Habitat C (German Edition)
Angesichts der Tatsache, dass sie sich auf einer obzwar großen, aber letztlich räumlich begrenzten Raumstation befanden, half sie auch nicht sehr viel weiter.
»Wohin?«, insistierte Daxxel und verschränkte die Arme vor der Brust. Der Bodyguard deutete diese nonverbale Kommunikation ganz richtig, wenngleich sein Gesicht die gleiche gemeißelte Bronzemaske blieb wie zuvor.
»Minister Grant möchte Sie sprechen.«
Grant , durchfuhr es Daxxel. Er hatte nicht damit gerechnet, diesen Namen zu hören. Eine Person, so weit von ihm entfernt wie der nächste Stern, und ein Name, den man nur selten im Mund führte, entweder aus Respekt oder mit sehr kritischem Unterton. Niemand, dem zu begegnen Daxxel jemals auch nur erahnt hätte, und gewünscht schon gar nicht.
Minister für besondere Angelegenheiten im Präsidialamt. Der Mann für alle Fälle, die Allzweckwaffe der Präsidentin der Galaktischen Akte. Carol Myas tat nichts, ohne Grant vorher zu fragen, und Grant tat alles, ohne Fragen zu stellen, so ging das Gerücht. Ein perfektes Paar, aufeinander eingespielt und mit einer sehr langen gemeinsamen Vergangenheit. Diese war vor allem deswegen so lang, weil Grant ein Parasit war, der größtenteils im Hinterkopf der Präsidentin lebte und ihr langsam das Gehirn aussaugte – allerdings so langsam, dass es ihre normale Lebensspanne kaum reduzierte und sie dafür zum Ausgleich mit bemerkenswerter Gesundheit und einem unmittelbar zur Verfügung stehenden, scharfen Intellekt eines Beraters segnete, der niemals schlief, sich an alles erinnerte und über die Erfahrung eines sehr langen Lebens in zahlreichen Wirtskörpern verfügte.
Ein faires Geschäft, wie Daxxel fand.
»Die Präsidentin ist auf Habitat C?«, vergewisserte Daxxel sich.
Der Lurita schüttelte den Kopf. »Nein. Sie treffen einen Avatar. Eine biologische Projektion.«
Daxxel gab den Widerstand auf. Er hatte einen Eid auf die Akte geschworen und Grant war jemand, der ihn daran erinnern konnte. Es half ihm nicht, zickig zu sein.
Außerdem war er sehr neugierig.
Und so folgte er dem Lurita. Es war tatsächlich nicht weit.
Kapitel 7
Grant traf ihn in einem der Büros in jenem Teil von Habitat C, den man »die Spitze« nannte, obgleich dieser Begriff angesichts der chaotischen Bauweise der Anlage irreführend war. Sie hing eventuell damit zusammen, dass sich hier Büroräume befanden, die im Regelfall hochrangigen Diplomaten, Präsidenten, Ministern, Sonderbotschaftern und ähnlichen Honoratioren zugewiesen wurden, also Existenzen, denen man nicht zumuten konnte, mit dem Gesindel allzu sehr in Berührung zu kommen – selbst wenn dieses Gesindel Rang und Stimmrecht in der Versammlung hatte.
Aber auf dem Habitat verschoben sich Hierarchien gerne. Daxxel ging davon aus, dass jemand wie er irgendwo auf der Stufe eines Mistkäfers stand. Es war umso verwunderlicher, dass er in die heiligen Hallen eintreten durfte.
Es gab natürlich immer welche, die noch ein wenig höher in der Rangordnung angesiedelt waren. Ein komplexes Gebilde wie die Akte verfügte über so viele Titel, Ämter, Ernennungen, Positionen, Stabsstellen und Sonderbeauftragte, dass es mitunter sehr schwierig war, die exakten Koordinaten einer Person im Sonnensystem der Macht zu bestimmen. Manche irreguläre Laufbahn führte auch dazu, dass sich diese sehr schnell änderten und die Beziehungen zu den jeweils anderen plötzlich eine ganz neue Wertigkeit bekamen.
Immerhin, Grant konnte davon ausgehen, dass über ihm nur noch relativ wenige Leute standen, und er kannte sie sicher alle persönlich. Er mochte nicht das Zentralgestirn sein, aber seine Schwerkraft war erheblich und sein Licht leuchtete hell.
Daxxel empfand keine besondere Ehrfurcht, freute sich aber über das höchst angenehme Gefühl eines weichen Teppichs unter seinen Füßen und das geschmackvolle Ambiente des Trakts. Hier hatte jemand viel Geld und Sachverstand investiert, um eine Umgebung zu schaffen, die, dessen war sich Daxxel sicher, auf die Sinne möglichst vieler Intelligenzen gleichermaßen angenehm wirkte. Das war eine ordentliche Leistung und sie hatte ihren Effekt: Daxxel fühlte sich hier unvermittelt sehr wohl.
Und das machte ihn nervös.
Er seufzte. Es war schwer, es ihm recht zu machen.
Der Leibwächter lieferte ihn bei einer Vorzimmerdame ab, die genauso Mensch war wie Daxxel und dem angenehmen Ambiente noch eine zusätzliche attraktive Note verlieh.
Zumindest war das die Ansicht des jungen Diplomaten, der
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