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Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)

Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)

Titel: Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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mottenzerfressenen Läufer und die abgeschabten Türen. »Er sollte seine Begabung dazu einsetzen, dir einen würdigen Rahmen zu bereiten, mein Goldstück.«
    Hermann fuhr zu ihm herum. »Hast du Goldstück zu meiner Frau gesagt?«
    Olli hob beschwichtigend die Hand. »Rein freundschaftlich, mein Guter.«
    Stan kam aus dem Wohnzimmer, und er tat genau dasselbe wie vor einer Stunde Klaus: Er reinigte sein Messer. Ob die Verwendung eines Hemdzipfels dafür fachmännisch war, konnte ich nicht beurteilen, weil ich nicht wusste, wofür er es im Normalfall benutzte, wenn er es nicht gerade in der Gegend herumwarf oder sich die Nägel damit sauber machte.
    Hermann gab ein schnaubendes Geräusch der Verachtung von sich und verschwand nach oben, nicht ohne Olli von der Treppe aus noch einen drohenden Blick zuzuwerfen, den dieser mit unschuldiger Miene erwiderte.
    Stan war unterdessen die ganze Zeit damit beschäftigt, mich anzustarren wie die Schlange das Karnickel. Oder das Frettchen die Maus.
    »Jetzt muss ich aber wirklich«, sagte ich.
    Dorothee begleitete mich zur Tür, und als sie den Rauch von ihrer Zigarette ausstieß, pustete sie ihn an meinem Gesicht vorbei gezielt über meine Schulter, ganz die höfliche Gastgeberin.
    »Wie geht es deinem neuen Schnucki?«, fragte sie. »Oder ist der auch nur ein Zwischenschnucki?«
    »Ich weiß nicht, was du meinst«, behauptete ich, mich unbehaglich unter Stans stechenden Blicken windend.
    Dorothee zwinkerte mir zu, dann warf sie über die Schulter einen koketten Blick zu Olli hinüber. »Jede Frau sollte sich ab und zu mal ein Zwischenschnucki gönnen.«
    Olli bedachte sie mit einem Luftküsschen.
    Ich wandte mich schaudernd ab.
    »Das Geld kriegst du spätestens nächste Woche wieder«, rief mein Vater mir hinterher.
    Ja, logisch, dachte ich. Bis nächste Woche würde er sich von Rumpelstilzchen beibringen lassen, wie man aus Stroh Gold machte, und dann würde er seine Schulden bei mir und Pauline begleichen.
    Eilig verzog ich mich nach nebenan. Das Haus war leer. Die Elektriker waren fertig, desgleichen die Maler und Tapezierer, die Sanitärfachleute, die Parkettleger und die Schreiner. Jeder hatte sein Scherflein dazu beigetragen, dass das Innere der Villa in neuem Glanz erstrahlte. Das Erdgeschoss mit den integrierten Geschäftsräumen wirkte gediegen und zugleich wohnlich. Wer immer hierher kam, um sich von Sven beraten zu lassen – er würde sich gut aufgehoben fühlen in dieser Vertrauen fördernden Umgebung.
    Ob Marie-Luise ihn häufig wegen Beratung aufgesucht hatte? Oder ob er bei dieser steinreichen Klientin sogar Hausbesuche gemacht hatte?
    Plötzlich kam ich mir selten dämlich vor, weil ich bei seinem ersten Auftauchen hier allen Ernstes angenommen hatte, dass er wegen Annabels Scheidungssache hergekommen war.
    Bei Marie-Luise galt natürlich etwas anderes. Sie war Multimillionärin und Schlossbesitzerin, da gehörte es sicher zum guten Ton, den Leib- und Magenanwalt in den eigenen vier Wänden zu empfangen. Vielleicht hatte man vor dem Dinner am Kamin ein Gläschen Sherry miteinander genommen, und Serena war zufällig dazugestoßen, das blonde Haar in malerischer Unordnung, die Wangen vom Spaziergang mit den beiden großen Dobermännern auf kleidsame Weise erhitzt. Und Sven saß dort im Lehnstuhl, in seinem schicken dunklen Anzug, die Krawatte leicht gelockert, die Augen im Licht des Kaminfeuers geheimnisvoll dunkel schimmernd …
    Mit heroischer Entschlusskraft unterdrückte ich das Aufsteigen weiterer, ähnlicher Schreckensvisionen und ging nach oben. Ich überlegte kurz, meine Siebensachen zusammenzupacken und gleich mit allem, was ich besaß, kurzerhand in mein eigenes, momentan noch von den Russen besetztes Haus zu ziehen, doch die bloße Möglichkeit, dass Olli und Stan dort noch einmal auflaufen konnten, ließ mich von dieser Umzugsvariante sofort wieder Abstand nehmen. Ein oder zwei Tage konnte ich jetzt auch noch warten, das würde mich nicht umbringen. Die Russen hatten jetzt ihr Geld und daher keinen Grund mehr, sich länger dort einzunisten. Wahrscheinlich waren sie morgen schon mit allem, was nicht niet- und nagelfest war, in Richtung Osten verschwunden. Das war in diesen Fällen bisher immer die übliche Vorgehensweise der Geschäftspartner meines Vaters gewesen. Ob sie sich von dem Geld einfach eine schöne Zeit machten oder tatsächlich vorhatten, irgendwelche Spezialzigaretten zu verticken, war mir herzlich egal.
    Lustlos machte ich mich daran,

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