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Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Häschen in der Grube: Roman (German Edition)

Titel: Häschen in der Grube: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Sveland
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Schweigen wie der Hinweg. Annika saß in der Mitte und hielt in ihrem Schoß Julias und Emmas Hände. Als sie bei Annikas Haus waren, begann Julia wieder zu weinen. Es klang resigniert, Emma nahm sie fest in die Arme. Sie flüsterte ihr ins Ohr.
    »Verzeih mir!«
    Julia lächelte Emma durch die Tränen hindurch an.
    »Wir sehen uns morgen in der Schule, ja?«
    Julia nickte, Emma und Annika stiegen aus und stellten sich auf den Gehsteig. Es war spät geworden, alle Fenster waren dunkel. Keine Autos, außer dem von Carl. Sie blieben noch auf dem Gehsteig stehen und sahen Julias Gesicht, das sich an die Rückscheibe drückte und zurückstarrte. Es sah ganz verzerrt aus vom Weinen, und plötzlich hörte Emma, wie Annika auch schniefte. Sie schüttelte den Kopf, als sie ins Treppenhaus gingen.
    »Irgendetwas stimmt nicht mit diesem Mann!«
    Sie wischte die Tränen weg, und Emma nahm ihre Hand.
    »Mama, darf ich heute Nacht bei dir schlafen?«
    »Natürlich, mein Schatz!«
    Sie nahm Emmas Hand und drückte sie fest. Emma war beruhigt.

An den Wänden im Versammlungslokal des Rotary Clubs hingen Ölgemälde mit den bedeutenden Männern der Stadt, die Mitglieder waren. Sie saßen kerzengerade, hielten den Kopf hoch, schauten entschlossen. Keiner der Männer in Öl lächelte.
    Es war eine Tradition, dass man sich malen lassen konnte, wenn man zehn Jahre Mitglied war. Carl war jetzt neun Jahre dabei, Bengt, der im Vorstand der Autofabrik saß, hatte ihn empfohlen. Er wusste, dass es eitel war, und doch freute er sich auf das Ölgemälde als eine Bestätigung dafür, welchen Aufstieg er gemacht hatte. Auch wenn dieser Aufstieg nicht unerwartet gekommen war, freute er sich, wie schnell er es geschafft hatte. Er war schließlich erst neununddreißig Jahre alt, saß in der Führung, hatte ein Haus, zwei gesunde Kinder und eine repräsentable Ehefrau mit einem gepflegten Äußeren. Das Ölgemälde wäre ein Beweis für seinen Erfolg. Er sah Bengt und Gustav, sie sprachen miteinander vor dem offenen Kamin, der eine behagliche Wärme verbreitete. Am anderen Ende des Tischs bereitete Gunnar den Beginn der Versammlung vor. Die Tagesordnung stand und konnte verteilt werden. Carl lächelte vor sich hin. Selten fühlte er sich so leicht und frei wie hier unter den anderen Männern. Ein Gefühl der vollständigen Geborgenheit. Loyalität war eine Sache der Ehre für die Mitglieder des Verbands, und das spürte man. Sie kannten sich privat und geschäftlich, und im Lauf der Jahre hatte er dieses Kontaktnetz immer wieder genutzt. Steven Librinski setzte sich neben ihn. Er war Journalist bei der Lokalzeitung und wohnte ein paar Häuser neben ihnen.
    »Hallo, Carl! Was macht die Sauna?«
    »Danke, sie ist fertig, und jetzt im Winter nutzen wir sie sehr häufig!«
    »Das kann ich mir vorstellen. Ich denke selber darüber nach, eine Sauna zu bauen, aber das muss ich zuerst bei der Regierung beantragen …«
    Er lachte, und Carl schloss sich an.
    »Sag mir Bescheid, wenn es so weit ist, ich kann den Kontakt zu der Baufirma herstellen. Der Chef ist offenbar mit Gustavs Bruder verwandt, sie haben zu einem anständigen Preis gute Arbeit geleistet.«
    »Danke, gut zu wissen!«
    Jan Lundgård setzte sich auf die andere Seite neben Carl.
    »Hallo, Jungs! Alles klar?«
    »Ja, alles klar!«
    Carl lächelte Jan an, er war gut aussehend und braun gebrannt. Selbstsicher, sich seiner Position bewusst. Sowohl im Beruf als auch in der Familie, es würde nicht mehr lange dauern, bis er Oberarzt in der Chirurgie war. Es ging das Gerücht herum, dass er Glück bei Frauen hatte.
    Carl schaute in Jans leuchtend blaue Augen.
    Gunnar setzte sich auf den Stuhl des Vorsitzenden, räusperte sich. Das Gemurmel verstummte, alle wandten sich ihm zu.
    »Hiermit erkläre ich die Versammlung für eröffnet. Erster Punkt der Tagesordnung ist unsere Jahresreise. Wo soll sie hingehen und zu welchem Zweck?«
    »Können wir nicht wieder nach Amsterdam fahren? Das war letztes Jahr doch eine sehr gelungene Reise!«
    Jan Lundgård schaute um sich.
    Sie hatten nie über das gesprochen, was in Amsterdam geschehen war. Nur ganz allgemein, wie geschmackvoll das Hotel gewesen war und wie ausgezeichnet das Essen in einem luxuriösen Restaurant. Rinderfilet mit Pommes frites. Kein Wort über die ansehnliche Menge von Alkohol, und dass einige sich in den engen Gassen übergeben hatten. Kein Wort über das, was später in der Nacht geschehen war. Carl gehörte zu denen, die behaupteten,

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