Hades
versuchten, sich selbst zu übertreffen, um möglichst viel Aufmerksamkeit zu erlangen. Jake sah sich das Affentheater eine Weile an, bis er schließlich so heftig mit der Faust auf den Tisch haute, dass das Geschirr wackelte.
«Genug!», brüllte er über das immer lauter werdende Geschwätz hinweg. «Bethany ist weder zu vermieten, noch habe ich sie hierhergebracht, um sie der Inquisition auszusetzen. Sie ist mein Gast, merkt euch das.»
Tatsächlich wirkten einige der Dämonen verlegen, weil sie ungewollt ihren Gastgeber beleidigt hatten.
«In der Tat», pflichtete Nash ihm unterwürfig bei und hob das Glas. «Bitte erlaube mir daher, der Erste zu sein, der einen Toast auf sie ausbringt.»
In diesem Moment fiel mein Blick auf den Tisch, der vor Delikatessen nur so überquoll. Das Essen war üppig und aufwendig zubereitet, und auch beim Tischdecken hatte man sich große Mühe gegeben: die feinen Servietten, das Tafelsilber und die Gläser standen wie abgezirkelt in Reih und Glied. Es gab gebratenen Fasan, Pasteten und Terrinen, runde Weichkäse auf Holzbrettern und Platten mit exotischen Früchten. Die staubigen Weinflaschen schienen in ihrer Anzahl die der Gäste zu übersteigen. Ganz offensichtlich übten sich die Dämonen nicht in Selbstbescheidenheit, vielmehr schien die Todsünde der Völlerei hier eine positive Wesensart zu repräsentieren.
Obwohl mich alle erwartungsvoll anstarrten, machte ich keinerlei Anstalten, mein Glas zu heben. Jake trat mich unter dem Tisch leicht mit dem Fuß, und sein Blick sagte deutlich: Blamier mich jetzt bitte nicht. Ich aber hatte kein Interesse daran, ihm vor seinem Hofstaat das Gesicht zu retten.
«Auf Jake und seine charmante neue Begleiterin», fuhr Nash fort und wartete, dass ich ihm zuprostete.
«Und auf unsere nie versiegende Quelle der Lenkung und Inspiration», fügte Diego hinzu und warf mir einen vernichtenden Blick zu. «Auf Luzifer, Gott der Unterwelt.»
Ich weiß nicht, was mich ritt, in diesem Moment das Wort zu ergreifen. Mut konnte es nicht gewesen sein, also war es vermutlich die pure Entrüstung, durch die ich plötzlich meine Stimme wiederfand.
«Als Gott würde ich ihn nicht gerade bezeichnen», sagte ich leichthin.
Eine entsetzte Stille trat ein. Jake sah mich entgeistert an, als ob er nicht glauben konnte, wie dumm ich war. Seine Möglichkeiten, mich in Hades zu schützen, schienen Grenzen zu haben, Grenzen, die ich jetzt vielleicht gerade überschritten hatte. Schließlich brach Yeats die Spannung, indem er in die Hände klatschte und in Gelächter ausbrach. Die anderen stimmten ein, froh, meinen Fauxpas weglachen zu können, anstatt sich von ihm den Abend verderben zu lassen. Yeats warf mir einen amüsierten Blick zu, doch die Drohung in seiner Stimme war unmissverständlich.
«Ich hoffe, Sie lernen Opa Luzi bald kennen. Er wird Sie lieben.»
«Opa Luzi?» Ich erinnerte mich, dass Hanna diese Bezeichnung bereits benutzt hatte. «Ist das euer Ernst?», fragte ich. «Nennt ihr ihn wirklich so?»
«Wir sind hier unten nicht so formell», erklärte Yeats. «Wir sind eine große glückliche Familie.»
«Manchmal nennen wir ihn auch Alter Herr», ergriff Eloise das Wort und leerte ihr Weinglas auf ex. «Vielleicht erlaubt er dir das auch, wenn du ihn besser kennenlernst.»
«Ich habe nicht vor, ihn irgendwie zu nennen», erklärte ich.
«Wie schade», sagte Yeats, «wenn man bedenkt, dass Sie auf sein Geheiß hier sind …»
Was bedeutete das denn schon wieder? Ich warf Jake einen Blick zu, eine klare Aufforderung, mir eine Erklärung zu geben. Jake lächelte mich matt an und nippte an seinem Wein, bevor er mir sein Glas entgegenstreckte und mich aufforderte, es ihm gleichzutun.
«Warum besprechen wir das nicht später, Schatz», sagte er übertrieben seufzend. Dann legte er mir besitzergreifend den Arm um die Schultern und steckte mir eine lose Haarsträhne hinters Ohr. «Heute wollen wir uns amüsieren. Das Geschäftliche kann warten.»
Schließlich verloren die Dämonen das Interesse an mir und konzentrierten sich darauf, zu essen und sich einen Vollrausch anzutrinken. Dafür, dass sie alle so schlank waren, hatten sie einen enormen Appetit. Nach ein paar Stunden standen die ersten Gäste auf, schwankten davon und verschwanden hinter einer Trennwand, wo sich eine Art zweites Zimmer verbarg. Von dort strömten Würgegeräusche zu uns, gefolgt von dem Plätschern von fließendem Wasser. Außer mir schien das niemand weiter zu beachten.
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