Hades
verschwindest.»
«Fass sie nicht an!» Tucker riss mich los und warf Asia einen düsteren Blick zu. Sie verengte die Augen zu Schlitzen.
«Was glaubst du, wen du vor dir hast, Jungchen», fauchte sie. «Vielleicht sollte ich Jake einen Wink geben, welch nette kleine Expedition ihr gemacht habt.»
«Nur zu.» Tucker zuckte mit seinen breiten Schultern. «Wahrscheinlich wird er ziemlich sauer, weil du uns dabei geholfen hast. Ich bin nur ein einfacher Bauernjunge, aber dich hält er wirklich für seine Vertraute.»
Asia wich zurück. Ihr ganzer katzenhafter Körper versprühte Wut.
«Komm, Beth», sagte Tucker. «Wir gehen.»
«Ich werde schon noch einen anderen Weg finden, dich zu beseitigen», rief Asia meinem Rücken nach. «Es ist noch nicht vorbei!»
Ich hatte nicht den Kopf, um mir über Asias Eifersucht und Feindschaft Gedanken zu machen. Alles, was ich vor mir sah, war das Bild von Taylahs Seele in den Fängen des Höllenhunds. Vermutlich war sie jetzt irgendwo im Höllenpfuhl und erlitt meinetwegen entsetzliche Qualen.
Was auch immer von jetzt an geschah, ich musste dafür sorgen, dass ich ihres Opfers würdig war.
Als wir ins Hotel Ambrosia zurückkamen, wollte ich nur eins: auf mein Zimmer gehen und mit Tucker den nächsten Schritt besprechen. Asia hatte uns einmal geholfen, vielleicht konnten wir sie überreden, es noch einmal zu tun. Sie wollte um jeden Preis, dass ich von der Bildfläche verschwand, und war dafür vermutlich zu allem bereit. Außerdem hatte sie gute Kontakte, und ihre einzige Motivation waren ihre eigenen egoistischen Bedürfnisse.
Von der Lobby aus erhaschte ich einen Blick in das Konferenzzimmer. Die Tür stand nur einen Spaltbreit offen, und ich fragte mich, was Jake dort wohl Wichtiges zu tun hatte – so wichtig, dass er sich nicht hatte losreißen können. Normalerweise ergriff er jede noch so kleine Chance, mit mir zusammen zu sein. Trotz Tuckers Bedenken schlich ich mich etwas näher an den Raum heran.
Durch den Spalt sah ich die Schatten von gut einem halben Dutzend Dämonen, erleuchtet von einem Feuer, das im Kamin brannte. Sie saßen an einem langen Tisch, auf dem Gläser und eine Karaffe mit Whiskey standen, und machten sich Notizen – abgesehen von einem Dämon, der offensichtlich den Vorsitz hatte. Eine PowerPoint-Präsentation über die schrecklichsten Katastrophen der Menschheitsgeschichte war im Gange. Ich sah nur einen Ausschnitt: Atomkatastrophen, Diktatoren auf dem Rednerpult, Panzer im Krieg, weinende Menschen, Trümmer von Häusern nach Naturkatastrophen.
Ich konnte den Sprecher nicht gut sehen, erkannte aber trotzdem, dass er anders war als die anderen. Zunächst einmal war er viel älter und trug einen weißen Leinenanzug (die anderen trugen Schwarz). An den Füßen hatte er Cowboystiefel mit Stickerei. Sein Gesicht konnte ich nicht sehen, aber ich hörte Fetzen von dem, was er der Gruppe sagte. Er klang ernst, und seine Stimme füllte jeden Winkel des Raumes aus.
«Die Welt ist reif für die Übernahme», sagte er. «Die Zweifel der Menschen waren nie größer als heute, nie waren sie unsicherer, ob Gott existiert.» Er ballte die Hand zur Faust, um sein Argument zu unterstreichen. «Unsere Stunde ist gekommen. Ich will sehen, wie sie in Scharen in den Höllenpfuhl stürzen. Vergesst nicht, dass die menschlichen Schwächen unser größter Trumpf sind: Ehrgeiz, die Liebe zum Geld, fleischliche Gelüste … sie sind eure besten Waffen. Nicht kleckern, sondern klotzen ist meine Devise. Konzentriert euch nicht auf einfache Beute. Übertrefft eure eigenen Erwartungen: Ich möchte Opferzahlen sehen wie nie zuvor. Bringt sie mir alle – Bischöfe, Kardinäle, Generäle, Präsidenten … Seid versichert, ihr werdet reichlich belohnt werden.»
An dieser Stelle zog mich Tucker am Ärmel und zerrte mich zurück in die Lobby.
«Das reicht», sagte er leise. «Wir haben genug gehört.»
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20
Hell’s Sweetheart
Eigentlich hatte ich gehofft, das Ganze noch einmal mit Tucker durchzusprechen, aber als wir im Penthouse ankamen, gab es nicht mehr viel zu sagen. Wir fühlten uns beide zu leer, um über das zu reden, was geschehen war. Wir hatten nicht nur unsere einzige Chance zur Flucht vermasselt, sondern Taylah auch noch den Preis dafür zahlen lassen.
Nachdem Tucker gegangen war, wälzte ich mich im Bett herum. Das Geräusch der Höllenhunde, die meine Freundin in die Hölle zurückzerrten, dröhnte mir im Ohr, und bald schon war
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