Habitat C (German Edition)
so sagen Sie es offen und ohne Rücksicht.«
Grant beugte sich vor, wieder mit diesem gewinnenden Lächeln auf den Lippen. Daxxel konnte es echt nicht mehr sehen. Er verbarg sein Gesicht hinter dem Wasserglas, um nicht zeigen zu müssen, dass ihm der Minister auf die Nerven ging.
»Aber die anderen Aspekte, die sollten Sie den Experten überlassen. Wir haben ausgezeichnete Leute in den Strafverfolgungsbehörden. Lassen Sie die ihre Arbeit machen. Wenn da Fragen bestehen, wird man sich an Sie wenden. Und was den Mordfall betrifft … der lenkt Sie nur ab. Sie sind kein Polizist. Er war lediglich ein Kellner. Kümmern Sie sich um wichtige Dinge.«
»Meine Partnerin ist verschwunden.«
Grant zögerte wieder einen Augenblick. Es war offensichtlich, dass er sich auf diese Information im Vorfeld nicht eingestellt hatte.
»Sie taucht sicher schnell wieder auf.«
Der Minister lächelte vieldeutig.
»Habitat C ist ein aufregender Ort. Da wird man schon mal abgelenkt und vergisst die Zeit. Ich würde mir an Ihrer Stelle keine großen Sorgen machen. Es gibt keine Station in der bekannten Galaxis, die sicherer ist als der Ort, an dem wir uns gerade aufhalten.«
Daxxel holte tief Luft. Es war erkennbar, dass der Minister ebenso metaphorisch und nicht nur physikalisch auf einem anderen Planeten, in einer anderen Welt als er lebte. Es war möglicherweise die Konsequenz eines Lebens auf den höchsten Ebenen der Macht, die dazu führte, dass man die Ameisen da ganz unten, vor allem jene in Staatsdiensten, wie Spielsteine betrachtete, die man hin und her schieben konnte, ganz wie es einem beliebte.
Daxxel fand das nicht lustig.
Das Gefühl, dass dieses Gespräch zu nichts führen würde, wurde immer stärker. Gleichzeitig aber waren seine Sinne geweckt, war seine Neugierde angestachelt. Nein, Daxxel wusste es besser. Es war sein Trotz. Ganz einfach ein mentales Aufstampfen mit dem Fuß und ein Schmollmund, ein Verschränken der metaphorischen Arme vor dem metaphorischen Brustkorb. Er kannte diese seine größte Schwäche, seine Hybris, mit der er sich selbst über Leute wie Grant zu erheben bereit war. Trotz.
Daxxel wusste, dass er einen Fehler beging, der ihn seine Karriere kosten könnte, aber er würde keinesfalls so tun, als ginge ihn all das nicht wirklich etwas an.
Und wenn das Verschwinden von Zant etwas mit dem Mord zu tun hatte, dann gab es für ihn durchaus einen Grund, weiter an dieser Sache dranzubleiben.
Das sagte er natürlich nicht. Er durfte sich Grant gegenüber keine weitere Blöße geben. Er war ohnehin bereits zu frech, zu respektlos aufgetreten. Grant konnte ihn zerstören, wenn er wollte. Es war unklug, ihm gleich beim ersten Zusammentreffen allzu viel Anlass für eine solche Vorgehensweise zu bieten.
Stattdessen setzte Daxxel seine Interpretation des Avatarlächelns auf. Er war darin nicht so gut wie der Biodroide, aber er hatte einige Übung.
»Ich möchte mich ganz herzlichen für Ihre Hinweise bedanken, Herr Minister«, erklärte er mit aller falschen Freundlichkeit, die er aufzubringen imstande war. »Ich werde mich bemühen, sie bei meiner Arbeit zu beachten, und freue mich, dass Sie ebenso am Erfolg meiner Bemühungen interessiert sind wie ich.«
Grant sah Daxxel für einen Moment regungslos an. Wahrscheinlich lag das nicht nur an der Signalübertragung, sondern auch an dem Bemühen des Kontrolleurs, Daxxels Äußerungen richtig zu interpretieren. Zu welchem Ergebnis er dabei kam, zeigte der Avatar nicht. Grant ließ die Puppe wieder blendend lächeln, das pure Abbild von Herzlichkeit und Sympathie, hinter dem er sich wunderbar verstecken konnte.
»Dann sind wir uns ja einig«, erklärte der Minister und erhob sich. Auch Daxxel stand auf und nahm die dargebotene, wohltemperierte Hand entgegen.
»Genießen Sie Habitat C!«, riet ihm Grant. »Es ist ein faszinierender Ort. Nehmen Sie sich auch mal frei. Sie arbeiten sicher zu viel! Das Leben besteht nicht nur aus der Pflicht, gönnen Sie sich auch mal was! Es gibt viel zu entdecken!«
»Da bin ich mir sicher«, erwiderte Daxxel.
Grant lächelte noch breiter und tat so, als hätte er die Zweideutigkeit in der Antwort seines Gesprächspartners nicht wahrgenommen. Doch für so dumm hielt Daxxel ihn nicht, ganz im Gegenteil.
Er verließ das Büro, eilte vorbei an der Empfangsdame, hinaus aus dem Gebäude, bis er auf der betriebsamen Hauptstraße stand, die er eben noch aus dem Büro bewundert hatte. Er zwang sich, nicht nach oben zu
Weitere Kostenlose Bücher