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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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Winnetou. Ich überlege die ganze Zeit, weshalb er dein Blutsbruder ist, während ich – – – «
    »Halef, wie kannst du so etwas sagen! Du bist für mich – – – «
    »Ja, Sihdi?«
    »Nun, du bist für mich der liebste, engste, wünschenswerteste Freund, wann immer mein Weg mich nach Arabien führt.«
    »Und wenn dein Weg dich woandershin führt? Etwa hierher, nach Amerika, oder nach Asien, nach Alemanja? Hast du dort auch liebste, engste, wünschenswerteste Freunde oder noch mehr Blutsbrüder wie Winnetou?«
    Ich wurde nachdenklich. »Halef, plagt dich etwa Eifersucht? Du weißt, was der Koran über die Eifersüchtigen sagt. Er sagt, daß – – – «
    »Nein, Sihdi, für diesmal nicht der Koran! Gerade weil du Christ bist, mußt du dir und damit auch mir eine gültige Antwort geben. Nochmals: Warum ist Winnetou dein Blutsbruder und bin ich es nicht? Kann ich nicht wenigstens dein Zwillingsbruder sein?«
    O Halef! Dieser ungemein feinfühlige, stolze Mensch hatte einen kalten Stich in sein warmes Herz erhalten, natürlich unbeabsichtigt. Die Betrübnis, die ich ihm an der Nasenspitze ansah, war keine Einbildung, sie war wirklich vorhanden und nagte sehr an ihm. In einem solchen Zustand wollte ich ihn nicht nach Hause reisen sehen. Überdies war mein Verhältnis zu ihm längst aus dem üblichen Gefüge zwischen Herr und Diener herausgewachsen. Daß er mich nach all den Abenteuern, die wir bestanden hatten, noch immer Sihdi nannte, war mir nicht peinlich; zu einem Ehrentitel, ja Kosenamen war mir diese Bezeichnung geworden.
    Ich nahm seine Hände in die meinen. »Halef, es stimmt, lange genug hast du gewartet. Unsere Freundschaft verdient es, dieselben Weihen zu empfangen wie die meine mit Winnetou. Noch zur Stunde sollst du mein Blutsbruder werden!«
    Was bewirkte dieses eine Wort: Blutsbruder!
    Der eben noch grambeschwerte Halef stach los, eilte von einem lagernden Manne zum nächsten und rief dabei überschwenglich seine kaum verständliche Botschaft hinaus:
    »Old Shatterhand, Blutsbruder! – Kara Ben Nemsi, Winnetou! – Blutsbruder, Blutsbrüder!«

    Obwohl ein strenger Wind aufgekommen war, entledigte ich mich Jacke und Jagdhemd. Mit entblößter Brust trat ich zu Halef, der mich verwundert fragte:
    »Sihdi, wollen wir unseren Tschibuk nicht in dem Zelte rauchen, das wir von den Verbrechern erbeutet haben? Zwar verfügen wir über keine Wasserpfeife, doch könnten wir – – – «
    »Halef, wo denkst du hin! Für solche Umstände ist keine Zeit. Rauchen können wir ein andermal, während der Überfahrt nach Afrika wird sich eine Gelegenheit finden. Geschwind, entkleide auch du Brust und Arme, wir wollen beginnen.«
    Halef zögerte weiter.
    »Sihdi, weshalb ist es erforderlich, daß wir uns zur Hälfte entkleiden? Blutsbrüderschaft wird doch geraucht, ist es nicht so? Der Rauch treibt das Blut nach dem Kopfe, worin Geist und Seele wohnen, auf daß das erste sich mit dem zweiten und dritten vereine. Schon sind wir Brüder, du und ich.«
    Hirtreiter drängte herbei. Die bevorstehende Zeremonie wollte er sich nicht entgehen lassen. »Tabak, Tschibuk, Schmarren! Ein jeder, der schon einmal von Old Shatterhand oder Kara Ben Nemsi gelesen hat, der weiß, daß Blutsbrüderschaft – das sagt schon der Name – durch das Vermischen zweierlei Blutes zustande kommt. Selber g’lesen hab’ ich’s, selber g’hört obendrein. So wie einst der junge weiße Landvermesser und der Häuptlingssohn der Apachen ihre Unterarme ritzten, so g’schieht’s allhier! Daheim wird der ehrwürdige Herr Pfistermeister, unser Kabinettssekretär, an meinen Lippen hängen, wenn ich davon berichte. Hoch mit dem Ärmel, Wüstenbursch, g’schamiger!«
    Zur Bekräftigung von Hirtreiters Worten zog ich Hayes’ Bärenmesser hervor, das ich immer noch bei mir trug.
    »Wir werden unsere Unterarme ritzen, Halef, und sie dann gegeneinander drücken, damit unser Blut sich vereine.«
    »Unterarme, Blut – Sihdi, davon weiß ich ja gar nichts. Der Koran – – – «
    »Sollte derselbe nicht aus dem Spiele bleiben?«

    »Aber durchaus nicht, Sihdi, er ist gar zu wichtig, gerade in dieser Frage!«
    »Um eine Frage, Halef, handelt es sich hier nicht. Blutsbrüder stellen einander keine Fragen, sie vertrauen einander blind.«
    »Blind!« rief Halef, weiteres Ungemach ahnend.
    »Laß uns nicht länger zögern«, sagte ich. »Gib mir deinen Arm, damit wir endlich Brüder werden.«
    »Das wünsche ich mir, Sihdi, du weißt es. Aber

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