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Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)

Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition)

Titel: Hände weg oder wir heiraten: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Völler
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sind so dankbar und offen und vertrauen einem völlig.«
    »Sie sind auf deine Hilfe angewiesen«, stellte ich fest. »Vielleicht ist es das, was dich an dem Beruf so befriedigt. Du kannst ihnen pausenlos helfen, sie sind dir ja quasi ausgeliefert, ob sie es wollen oder nicht. Sie liegen hilflos da rum oder sitzen in ihrem Rollstuhl und du kommst rein und machst alles für sie. Du findest es toll und sie finden es toll.«
    »Willst du damit sagen, ich hätte ein Helfersyndrom?«, kam Annabels verärgerte Stimme aus dem Dunkeln.
    »Äh – nein. Wollen wir nicht schlafen? Ich bin total müde.«
    »Ich auch«, sagte Annabel. Kurze Pause. »Was denkst du, wenn du Pauline und deinen Vater zusammen siehst?«
    »Dass sie, wenn sie Pech hat, in zwanzig Jahren auch als Altenpflegerin arbeiten könnte.«
    »Es war eine ernsthafte Frage«, sagte Annabel beleidigt.
    »Und ich habe eine ernsthafte Antwort gegeben.«
    »Also stört es dich?«
    »Meine Güte, soll ich es toll finden? Die beiden passen überhaupt nicht zusammen! Mein Vater sucht doch nur jemanden, den er ausbeuten kann.«
    »Hältst du Pauline für einen Menschen, der sich ausbeuten lässt?«, fragte Annabel.
    Ich dachte kurz nach. »Nein«, sagte ich dann wahrheitsgemäß.
    »Na siehst du. Wie kannst du dann so voreilig behaupten, dass die zwei nicht zusammenpassen?«
    »Er ist fast fünfzig und sie gerade mal siebenundzwanzig.«
    »Ja und? Guck dir Dieter Bohlen an. Oder Joschka Fischer. Flavio Briatore. Donald Trump.«
    Ich lachte. »Das willst du doch nicht ernsthaft vergleichen, oder? Das sind Promis. Glaubst du etwa, die würden bei jüngeren Frauen eine Schnitte kriegen, wenn sie nicht entweder jede Menge Macht oder einen Haufen Geld hätten? Hast du dir die Typen schon mal genauer angeguckt, ich meine rein optisch? Welche normale junge Frau würde sich denn mit denen befassen, wenn die arbeitslos wären, beim Aldi um die Ecke einkaufen oder einen Fiat Panda fahren würden? Oder würdest du es etwa prickelnd finden, wenn du irgendwann in zehn Jahren mit so einem Veteran ins Kino gehst, und der holt an der Kasse seinen Seniorenausweis raus?«
    »Dein Vater ist ein Geschäftsmann und fährt einen bmw. Und er sieht wirklich gut aus.«
    Ich gähnte, so laut ich konnte. »Jetzt bin ich aber echt müde.«
    Endlich gab sie Ruhe. Ich wartete ein paar Minuten, bis ihre ruhigen Atemzüge verrieten, dass sie eingeschlafen war, dann rollte ich mich vorsichtig vom Sofa und schlich wie ein Mäuschen zur Tür.
    »Wo gehst du hin?«
    Ich zuckte zusammen. »Aufs Klo.«
    Sie war wieder still. Vorsichtshalber ging ich tatsächlich ins Bad, was ich ohnehin vorgehabt hätte. Ich sprang unter die Dusche, brauste mich kurz ab und rieb mich anschließend großzügig und von oben bis unten mit Sensi ein. Es bedeutete so viel wie Empfindungen, Sinnesorgane, ich hatte vor dem Zubettgehen noch rasch im Internet nachgeschaut. Als ich fertig war, horchte ich kurz an der Tür von Annabels Zimmer, aber es war nichts zu hören. Aus Paulines Zimmer dagegen waren leise, kaum verständliche Worte zu hören. Entweder sie telefonierte mit jemandem oder … Nun ja.
    Ich hätte nur in meinem Zimmer nachsehen müssen, ob mein Vater dort war, aber diese Art von Kontrolle widerstrebte mir im Augenblick. Wenn er wirklich da war, würde ich ihn vielleicht aufwecken und ihm dann erst lang und breit erklären müssen, warum ich ihn überhaupt störte. Und davon würde Annabel womöglich auch gleich wieder wach werden. War er nicht da, dann …
    Ich wollte es gar nicht wissen, jedenfalls nicht jetzt. Ich wollte nur eins, nämlich endlich nach oben gehen und herausfinden, ob Svens Körper sich überall so gut anfühlte wie am Rücken.
    Die Treppe knarrte erbärmlich, als ich auf Zehenspitzen ins Dachgeschoss hinaufschlich. Ich achtete darauf, weder das Geländer noch die Fußleisten zu berühren, weil die ebenfalls am Nachmittag frisch gestrichen worden waren. Überall im Haus roch es mittlerweile nach Farbe und frischem Holz. Dank zahlreicher zupackender Hände war innerhalb kürzester Zeit fast alles renoviert worden, was Sven sich vorgenommen hatte. Das Dachgeschoss war mit Teppichboden ausgelegt und mit Holz vertäfelt worden, im Erdgeschoss war der künftige Kanzleibereich so gut wie fertig. Am Wochenende sollte noch tapeziert werden, und Sven wollte sich unterm Dach noch das geplante zweite Bad einbauen und auch die Außenanlagen herrichten lassen.
    Annabel, Pauline und ich hatten uns nie sonderlich

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