Hackenholt 06 - Reichskleinodien
gestaltete sich alles noch viel schwieriger, denn von Seiten des Zolls war lediglich die Ausfuhr von Bargeld ab einer bestimmten Höhe verboten. Aber warum sollte ein Prinz Geld ausführen? Der hatte in seinem Land schließlich genug davon. Es gab also keinen Grund, ihn zu kontrollieren und zu fragen, ob er eine gestohlene Reichskleinodie eingesteckt hatte. Winter hörte sich daher vorsichtig bei den Kollegen um und versuchte in Erfahrung zu bringen, was die Herrschaften ausgerechnet dieses Wochenende nach Nürnberg gelockt hatte.
Mit dem Scheich aus den Vereinigten Arabischen Emiraten war es am einfachsten gewesen. Der Mann kam am Samstagvormittag an und flog am Nachmittag schon wieder ab. In der Zwischenzeit ließ er sich von zwei Leibwächtern in die Falknerei nach Schillingsfürst fahren, wo er sich zwei für ihn reservierte Greifvögel ansah und mitnahm. Der Kontakt zwischen dem Scheich und der Falknerei war bereits im Dezember 2011 in Abu Dhabi zustande gekommen, als dort das 3. Internationale Falknereifestival stattgefunden hatte. Der Termin für die Besichtigung und Abholung war lange im Voraus geplant worden. Außerdem hatte der Scheich außer den Vogelkäfigen keinerlei Gepäck bei sich.
Was die Stippvisite der Präsidentenmaschine von Aserbaidschan anging, konnte Winter ein Interesse am Reichsapfel ebenfalls ausschließen: Bekanntlich bewarben sich die beiden ehemaligen Sowjetrepubliken Aserbaidschan und Georgien gemeinsam um die Ausrichtung der Fußballeuropameisterschaft 2020. Hierfür waren internationale Kontakte – auch zur Wirtschaftswelt – unabdingbar. Daher absolvierte der Präsident der Kaukasusrepublik gemeinsam mit Deutschlands ehemaligem Bundestrainer Berti Vogts, der derzeit die aserbaidschanische Nationalmannschaft trainierte, einen wichtigen Besuch in Herzogenaurach. Auch dieses Zusammentreffen war seit mehreren Monaten geplant gewesen.
Als Theo Winter von dem Thai-Prinzen erzählte, konnte er sich ein schiefes Grinsen nicht verbeißen, denn hierbei handelte es sich um ebenjenen Monarchen, dem der findige Insolvenzverwalter einer Baufirma im Sommer 2011 am Münchner Flughafen seine Boeing 737 unter dem Hintern weggepfändet hatte, um ausstehende Schulden im zweistelligen Millionenbereich für die Beteiligung am Bau einer Autobahn vom Flughafen Bangkok in die Innenstadt einzutreiben. Die Sache ging seinerzeit groß durch die Medien, weil man sich wochenlang darum stritt, ob das Flugzeug dem Kronprinzen oder dem thailändischen Staat gehörte, und es fast eine diplomatische Krise gab.
Mittlerweile hatte sich seine Majestät von dem Schrecken erholt, mochte allerdings aufgrund der schlechten Erfahrungen nicht mehr in München landen. Stattdessen legte er nunmehr die knapp zweistündige Fahrt von Nürnberg in die Landeshauptstadt in seinem Mercedes SLK zurück – der nach wie vor aus Angst vor dem Kuckuck ein Diplomatenkennzeichen trug. Die Tierärzte, bei denen der Pudel des Prinzen in Behandlung war, bestätigten, dass der Termin bereits beim letzten Besuch im Januar vereinbart, allerdings zum Schutze seiner Hoheit geheim gehalten worden war.
Damit blieb nur noch der König von Swasiland. Und eben jener bereitete dem Kriminaler eine gehörige Portion Probleme. Was hatten er und vier seiner dreizehn Ehefrauen in Mittelfranken gemacht? Wie Winter gelesen hatte, kam es durchaus vor, dass sich die Herzensdamen spontan auf eine kleine Shoppingtour begaben, bei der sie zu fünft auch schon mal sechs Millionen Dollar verprasst haben sollten. Aber üblicherweise taten sie das in Johannesburg, Dubai oder Paris. Was kauften sie nun ausgerechnet hier in Nordbayern? Lebkuchen? Bratwürste?
Konnte es möglicherweise um Geschäftskontakte gehen? Suchte der König nach Investoren? Winter brachte in Erfahrung, dass das kleine Königreich, das von Südafrika und Mosambik umschlossen wurde, zwar eine Coca-Cola-Fabrik betrieb, die ganz Afrika versorgte, doch darüber hinaus schien es wirtschaftlich nicht sonderlich gut um die eins Komma drei Millionen Einwohner zu stehen – wenn man einmal davon absah, dass das Vermögen des Königs auf zweihundert Millionen Dollar geschätzt wurde und er sieben prunkvoll eingerichtete Paläste besaß.
Leider war der König schon wieder abgereist – und zwar ohne dass man das üppige Gepäck seiner Entourage kontrolliert hatte.
Hackenholt staunte über die umfangreiche Aufklärungsarbeit, die der Kollege in den vergangenen Stunden geleistet hatte. Allerdings
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