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Haeppchenweise

Haeppchenweise

Titel: Haeppchenweise Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Claudia_Winter
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19 Cent, obwohl ich allen Lieferanten eine Einzugsermächtigung erteilt hatte. Angesichts des verbliebenen Posthaufens komme ich nicht umhin, meinen Körper verkaufen zu müssen. Das Telefon unterbricht meine düsteren Gedanken.
    „Lehner?“
    Das andere Ende schnappt hörbar nach Luft.
    „Gu-guten Morgen, spreche ich mit Cook & Ch-chill Caterin-ring?“
    Au weia. Der arme Kerl stottert wie eine defekte Schreibmaschine.
    „Was kann ich für Sie tun?“
    „Ich w-weiß nicht, ob Sie mir helfen können. Du-Dullvogel mein Name. Unser Verein feiert sein dreißigjähriges Bestehen und unglü-glü ... leider ist der Caterer abgesprungen. Ob Sie unter Umständen k-kurzfristig für hu-hundert Personen ein Büffet ausrichten?“
    Ich presse die Sprechmuschel in meine Handfläche, hüpfe auf der Stelle und kreische los. Den Lieferservice hatte ich eigentlich abgeschrieben.
    „Das machen wir gern, Herr Dullvogel.“ Ich zwinge mich, gelangweilt zu klingen. „Haben Sie einen speziellen Wunsch bezüglich der Speisen?“
    „N-Nein, wir haben k-keine besondere Vorstellung, wenn nur das Büffet pünktlich um sechs st-steht.“
    „Hundert Personen, heute, achtzehn Uhr. Kein Problem!“
    Scheibenkleister. Null Ahnung, wie ich das hinkriegen soll.
     
    Im Bistrobereich sind von zehn Tischen nur zwei besetzt. Abwesend nippe ich an meinem Milchkaffee und beobachte Julia, die einem Herrn im Blaumann ein vegetarisches Kochbuch aufschwatzt. Mutti hilft Helga in der Küche, der Duft von Kreuzkümmel und Koriander dringt durch alle Ritzen. Beim rituellen Rezeptroulette – jeden Morgen taste ich mit geschlossenen Augen die Regalreihen entlang und ergreife das nächstbeste Werk, aus dem das Tagesgericht gekocht wird – tippte mein Finger auf ein arabisches Kochbuch, in dem ich ein orientalisches Linsengemüse gefunden habe. Viel werden meine Damen dank der wenigen Mittagsgäste nicht zu tun bekommen. Schade eigentlich. Das Gericht hätte mehr Würdigung verdient.
    Julia verabschiedet den Kunden und trägt seine Tragetasche bis zur Tür, obwohl der Handwerker nicht den Anschein erweckt, als könne er sie nicht selber halten. Vierzehn Euro in der Kasse. Ein Tropfen in einem leeren Bottich.
    „Das Außenthermometer ist kaputt. Es zeigt vierzig Grad an!“ Schneckvögelchen fällt auf die Couch und fächelt sich Luft zu. „Ist das Kreuzkümmel? Riecht wie Urlaub in Marrakesch!“
    Ich nicke geistesabwesend. Die schüchterne Julia ist sicher nie in ihrem Leben weiter als bis nach Bergisch Gladbach gekommen. Von Marokko ganz zu schweigen. „Ist Julius in der Mansarde?“
    „Schläft wie ein Stein, der arme Kerl.“ Sie schielt zu der zerwühlten Hundedecke neben der Küchentür.
    „Und müffelt wie eine ganze Schnapsbrennerei“, ergänze ich und versuche, ein teilnahmsloses Gesicht zu machen. Bisher habe ich die grausigen Bilder von blutverklebtem Fell und stumpfen Hundeaugen erfolgreich aus meinen Gedanken verbannt.
    Schneckenvögelchen windet sich auf ihrem Sitzkissen und äugt zur Tür. Muh meldet einen Kunden und Julia springt auf, als flüchte sie vor dem Trübsinn, der über dem Bistrotisch schwebt. Ich blättere unmotiviert in der neuen Ausgabe der „Brigitte“ herum.
    „Katta? Besuch für dich.“
    Meine Tante Almeta hielt zeitlebens für jede Lebenslage ein Sprichwort bereit. „Wenn eine Tür zuschlägt, geht woanders ein Fenster auf“, war eine der Weisheiten, die sie wie Heftpflaster auf die kleinen und großen Wunden meiner Kindheit klebte. Wie der Rest unserer Verwandtschaft habe ich ihre Phrasendrescherei nie ernst genommen. Dafür entschuldige ich mich heute in aller Form.
    „Tantchen, du hast ja so recht“, murmele ich. Dann schäle ich mich aus der Chaiselongue, um die Lösung meines aktuellen Cateringproblems zu begrüßen.
    „Minzou! Willkommen im Cook & Chill!“
     
     
    Orientalisches Linsengemüse mit Geschnetzeltem
     
    Man nehme für 2 Personen:
    250 g. Rote Linsen, 300 g. Rinder- oder Putengeschnetzeltes
    1 Zwiebel, 1 Möhre, 1 Tomate, 1 Paprika, 2 getrocknete Chilischoten,
    Je 1 TL Kurkuma, Kreuzkümmel und Koriandersamen,
    3 Esslöffel Erdnussöl, 3 Esslöffel Tomatenmark, etwas braunen Zucker,
    250 g. Naturjogurt, Salz, Pfeffer und frischen Koriander.
     
    Die Linsen waschen und mit den zerriebenen Chilischoten in einem Liter Wasser bissfest garen. Den Jogurt mit Salz, Pfeffer und gehackten Korianderblättern vermischen, im Kühlschrank kaltstellen. Zwiebeln hacken und im Erdnussöl glasig dünsten,

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