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Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Titel: Häschen in der Grube: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Sveland
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Nachtwindel zu befreien.
    Der Job als Pflegehelferin im Seniorenheim Lunden war nicht gerade das, wovon sie in jungen Jahren geträumt hatte, aber es gefiel ihr, und einige der Alten mochte sie richtig gern. Die Nähe, die Körperlichkeit und die Gerüche, die Verzweiflung und die Ruhe, das war eine ständige Erinnerung an die Vergänglichkeit des Lebens. Eine Art Todesversicherung, die ihr half, die Tage zu nutzen, das Leben so zu nehmen, wie es war. Durch die Erzählungen und Lebensschicksale der Alten, traurige und großartige, hatte sie verstanden, dass ärmliche Verhältnisse nicht unbedingt ein ärmliches Leben bedeuten mussten. Genauso wie Reichtum keine Garantie für ein glückliches und ereignisreiches Leben war. Irma war ein leuchtendes Beispiel, sie war bettlägerig, seit ihr die Beine nicht mehr gehorchten.
    »Aber noch habe ich die Augen!«, pflegte sie mit einem Lachen zu sagen und hielt das Buch hoch, das sie gerade las. Im Moment las sie alle Bücher von Moa Martinsson, und Annika musste mindestens einmal pro Woche in die Bibliothek gehen, um Nachschub zu holen. Früher hatte Annika versucht, sie auf einen Spaziergang mitzunehmen oder auf einen der Ausflüge, die manchmal für die Bewohner organisiert wurden. Aber Irma schüttelte immer nur den Kopf und lächelte nachsichtig.
    »Meine Liebe, mir geht es so gut, wie es einem nur gehen kann! Ich kann hier liegen und völlig ungestört eine gute Geschichte nach der anderen lesen! Weißt du, danach habe ich mich mein Leben lang gesehnt!« Sie richtete sich halb auf, und Annika schüttelte ihr die Kissen im Rücken auf. »Aber du kannst mir gerne meine Thermoskanne mit Tee auffüllen und noch eine Tüte Drogen bringen.«
    Ihre Drogen waren Chinapops, in Schokolade getauchte Reiskissen, die Irma beim Lesen knabberte.
    Annika parkte ihr Fahrrad und sah Greta durchs Küchenfenster winken. Sie saß jeden Morgen da und wartete, dass Annika zu ihr kommen würde, um ihr bei den morgendlichen Verrichtungen zu helfen. Zuerst Irma mit der schweren, nassen Nachtwindel, dann Greta, die Hilfe beim Frühstück brauchte, mit der Kaffeemaschine und dem Toaster. Annika winkte zurück und warf Greta einen Handkuss zu, worauf sie freudig lachte.
    Im Personalzimmer saßen Laila, Gunilla und Ulla mit ihren Kaffeetassen und rauchten. Dauerwellen, die immer aussahen, als müssten die Spitzen geschnitten werden, gelbe Zähne von dem vielen Kaffee und den Zigaretten.
    »Hallo! War die Nacht ruhig?«
    Annika setzte sich auf das unbequeme Sofa und zündete eine Zigarette an.
    »Ja, einigermaßen. Vera war unruhig und konnte nicht einschlafen, wir haben ihr eine Schlaftablette gegeben. Sonst haben sich nur die Üblichen gemeldet.«
    »Du, übrigens war gestern Abend ein Mann hier und hat nach dir gefragt. Jan hieß er. Sah gut aus.« Ulla lächelte und füllte sich die Kaffeetasse nach.
    »Oh nee, ist das wahr?«
    Annika stöhnte laut. Laila und Ulla lachten.
    »Du bist nicht ganz gescheit, mit deinen vielen Männern! Du solltest dankbar sein, anstatt so zu stöhnen!« Laila runzelte die Stirn und versuchte, ärgerlich auszusehen.
    »Ja, wirklich! Andere sind froh, wenn sie nicht selber Hand anlegen müssen, sondern hin und wieder echte Ware kriegen.«
    Sie hob demonstrativ die Hand, und die anderen lachten laut.
    »Und da wollt ihr sagen, ich bin nicht gescheit! Selten verzweifeltere Weiber als euch gesehen!« Annika stand auf und spülte ihre Tasse aus. »So, an die Arbeit. Irma wartet.«
    »Jawohl. Wir haben übrigens Jan gesagt, dass du keine Nachtschichten mehr machst und er dich tagsüber aufsuchen kann.«
    Ulla lächelte mit gelben Zähnen. Annika schnitt eine Grimasse.
    »Vielen Dank!«
    Jan war der Vater von Peter Lundgård aus Emmas Klasse. Blau-weiß gestreiftes Hemd, die beiden oberen Knöpfe offen, damit man die Behaarung darunter sah, sexy und selbstbewusst. Er wusste, dass er dazu aufforderte, sich vorzustellen, wie der Rest des braun gebrannten Körpers aussah. Er ging immer ein bisschen zu schnell, war immer ein wenig zu laut, gewohnt, Raum einzunehmen, gewohnt, dass die Leute ihm zuhörten.
    Vielleicht wurde man einfach so, wenn man Chirurg war?
    Wenn die Eltern sich bei Weihnachtsfeiern oder Klassenfesten trafen, hatte er oft ihre Nähe gesucht. Annika hatte sich nicht sonderlich darum geschert, sie war es gewohnt, dass Männer glaubten, sie sei zu haben, weil sie alleinstehend war. Sie hatte also freundlich, aber uninteressiert auf seine Annäherungsversuche

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