Hades - Die Welt der Verbannten
davon überzeugt, daß wir fliehen können. Sind wir erst einmal auf Hades, ist es dazu zu spät. Wir können die beiden überwältigen, wenn sie uns das Essen bringen. Dann zwingen wir sie, die Ketten aufzuschließen. Der Rest ist nicht schwer. Mit den Waffen schlagen wir uns bis zur Kommandozentrale durch und übernehmen das Schiff. Es gibt genug schöne Planeten in der Galaxis. Wir suchen uns einen aus.«
Carter hatte auf den Vorschlag gewartet. Es war ein Vorschlag, wie er früher oder später von einem Mann wie Palatti gemacht werden mußte.
»Die Wärter«, sagte Carter ruhig, »haben den Schlüssel für die Kettenschlösser niemals dabei.«
Palatti fuhr ihn wütend an:
»Dann muß der eine ihn holen, während wir den anderen festhalten. Wir bringen ihn um, wenn der andere uns reinlegen will.«
»Er wird mit zehn Wärtern zurückkehren, Palatti. Es ist aussichtslos.« Palatti kam drohend auf ihn zu. Seine Augen funkelten vor Zorn.
»Ich habe gleich gewußt, daß du ein Feigling bist, Carter. Aber darauf können wir keine Rücksicht nehmen. Wenn du auch nur den Mund aufmachst, um die Wärter zu warnen, bist du erledigt. Hast du das verstanden?«
»Du sprichst ja laut genug. Wenn es hier eine Abhöranlage gibt, weiß man schon jetzt Bescheid.«
Palatti gehörte zu jenen gewalttätigen Typen, denen es an Denkfähigkeit fehlte. Er wurde plötzlich sehr blaß.
»Gut, dann werden wir die Wärter weiter beobachten«, flüsterte er so leise, daß man ihn kaum verstand. »Wenn keine Änderung in ihrem Verhalten eintritt, gibt es keine Abhöranlage. Dann fliehen wir.«
Carter gab keine Antwort. Er hatte wieder eine Frist.
Er setzte sich neben Kim, die mit ihren gefesselten Händen versuchte, ihr Haar in Ordnung zu bringen. Der Sträfling an Carters linker Hand war der letzte in der Reihe. Er verstand sich gut mit Carter. Sein Name war Jenten.
»Du bist gegen eine Flucht?« fragte er fast schüchtern. »Warum eigentlich? Es ist wirklich unsere einzige Chance.«
Carter schüttelte den Kopf.
»Ich weiß, daß schon welche von Hades zurückgekehrt sind. Also muß es auch dort eine Möglichkeit geben. Palatti soll alleine fliehen, wenn er unbedingt sterben will. Ich jedenfalls habe keine Lust, mir schon jetzt alle Chancen zu verderben. Oder glaubst du, die Wärter hier im Schiff werden den Mund halten, wenn sie uns übergeben?«
»Ich glaube«, sagte Jenten leise, »du hast recht.«
»Flüstert ihr schon wieder?« knurrte Palatti mißtrauisch. Sie beachteten ihn nicht.
Kim war mit ihren Haaren fertig.
»Weswegen bist du hier?« fragte sie Jenten.
Der kleine, schmächtige Mann zuckte die Schultern.
»Ich habe jemanden umgebracht«, gestand er freiwillig. »Einen Blutsauger, einen Halunken. Er hat mich bestohlen, und ich konnte es ihm nie beweisen. Da habe ich ihn umgebracht. Was blieb mir anderes übrig?«
»Gab es keinen anderen Weg?«
Jenten schüttelte den Kopf.
»Nein. Es gab keinen. Er war mein Bruder.«
»Eine Anzeige …«
»… wäre zwecklos gewesen. Mein Bruder war Polizist. Er arbeitete mit dem Sicherheitsdienst zusammen. Das nutzte er aus. Als ich gegen ihn aussagen wollte, brachte man mich in die Zelle und schloß die Öffentlichkeit von der Verhandlung aus. Ich wurde verurteilt, ohne den Richter zu sehen.«
Carter begann zu ahnen, daß die Gerechtigkeit auf der Erde gelenkt wurde. Sie steckten dort alle unter einer Decke. Auch er war das Opfer der fortschreitenden Korruption geworden. Allerdings eine ganz bestimmte Art von Opfer.
»Jenten …?« sagte Kim nachdenklich. »Hieß Ihr Bruder auch so?«
»Ja.«
»Der Name kommt mir bekannt vor. Er muß etwas mit meinem Vater zu tun gehabt haben.«
»Kann schon sein. Er hatte überall seine Finger drin.«
»Vielleicht«, vermutete Carter, »besteht ein Zusammenhang.«
Die Wärter brachten das Essen. Palatti unternahm nichts.
Als das Trinkwasser kam, stand fest, daß der Ausbruchsversuch noch nicht stattfinden sollte. Vielleicht hatte Palatti es sich anders überlegt, weil ihm Bedenken gekommen waren.
Vor der Ruheperiode meinte Jenten:
»Die Flucht aus einem Transporter ist nur einmal einem Mann ohne fremde Hilfe geglückt. So ein Fall wiederholt sich nicht so schnell.«
»Sie meinen Ron Barker, nicht wahr?« fragte Carter.
»Ja.«
Kim, die schon flach ausgestreckt lag und die Augen geschlossen hielt, richtete sich auf. »Was sagen Sie da? Ron Barker?«
Carter hörte den erstaunten Tonfall in ihrer Stimme. Er war sofort
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