Hände, die der Satan schuf
Zu einem abstrakten Dreieck verzogen, in dem das Maul wie ein Spalt klaffte. Die Augen leuchteten in einer blauroten Farbe, aus den Nüstern seiner Nase quoll gelblicher Dampf. Er strahlte all das Böse ab, das in ihm steckte und jetzt innerhalb des Würfels gefangen war.
Und er sprach.
Suko, der mitschaute, bemerkte ebenfalls, wie sich der Mund des Teufels bewegte, aber niemand von uns verstand ein Wort. Auch ich nicht. Selbst in meinen Gedanken existierte eine Sperre, so daß ich nicht erfahren konnte, was der Satan von mir wollte.
Dafür stellte ich meine Fragen. Ich formulierte sie gedanklich und wollte genau wissen, wo sich das Grauen aufhielt und wer sich für die Verholzung verantwortlich zeigte.
Abermals blieb er mir eine akustische Antwort schuldig, aber er mußte den Gesetzen des Würfels gehorchen, und der wiederum zeigte mir das Bild und die Person, die mit uns in einem unmittelbaren Zusammenhang stand.
Es war ein Mann.
Ich sah ihn aus den Fluten der Dimensionen emporsteigen. Ein bärtiges Gesicht, Augen, in denen ein böser Wille leuchtete, und dann zwei Hände, die groß hervorkamen.
In der Rechten hielt die Person eine scharfes Schnitzmesser, in der linken eine kleine Holzfigur.
Ein Mann…
Als würde sie von einer nicht zu stoppenden Kraft vorgeschoben, so wurde die Figur größer und größer, so daß ich ihre Gesichtszüge erkennen konnte.
Sie waren markant. Durch das Schnitzen wirkten sie auf irgendeine Art und Weise noch roh, denn der letzte Schliff fehlte. Dennoch erkannte ich den Mann.
Diese Figur war ich!
***
Im nächsten Augenblick hatte ich das Gefühl, dort zu verholzen, wo mein Herz schlug, so stark und wuchtig hatte mich der Anblick dieser Figur getroffen. Sie war geschnitzt worden, zeigte mein Ebenbild, und ich bekam auf einmal die Erklärung für meinen so schlimmen Zustand. Ich dachte nicht weiter darüber nach, sondern schaute auf den Mann. In seinen Augen war der fanatische Wille zu lesen, seine Arbeit zu Ende zu führen. Ja, dieser Ricardo Bachara war ein Fanatiker, ein Günstling der Hölle, denn allein der Teufel konnte ihm die Kraft gegeben haben, dieses Werk zu vollenden.
Er hatte mich geschnitzt, und ich ging gleichzeitig davon aus, daß er sich auch mit Jane Collins befaßt hatte.
Er war mein Mann.
Wenn ich ihn ausschaltete, hatte ich vielleicht viel gewonnen. Aber konnte ich das auf posthypnotischem Wege schaffen? Es würde schwer werden, so verdammt schwer, und meine Gedanken beschäftigen sich nicht mehr mit Vermutungen oder der Vergangenheit, sondern mit der Gegenwart und der reinen Vernichtung.
Den Würfel benutzte ich als Katalysator.
Und er schaffte es.
Meine eigenen Gedankenströme, die sich mit dem Tod des Schnitzers befaßten, wurden noch verstärkt.
Ich glaubte, einen gewaltigen Schrei zu hören, sah für einen Moment das Gesicht des Teufels aufzucken, und im nächsten Augenblick fiel die Dunkelheit über uns zusammen wie ein vom Himmel rauschender, gewaltiger, schwarzer Sack…
***
Ricardo Bachara schaute auf die kleine männliche Figur in seiner rechten Hand, und er spürte, wie sie sich selbständig machen wollte. Sie vibrierte.
Dies alles geschah, obwohl er seine Hand ruhig hielt. Irgendeine andere Kraft mußte die Puppe erfaßt haben. Welche? Er drehte sich auf dem Schemel und schaute dorthin, wo die zweite Puppe ihren Platz gefunden hatte.
Sie lag auf dem Rücken. Arme und Beine ausgebreitet, denn so hatte Ricardo sie geschnitzt. Das Gesicht sah blaß aus, die Augen standen offen, ebenfalls der kleine Mund.
Nichts bewegte sich an ihr. Nur der Mann.
Ricardo erlebte zum erstenmal, nachdem er seine Arbeit begonnen hatte, so etwas wie Angst. Es schauderte ihn. Trotz des Schutzes, den ihm der Satan gewährte, spürte er das Kribbeln auf dem Rücken, das sich immer weiter ausbreitete und seinen gesamten Körper umfaßte. Ohne die männliche Figur loszulassen, drehte er sich um und starrte in seine Werkstatt hinein.
Draußen war es längst wieder Tag geworden. Auch die Mittagsstunde war vorbei, dennoch herrschte im Innern der Werkstatt ein geheimnisvolles Halbdunkel, denn die schmalen Fenster ließen kaum Licht in den Raum fallen. Der Schnitzer brauchte die Lampe, um überhaupt etwas sehen zu können.
Das Licht konzentrierte sich dabei auf seine Werkbank. Die Tür erreichte es längst nicht, sie war nur als Schatten zu erkennen. Und noch ein Schatten erschien.
Wie in der Nacht am Waldrand, so tauchte er auf. Pechschwarz, mit einem
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