Haben Sie Hitler gesehen - Haben Sie davon gewußt
habe. Ein Gutsbesitzer hat Strafgefangene als Arbeiter gehabt, mit Glatze, daß er denen besseres Essen gegeben hat und daß dann die SS gekommen wär, und da habe er das nicht mehr gekonnt.
Angestellte
Ein Pfarrer, der merkwürdigerweise zur SS eingezogen worden war. Der hatte ein Auge verloren. Der deutete manchmal solche Sachen an.
Bankbeamter, 1920
Mein Großvater war konservativ, der sagte: » Nee, das geht zu weit.«
Studienrat, 1928
1943 gab es einen furchtbaren Familienkrach. Ich hatte einen Onkel, Jurist, aus altem Schrot und Korn, deutschnational bis in die Knochen, der uns gegenüber– ich war in Uniform– sagte, daß Hitler ein Verbrecher sei. Mein Vater regte sich furchtbar auf, und es war kurz davor, daß ich zum Bannführer ging.
Druckereibesitzer, 1893
Wenn ich mich abends ins Bett gelegt habe, dann hab’ ich manches Mal gesagt: » Menschenskind, jetzt hast du mit zehn bis zwölf Leuten ziemlich offen gesprochen…« Aber unsere Leute haben doch ziemlich dichtgehalten.
Angestellter, 1928
Ich ging mit zwei Mitschülern über die Wallanlagen, und da sagt der eine zu dem andern: » Hitler, dieser Anstreicher!«
Da sagt der andere ganz ruhig: » Ich zeig’ dich an.«
Das hat er aber nicht getan. Immerhin, einem war plötzlich ganz eisig.
Lehrer, 1925
Ich bin SS -Mann gewesen, und trotzdem hab’ ich nie ein KZ gesehen.
Ich hatte einen Funktruppführer, der ist Totenkopf-Führer gewesen. Der muß was davon gewußt haben, aber selbst von dem hab’ ich nichts gehört.
1943muß das gewesen sein, da hatten wir eine Party, und da war eine Vierteljüdin. Der hab’ ich wortreich erklärt, daß es zwar nicht schön sei, was sie mit den Juden machen, daß die unterdrückt werden usw., aber sie müsse doch einsehen, wenn ein ganzes Volk das tut oder das will, dann muß eben die betreffende Minderheit darunter leiden und das aushalten.
Man merkte gar nicht, wie unmenschlich man war.
Journalist
Ein Schulkamerad, der hieß Schiffner, der war beim Militär. Und eines Tages seh’ ich ihn im Café sitzen, und zwar in Zivil. Ich sagte: » Na, auf Urlaub?«, und da wurde der ganz verlegen und hat das irgendwie ausgedrückt, daß er nicht mehr beim Militär ist, weil er Halbjude ist. Also » wehrunwürdig«, wie das ausgedrückt wurde. Man hat da nicht weiter nachgefragt, und er hat auch nichts weiter davon gesagt. Merkwürdig kam einem vor, daß er sehr blond war und absolut arisch aussah. Nur der Name ist ja wohl jüdisch.– Man hat nicht mehr davon gesprochen, aber man wußte, da ist was nicht in Ordnung.
Schuldirektor
Ich war Leutnant zur See. Unser Flottillenchef hat mal gesagt: » Die sperren all die Juden ein.«
Als ich auf Urlaub war, hat mich meine Mutter mal gebeten, ich sollte auf die Gestapo gehen und mich nach meinem Onkel erkundigen, wo der abgeblieben ist, der war Pole.
Die schmissen mich sofort raus. Keine Antwort, einfach: raus!
Angestellte
Mein Vater hatte mal Schwierigkeiten. Er war angezeigt worden. Vergehen gegen das » Heimtücke-Gesetz«. Wir gingen zu einem Anwalt, der uns empfohlen worden war, für politische Sachen, was ja gar nicht so einfach war. Man wußte ja nie: Auf welcher Seite steht der denn nun? Und der sagte zu meiner Mutter: » Wir müssen erreichen, daß Ihr Mann zu acht bis zehn Monaten Gefängnis verurteilt wird. Wenn er nämlich freigesprochen wird– die Gestapo ist an ihm interessiert–, dann kommt er ins KZ .«
» Das ist ja ’n schöner Anwalt«, sagte meine Mutter, » der bringt Vater ins Gefängnis…« Aber gut war es, denn so saß er die Monate ab und konnte dann nach Hause gehen.
Lehrer
Ein Bekannter meines Vaters, ein Rechtsanwalt, der hat sich nur dadurch vor dem KZ retten können, daß er sich rasch freiwillig zum Militär gemeldet hat. Da unterstand er der Militärgerichtsbarkeit, da konnten die Nazis nicht an ihn ran.
Das ging um Sekunden.
Ein Mann, 1921
1943 ist mein Freund abgeholt worden von der Gestapo. Der hatte in der Fritsch-Affäre aussagen müssen. 1941 hatte er zu mir gesagt: » Hier bei den Soldaten finden sie mich nicht mehr.« Das war so ein halber Zuhälter. Als er mal was getrunken hatte, hat er mal was erzählt. Das war ein gekaufter Zeuge, und der wurde dann 1943 doch abgeholt, und der kam nicht wieder.
Ingenieur, 1920
Nach meiner zweiten Verwundung kam ich vierzehn Tage auf Genesungsurlaub. Gleich am ersten Abend hatte ich eine Auseinandersetzung mit dem hiesigen Ortsgruppenleiter der NSDAP . Er wollte, daß
Weitere Kostenlose Bücher