Hades
seiner stoischen Hartnäckigkeit schaffen würde, mich zu befreien, ließ aber diese aufkeimende Hoffnung gar nicht erst zu. Wenn er scheiterte, würde ich es vermutlich nicht überleben.
Ich war so sehr damit beschäftigt, was Xavier und die anderen vorhatten, dass ich fast vergaß, was zu diesem plötzlichen Aktionismus geführt hatte. Xavier wäre beinahe gestorben. Wenn ich mich nicht auf diesen Handel mit Jake eingelassen hätte, wäre er jetzt tot, wäre eine unter Millionen von Seelen im Himmel. Vermutlich hätte ich ihn nie wiedergesehen. Jake hatte versucht, Xavier zu töten; Diego hatte nur zur Ablenkung gedient, hatte ihn dazu bringen sollen, etwas Unbedachtes zu tun. Die kleine Pflanze der Hoffnung, die in mir gesprossen war, verwandelte sich in etwas Wilderes, etwas Brodelndes und Dunkles. Hass. Nie zuvor hatte ich so stark empfunden. Jake hatte mich in die Ecke getrieben, mich seiner Gnade ausgeliefert, mich von denen getrennt, die ich liebte, ohne Hoffnung, zu ihnen zurückzukehren … und noch immer war er nicht zufrieden.
Ich riss die Tür meiner Suite auf und rannte den Gang hinunter zu der VIP-Lounge, in der Jake den größten Teil seiner Zeit verbrachte, wenn er nicht bei mir war und mich quälte. Ich musste wissen, was er als Gegenleistung für Xaviers Leben verlangte.
Jake lümmelte auf dem Ledersofa und unterhielt sich intensiv mit Asia, die mir ein schmutziges Grinsen schenkte. «Deine Tussi ist hier», sagte sie, leerte ihr Schnapsglas auf ex und stand auf. «Ich finde alleine raus.»
«Du», sagte ich, als ich nur noch wenige Zentimeter von Jake entfernt war, «bist die widerwärtigste und verachtenswerteste Kreatur, die je aus dem Boden gekrochen ist.» Ich zitterte förmlich vor Wut.
Jake setzte sich auf und betrachtete mich mit amüsiertem Blick. Es juckte mir in den Fingern, ihm ins Gesicht zu schlagen, aber ich riss mich zusammen. Es würde nur damit enden, dass ich es war, die Schmerzen hatte.
«Hallo, Törtchen», sagte er affektiert. «Bist du etwa schlecht drauf?»
«Ich kann nicht glauben, dass du ihm etwas antun wolltest!», schrie ich. «Dies ist eine Sache zwischen dir und mir. Warum musst du immer zu weit gehen?»
«Ist doch alles noch mal gutgegangen», sagte Jake und wedelte leichthin mit der Hand, als wäre nichts geschehen. «Und wenn ich mich richtig erinnere, bin ich eine widerwärtige und verachtungswürdige Kreatur, mit der du einen Handel eingegangen bist.»
«Aber nur, weil ich keine andere Wahl hatte!»
«Die Umstände sind nicht wirklich bedeutend», sagte er.
Ich starrte ihn mit zusammengebissenen Zähnen an. «Also, was willst du, Jake? Dafür, dass du Xavier nicht getötet hast?»
Jake betrachtete mich mit einem trägen Blick, der wie Feuer und Eis zugleich war. Seine schwarzen, unergründlichen Augen erinnerten mich an einen tiefen, kalten Brunnen, in den man einen Stein wirft und nicht hört, wie er unten ankommt. Sie funkelten mit einer solchen Intensität, dass sich mir sämtliche Härchen aufstellten. Er presste seine langen weißen Finger zusammen und runzelte die Stirn, als ob er nicht wusste, wie er anfangen sollte.
«Spuck’s einfach aus.»
Er sah mich lange und durchdringend an, bevor er sich vorbeugte und die Hände flach vor sich auf dem Tisch ausstreckte. «Oh, ich weiß genau, was ich von dir will.»
«Also dann», sagte ich. «Raus damit.»
Jake seufzte. «Ich habe lange darüber nachgedacht, wie ich meinen Trumpf am besten ausspiele, um uns einander näherzubringen.»
Ich kniff die Augen zusammen. «Weiter …»
«Und jetzt haben wir den perfekten Deal.» Er stand auf und trat näher an mich heran. «Was willst du mehr als alles auf der Welt? Genau. Du willst das süße Jüngelchen mit dem Polohemd beschützen und am Leben erhalten. Und was will ich mehr als alles auf der Welt? Ganz einfach – ich will dich. Auch wenn du dieses Gefühl bedauerlicherweise bisher nicht erwiderst, trotz aller Zeichen meiner Hingabe.»
Ich unterdrückte den Drang, bei dem Wort Hingabe laut aufzulachen.
«Gut …», sagte ich steif. Die Richtung, die das Ganze einschlug, gefiel mir nicht. Auch wenn ich immer noch nicht wusste, was genau Jake von mir wollte, ahnte ich, dass es weder fair noch akzeptabel sein würde.
«Ich verspreche dir, dass ich dir nichts tue», sagte Jake. «Du darfst sogar weiterhin deine kleinen Projektions-Ausflüge unternehmen. Aber dafür verlange ich natürlich etwas von dir.»
«Was könnte ich dir schon geben?»,
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