ich pass schon auf«, brüllte Cord zurück.
    Wollte er nicht heute den Privatdetektiv spielen?, überlegte ich. Gähnend beschloss ich, erst einmal ins Bad zu gehen und mir dann einen Kaffee zu genehmigen, allerdings nicht auf der Terrasse.
    Als ich mir gerade das Frühstück zubereitete, hörte der Lärm abrupt auf, und Cord stand plötzlich vor mir.
    »Morgen!«, sagte er und: »Durst!«, griff sich ein Senfglas, füllte es mit Leitungswasser und stürzte es hinunter.
    »Hat Ihnen Judith aufgetragen, den Garten auf den Kopf zu stellen?«, fragte ich verdrossen, denn es handelte sich schließlich immer noch um mein Grundstück, demnächst jedenfalls.
    »Hat sie sich nicht mit dir abgesprochen? Die Hecke ist viel zu hoch, sie knickt teilweise schon ein unter der eigenen Last. Ich soll dir außerdem das Gras schneiden und die Bäume stutzen…«
    Er duzt mich unverdrossen, dachte ich, also sollte ich es lieber auch so halten und nicht die Arrogante spielen.
    »Wolltest du nicht heute nach Wald-Michelbach?«, fragte ich etwas befangen. Das Du kam mir nur schwer über die Lippen.
    »Ihr habt mir doch noch gar nicht die Adresse gegeben. Außerdem brauche ich dein Auto dafür, falls du es mir leihen willst. Aber jetzt mache ich erst mal im Garten weiter, nach dem Abendessen fahre ich in den

Weitere Kostenlose Bücher