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Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)

Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)

Titel: Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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Wussten Sie das schon vorher?« Mir war seine komische Andeutung von gestern wieder eingefallen.
    »Rudi? Woher kennen wir Rudi eigentlich?«
    »Oleg hat ihn mitgebracht. Er ist echt nett.«
    »Welcher Oleg?«, fragte ich, obwohl ich es natürlich längst wusste.
    »Na, dieser nette Russe. Geschäftspartner von uns.«
    Hermann gestikulierte mit einem Reagenzglas. »Dieser kleine Fettwanst? Den findest du nett ?« Er war außer sich. »Was, bitte schön, ist an dem nett?«
    Ich war schon auf dem Weg ins Haus.
    *
    Ich überlegte gerade, ob ich mir in der Küche noch schnell frischen Kaffee kochen sollte, bevor ich in die Stadt fuhr. Heute Morgen hatte ich noch nichts gegessen und langsam meldete sich bei mir der Hunger. Doch die Aussicht, mich dann zum Frühstücken mit meinem Vater zusammenzusetzen und mich möglicherweise seinen Fragen zum Hergang der Hochzeitsnacht stellen zu müssen, hielt mich davon ab. Ich konnte genauso gut in der Stadt frühstücken. Oder sogar besser. Eindeutig besser.
    Seit einiger Zeit hatte sich nämlich im Erdgeschoss ein stechender Gestank ausgebreitet, der rasch stärker wurde. Im Wohnzimmer war unter den zupackenden Händen der Arbeiter alles verschwunden, was an Material und Werkzeug herumgelegen hatte, und nun waren ein paar von den Männern dabei, das Parkett zu versiegeln. Der Lack roch so durchdringend, dass es mir die Tränen in die Augen trieb.
    »Sie dürfen dann zwei Tage nicht drauf rumlaufen«, sagte der Chef der Truppe zu meinem Vater.
    »Ich dachte immer, es wären drei Tage«, sagte mein Vater.
    »Der Lack ist von einer schnell trocknenden Sorte.«
    »Wunderbar. Ich habe ein Auge drauf. Sie haben gut gearbeitet. Schnell und effektiv.«
    »Danke.«
    Mein Vater verstrickte den Mann von der Parkettfirma in ein Gespräch über Holz und Kleber und Lacke, während ich meine Handtasche holte und dabei hoffte, dass er nicht versuchte, mit dem armen Kerl irgendwelche Geschäfte zu machen.
    Als es klingelte, glaubte ich, es seien weitere Handwerker. Ich riss die Haustür auf und trat vorsichtshalber einen Schritt zur Seite. Meist kamen die Arbeiter mit riesigen Koffern voller Werkzeug oder schweren Holz- und Metallteilen ins Haus gestürmt, da tat man gut daran, nicht im Weg zu stehen.
    Der Mann, der mit einer schweren Kiste in den Armen vor mir stand, war ebenfalls ein Handwerker, wenn auch nicht vom Bau.
    »Hallo«, sagte Klaus mit hochrotem Gesicht. Schweiß perlte auf seiner Stirn, und in seinen Augen stand ein ängstliches Flehen, das es mir unmöglich machte, ihm die Tür vor der Nase zuzudonnern.
    »Was willst du hier?«, fragte ich abweisend.
    »Ich bringe was zu essen«, sagte er demütig. »Ich dachte, jetzt, wo so viele Leute hier im Haus sind, könnt ihr es brauchen.«
    »Woher weißt du, dass so viele Leute hier im Haus sind?«
    »Ach, ähm …« Sein Blick irrte ab, in Richtung Nachbargrundstück. Klar, Hermann und Dorothee. Die beiden waren immer für eine kleine Zusatz-Information gut.
    Hungrig starrte ich auf die große Pappkiste, die Klaus an seine Brust gedrückt hielt. Ich sah frisch abgepackten Truthahnaufschnitt, meine Lieblingssorte. Daneben und gut sichtbar lagen Bündner Fleisch, Seranoschinken, Leberpastete mit Preiselbeeren, hauchzart geschnittenes Roastbeef. Das war nur die obere Schicht. Darunter lugte, gut eingeschweißt, eine Lage feinster Fleischwaren hervor. Steaks über Steaks. Was in der Kiste lag, war unter Brüdern mindestens dreihundert Euro wert. Bei guter Kühlung würde es sich einige Zeit halten. Wir würden Tag für Tag schlemmen können wie die Könige. Ohne dafür auch nur einen müden Euro auszugeben. Vielleicht nicht das Schlechteste, in Anbetracht der Tatsache, dass ich möglicherweise noch viel Geld brauchte, um meinem Vater ein grausiges Schicksal zu ersparen. Wenn es zum Schlimmsten kam, waren vielleicht nicht mal die Zwölffünf als Lösegeld für mein Haus ausreichend.
    »Annabel ist nicht da«, sagte ich widerstrebend.
    »Ich weiß«, flüsterte Klaus mit gesenktem Kopf. »Sonst hätte ich mich nicht hergetraut.«
    »Und jetzt denkst du, dass du mal eben als Zeichen deines guten Willens ein paar Würste vorbeibringst, und dann ist wieder alles in Ordnung?«
    »Nein.« Er sah aus, als wäre jemand gestorben, der ihm sehr nahe stand. »Ich erwarte nicht, dass alles wieder in Ordnung ist. Ich verstehe es voll und ganz, wenn sie mir das nie verzeihen kann. Ich habe damals schon nicht verdient, dass sie mir verziehen hat. Ich bin das

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