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Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Titel: Häschen in der Grube: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Sveland
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zog sie in seine Arme. Plötzlich wurde er ernst und hörte auf zu tanzen.
    »Ich mag dich!«
    Ihre Stimme war dünn und kaum zu hören, als sie antwortete, dass sie ihn auch mochte. Und als er sich vorbeugte und sie küsste, wurde sie von einem Gefühl erfüllt, das blöd und kindisch war. Und doch traf es sie mit einer Stärke, dass ihr ganzer Körper schrie. Von jetzt an brauchte sie nichts mehr.

Julia wachte vom Geräusch des Staubsaugers vor ihrem Zimmer auf. Ihre Zunge war dick und rau, der Mund trocken wie Sandpapier. Sie streckte sich nach dem Wasserglas, das auf dem Boden stand, und trank gierig ein paar Schlucke. Wie lange war sie schon im Bett? Eine Ewigkeit, ein ganzes Leben, ein paar Tage, das spielte keine Rolle. Sie war nicht mehr heiß, nur noch warm und weich wie zu lange gekochte Spaghetti, die Bettwäsche war feucht vom Fieberschweiß. Vorsichtig versuchte sie, sich aufzusetzen, aber der Schwindel und die Übelkeit lauerten direkt hinter den Ohren. Das Gefühl von Unwirklichkeit wollte nicht verschwinden, machte die Konturen undeutlich. Sie hatte Schmerzen im ganzen Körper, ohne einen bestimmten Schmerzpunkt identifizieren zu können. Bilder aus dem Mondland stritten mit ihr um die Wirklichkeit, überwältigten sie mit dem vertrauten Schrecken.
    Der Staubsauger wurde ausgeschaltet, und Gisela öffnete die Tür zu ihrem Zimmer.
    »Julia, du bist ja wach?«
    Sie kam zu ihr und legte ihr eine kühle Hand auf die Stirn.
    »Das Fieber scheint nachgelassen zu haben.«
    In ihrer Stimme war eine Zärtlichkeit, die Julia erstaunt aufschauen ließ, so anders als die gereizte, unzufriedene Gisela, die immer etwas zu nörgeln fand. Aus einer plötzlichen Eingebung heraus lehnte Julia sich an Giselas Schulter, vielleicht war es die Nähe, die Wärme der Berührung? Eine intensive Sehnsucht überwältigte sie, beinahe vergessen, die Erinnerung an das Gefühl, auf Giselas Schoß zu sitzen und getröstet und geliebt zu werden. Geborgenheit, erholend und selbstverständlich.
    »Mama, ich bin so müde!«
    »Ja, meine Kleine, du hattest ein schreckliches Fieber, aber bald geht es dir besser!«
    Sie klang sicher, überzeugt, dass es wirklich besser werden würde, Julia spürte, wie ihre Wangen nass wurden von Tränen, die sie nicht zurückhalten konnte, die Zärtlichkeit in Giselas Stimme verwandelte sich unruhig in eine beschützende, vorwurfsvolle Härte.
    »Aber Julia, du weinst ja?«
    Julia wand sich aus ihrer Umarmung und kroch wieder unter die Decke.
    »Ich hole dir ein Aspirin. Und Wasser.«
    Sie verschwand aus dem Zimmer, Julia ließ die Tränen laufen. Sie kniff fest die Augen zu, um die Bilder zu verdrängen, die aufkamen. Wenn sie überleben wollte, musste sie jetzt aufstehen. Sie konnte nicht mehr im Bett liegen bleiben. Wenn sie nicht für immer im Mondland verschwinden wollte, musste sie aufstehen und die wirkliche Welt wieder erobern. Ein übermenschliches Vorhaben, der ganze Körper streikte, sie war schwer und steif, der Schwindel machte es unmöglich, einen klaren Gedanken zu fassen. An der Zimmerdecke war ein kleiner Spalt, wo die Farbe abgeblättert war. Wenn sie den Blick auf den Spalt fokussierte und ganz still lag, verschwand das Drehen fast ganz. Aber sobald sie die Augen schloss, kam es wie ein rauschender Wildbach, das Drehen, die Geräusche und Bilder, die sie nicht sortieren konnte.
    Gisela öffnete mit der einen Hand die Tür, auf der anderen balancierte sie ein Tablett.
    »So, meine Kleine, ich habe dir ein Käsebrot und Kakao gemacht, du musst versuchen, etwas zu essen! Und dann nimm diese Tablette, du wirst sehen, dann bist du bald wieder auf den Beinen.«
    Julia setzte sich vorsichtig auf, ein Kissen im Rücken, sie zwang sich, einen Schluck Kakao zu trinken. Das süße, heiße Getränk schmeckte wunderbar, und zu ihrer Überraschung spürte sie ein Zucken im Körper. Ein bisschen Leben, das der Kakao in ihr geweckt hatte.
    Gisela saß auf der Bettkante und schaute sie an. Sie war ungewöhnlich ruhig und still, fast zufrieden.
    »Ich muss gleich einkaufen gehen, soll ich dir etwas mitbringen? Worauf hast du denn Lust?«
    »Vielleicht ein wenig Eis? Und Hagebuttencreme!«
    »Gut, das bekommst du. Ruh dich noch ein bisschen aus, ich bin bald wieder zurück.«
    »Mama, seit wann bin ich krank?«
    Gisela blieb in der Tür stehen und drehte sich zu ihr um.
    »Du hast fünf Tage hohes Fieber gehabt. Der Doktor war hier und hat nach dir geschaut, es ging dir sehr schlecht. Ich kann mich

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