Hades - Die Welt der Verbannten
bemühte sich, seine Stimme gleichgültig klingen zu lassen.
»Ron Barker? Wohl kaum. Man sieht ihn nur selten in der Öffentlichkeit.« Carter stand auf.
»Also gut. Bis übermorgen also …«
»Einen Augenblick noch. Hier, die Pressekarte. Geld haben Sie ja noch?«
»Es wird schon reichen. Geht ja auf Spesen, oder?«
»Selbstverständlich.« Sidler lachte. »Wie auf der Erde.«
Carter horchte dem Klang des Lachens nach, aber er entdeckte nichts Verdächtiges. Er gab seinem Chef die Hand und fuhr sofort nach Hause, um Kim die Neuigkeit mitzuteilen. Sie war nicht sehr begeistert, fand sich aber schließlich damit ab, fast zwei Tage und eine Nacht allein in der Wohnung bleiben zu müssen.
Nach dem Essen summte das Visiphon. Als der kleine Bildschirm aufleuchtete, erkannte Carter das Gesicht seines Wohnungsnachbarn.
»Ach, Sie sind es, Hans? Doch wohl nicht krank?« Hans Schwarz lachte. Er war Arzt.
»Nur Langeweile. Kommen Sie zu uns heute abend? Meine Frau hat einen guten Tropfen erwischt, und so ganz allein schmeckt er uns nicht.«
Carter wollte ablehnen, aber Kim nickte. Da sagte er zu.
Hans Schwarz und seine Frau Jenny waren die einzigen Bekannten, die Kim und Carter bisher auf Hades hatten. Das lag nicht nur daran, daß sie Nachbarn waren. Sie verstanden sich auch so prächtig, obwohl sie alle grundverschiedene Charaktere waren. Hinzu kam, daß Carter nie zu einem Arzt ging, auch wenn er sich krank fühlte. Bei Schwarz war das anders. Zu ihm hatte er Vertrauen, und er wußte, daß Vertrauen eine bessere Medizin war als alle Medikamente.
Carter erzählte ihm von seinem Auftrag und bat ihn und Jenny, sich um Kim zu kümmern, solange er abwesend war. Lachend versprachen sie ihm, sie nicht aus den Augen zu lassen.
»So, eine neue Bahn«, sagte Schwarz, als sie den Wein probierten. »Wurde auch Zeit. Sie bauen schon seit Monaten an der Strecke. Hätte nicht gedacht, daß sie noch fertig würde. Wer kommt denn zur Einweihung?«
»Experten, soviel ich weiß. Sie kommen aus Hades-City.«
»Pah, Experten! Die haben doch keine Ahnung von Bahnbau. Barker sucht sich seine Leute aus und gibt ihnen die verfügbaren Posten, ob sie nun etwas davon verstehen oder nicht.«
»Sie meinen, er nimmt keine Rücksicht auf ihr Wissen und Können?«
»Warum denn? Ihm kommt es doch nur darauf an, daß er Freunde um sich hat. Männer, auf die er sich verlassen kann. Ob sie etwas von ihrem Fach verstehen, ist doch Nebensache. Dazu gibt es die Berater, deren man sich jederzeit entledigen kann, wenn sie unbequem werden.«
Carter betrachtete den Wein in seinem Glas.
»Sie urteilen ziemlich hart, Hans. Was geschieht, wenn die Polizei davon erfährt? Kann man Sie einsperren?«
Schwarz nickte.
»Und ob man das kann! Hier kann man alles. Es sind schon viele einfach verschwunden und nie mehr aufgetaucht. Niemand weiß, was aus ihnen wurde. Ron Barker duldet keine Gegner.«
»Haben Sie keine Angst, daß Ihre Ansichten über die Regierung Ihnen eines Tages Schwierigkeiten bereiten werden, Hans?«
Jenny sagte:
»Er ist furchtbar leichtsinnig, Rog. Immer wieder schimpft er, obwohl er selbst doch eigentlich keinen Grund dazu hätte. Es geht uns gut, und wir haben eine schöne Wohnung. Was kann man von einem Strafplaneten denn mehr verlangen?«
»Bestimmt keine persönliche Freiheit«, meinte Carter.
»Aber auch nicht, daß man von anderen Sträflingen regiert und überwacht wird. Barker hat alle Vollmachten. Wenn ihm Ihr Gesicht mißfällt, Rog, sind Sie morgen ein toter Mann. Das ist es, was mich stört. Gegen das Leben hier sage ich kein Wort.«
Carter kannte Hans Schwarz gut genug, um auch in dieser Beziehung Vertrauen zu ihm haben zu können. Er wußte mit Sicherheit, daß er kein Spion der Regierung war. Trotzdem mußte Carter vorsichtig sein. Zuviel hing davon ab, daß er nicht unter den Kugeln eines Exekutionskommandos endete.
Trotzdem fragte er:
»Wer ist eigentlich dieser Ron Barker, Hans? Lebt er schon lange auf Hades? Und wie ist es ihm gelungen, eine derartige Macht auf sich zu vereinen? Er ist doch der unumschränkte Herrscher hier, soviel ich bis jetzt gehört habe.«
»Das ist er allerdings. Es hat auch noch niemals jemand versucht, sie ihm streitig zu machen, denn man muß anerkennen, daß er viel geleistet hat – Sie verstehen, wie ich das meine. Mir mißfallen nur die Mittel, mit denen er es schafft. Am Resultat ist nicht zu rütteln.«
»Ist da die Methode nicht egal?«
»Keineswegs, Rog. Nicht immer
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