Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)
nur einen einzigen Fehler begangen hatte – den allerdings gleich zweimal. Ich wusste genau, dass es ihm nie wieder passieren würde, egal wie betrunken er war. Und ich wusste, er würde Annabel für den Rest ihres Lebens auf Händen tragen – wenn sie es nur zuließ.
»Du kannst mit mir über alles sprechen«, bekräftigte er. »Sag mir ruhig, was dich so bedrückt!«
»Es ist zu kompliziert«, sagte ich. »Ich komme drüber weg, mehr ist nicht wichtig.«
Doch noch während ich das sagte, wurde mir klar, dass es nicht so einfach war. Ich hatte mit Sven etwas erlebt, das sich nicht beliebig mit einem anderen wiederholen ließ. Er war kein Mann, den man einfach gegen den nächsten austauschen konnte. Zwischen uns war etwas Besonderes geschehen. Es war pure Magie und die war nun mal einmalig.
»Soll ich dir vielleicht ein Brötchen machen? Mit frischem Zwiebelmett?«
»Nein, danke.«
»Übrigens«, sagte er zögernd. »Ich sollte es dir wohl sagen … Wegen dieses Anwalts, dem jetzt das Haus gehört …«
Ich hielt die Luft an. »Ja?«
Er hob verlegen die Schultern. »Die Metzgerei hat für die Kanzleieröffnung das Catering übernommen. Ich habe keinen Anlass gesehen, es abzulehnen, weil …« Er stockte.
»Weil du dann einen Grund hast, da wieder hinzukommen.«
Er nickte schweigend.
»Na dann«, sagte ich. »Warum auch nicht. Vielleicht klappt ja wenigstens eine einzige Sache in diesem ganzen blöden Durcheinander.«
»Hast du nicht einen Tipp für mich, was ich anstellen könnte, um sie wiederzukriegen?«, wollte er hoffnungsvoll wissen.
Ich dachte kurz nach, dann nickte ich langsam. »Doch, ich hätte da vielleicht eine Idee.«
*
Mein Vorhaben, an diesem Nachmittag noch einen Makler aufzusuchen, ließ ich während der Rückfahrt in die Störtebekerstraße fallen. Wie mir nach dem Besuch bei Klaus siedend heiß wieder zu Bewusstsein gekommen war, befand sich in meiner Handtasche nach wie vor ein Riesenbatzen Geld, und ich hatte nicht vor, auch nur einen weiteren Schritt zu tun, bevor ich das nicht losgeworden war.
Kurz entschlossen klingelte ich bei den Habermanns, um es endlich hinter mich zu bringen. Dorothee öffnete mir die Tür, eine Zigarette in der einen Hand und ein leeres Schnapsglas in der anderen. Qualmwolken waberten durch den Flur und mischten sich mit den Alkoholdünsten, die Dorothee verströmte. Sie trug einen feschen, orangeroten Sari, der unter ihrem Dreifachkinn von einer riesigen Emailbrosche zusammengehalten wurde. Mitten auf ihrer Stirn prangte eine Tikka. Sie sah aus wie ein gigantischer, aus Indien importierter Kürbis.
»Hallo, Britta«, sagte sie strahlend. »Trinkst du einen mit, auf den großen Erfolg?«
»Kommen Sie rein«, schrie Olli in bester Laune aus dem Wohnzimmer. »Wir haben noch Wodka!«
»Britta, bist du das?«, rief mein Vater. Er schien ebenfalls hervorragend aufgelegt zu sein. Klar, ich hatte ihn ja auch vorhin von unterwegs auf seinem Handy angerufen, um ihm mitzuteilen, dass ich das Geld vorbeibringen wollte.
»Ich muss noch arbeiten«, rief ich zurück, dann wartete ich, bis er sich aus dem verräucherten Wohnzimmer zu mir in die Diele bequemte, gefolgt von Olli, der so breit grinste, dass ich förmlich geblendet war von seinen vielen Goldzähnen.
Ich nahm das Geldbündel aus der Handtasche und drückte es ihm in die Hand. »Ich will eine Quittung«, sagte ich. »Und eine Bescheinigung, dass ich es zurückkriege.«
»Klar.« Olli lachte keckernd und zählte flink die Scheine. »Das erledigst du, Rudi.«
Mein Vater nickte großmütig. »Gleich nachher.«
»Ich muss dann los«, sagte ich, schon wieder auf dem Weg zur Haustür.
»Willst du denn gar nicht wissen, wofür das Geld sein soll?«, fragte Dorothee.
»Ich weiß schon, wofür es ist«, sagte ich. »Für Zigarettenhandel.«
Die Klotür ging auf und Hermann kam raus. »Nicht einfach bloß Zigaretten«, verbesserte er mich. Sein Unterhemd hing unter dem T-Shirt hervor, aber das passte vom Stil her gut zu den Flecken, die seine Shorts zierten. »Es sind ganz besondere Zigaretten. Mit einem speziellen Zusatz.« Das letzte Wort klang wie Sssusssatsss und kam mit einer doppelten Speichelfontäne heraus.
»Den Hermann selbst entwickelt hat«, sagte Dorothee stolz. »Er ist nämlich gelernter Chemiker! Das glaubt kein Mensch, wie begabt er ist!«
Olli betrachtete Hermann angewidert, dann warf er einen bezeichnenden Blick auf die von der Wand abblätternden Tapeten, den miefenden,
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