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Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
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einem
Seil - erdrosselt wird, dann wird der Blutabfluß vom Gehirn unterbunden, nicht
aber der Blutzufluß; deshalb schwillt das Gesicht und läuft blauviolett an.«
    »Das
Fehlen dieser Merkmale ist also der Beweis, daß Herr Lichtenstein nicht durch
Erdrosseln ums Leben kam.«
    »Richtig.
Er starb an den Folgen der Schläge auf den Kopf.«
    Kommissar
Beck kam mit einem Beamten in Zivil und zwei Schutzmännern herein. Er bedachte
Paul Heusohn mit einem ungnädigen Blick. Der Junge bekam einen roten Kopf.
    Richard
fragte nach Namen und Dienstgrad der Männer und erklärte, daß sie ihm auf
Anweisung von Polizeirat Franck bis auf weiteres unterstellt seien. »Darf ich
davon ausgehen, daß Ihnen die Presseberichterstattung zu dem Fall Lichtenstein
bekannt ist?«
    Die
Männer nickten. Richard gab einen Abriß über den Tatort, faßte die bisherigen
Ermittlungsergebnisse zusammen und kam auf die Familienverhältnisse des Toten
zu sprechen. »Hermann Lichtenstein war verheiratet und hinterläßt außer seiner
Frau vier Kinder im Alter von zehn bis zwanzig Jahren. Seine Ehe wird von allen
bisher befragten Zeugen als sehr glücklich bezeichnet. Er hat eine Schwester in
Berlin und drei Brüder, von denen zwei Bankiers sind und in New York leben. Der
dritte ist in der Rheinstraße in Frankfurt gemeldet, konnte aber bislang noch
nicht angetroffen werden.«
    »Er ist
Hessischer Ökonomierat und ein Zwillingsbruder von Hermann Lichtenstein«,
ergänzte Beck. »Angeblich hielt er sich zur Tatzeit in Wiesbaden auf und kehrte
erst gestern abend nach Frankfurt zurück.«
    »Ein
Zwillingsbruder?« fragte Richard überrascht.
    »Zumindest
haben sie beide das gleiche Geburtsdatum«, sagte Beck süffisant. »Den Grad der
Ähnlichkeit kann ich allerdings nicht beurteilen, da der Kauf meines letzten
Pianos schon länger zurückliegt und der tote Lichtenstein, wie Sie ja wissen,
dem lebenden nicht mehr allzu ähnlich sah.«
    »Danke
für die Information, Herr Beck. Die Ähnlichkeit zwischen Personen läßt sich
auch durch einen Vergleich von Lichtbildern feststellen.« Richard zählte auf,
welche Spuren am Tatort gesichert worden waren. »Nach Aussage von Gerichtschemiker
Dr. Popp stammt der Fingerabdruck vermutlich von einer Frau und der blutige
Abdruck auf der Postkarte von einem Damenschuh. Über die Manschettenknöpfe
konnte noch nichts in Erfahrung gebracht werden, die Herkunft des Seils ist
geklärt. Es wurde bei Frey in der Fahrgasse gekauft. Es spricht einiges dafür,
daß es sich bei dem Käufer um den Klaviertransporteur Oskar Bruno Groß
handelt.« Er nickte Beck zu. »Bitte fahren Sie fort.«
    Kommissar
Beck berichtete von seinen Ermittlungen. »Die Observation des Lokals Die
Sonne in Bockenheim verlief ohne Ergebnis; auf die telegraphische Anfrage
in Werdau gibt es noch keine Antwort«, beendete er seinen Vortrag.
    » In der Stadt wird erzählt, daß die Tat möglicherweise von
internationalen Verbrechern begangen wurde«, merkte der ältere der beiden
Schutzmänner an.
    Richard
zuckte mit den Schultern. »Gegen diese Annahme sprechen die offenkundige
Ortskenntnis der Täter sowie die relativ geringe Beute.«
    »Wissen
Sie Näheres über die Tatwaffe?« fragte der Beamte in Zivil, ein junger Mann
namens Schmitt.
    Richard
verneinte. »Der Gerichtsarzt meint, daß es sich um ein Werkzeug handeln könnte,
wie es Dachdecker oder Schust er verwenden.«
    » Das Geschäftslokal Lichtensteins befindet sich mitten in der
Stadt, noch dazu in einem Haus mit weiteren Lokalitäten - gibt
    es denn
keine Zeugen?« wollte Schmitt wissen.
    »Die
einzige verwertbare Aussage ist die einer Angestellten, die am Montagmittag
beobachtete, daß eine Dame von zweifelhaftem Ruf Lichtenstein in seinem
Geschäft aufgesucht hat«, sagte Richard. Er registrierte, daß die
Aufmerksamkeit der Männer schlagartig stieg, aber es stand ihm nicht der Sinn
danach, ihren Voyeurismus zu befriedigen. In wenigen Worten berichtete er von
dem Gespräch mit Zilly; die Begegnung mit Signora Runa ließ er unerwähnt. »Ich
bin sicher, daß Zilly mir nicht in allen Dingen die Wahrheit gesagt hat, aber
derzeit gibt es keine Anhaltspunkte, die einen konkreten Tatverdacht gegen sie
begründen.«
    »Was
ist mit Lichtensteins Diener?« fragte Schmitt. »Ist es nicht merkwürdig, daß er
zur Tatzeit nicht da war?«
    »Er
geht jeden Tag um zwölf zu Tisch; seine Abwesenheit war also nichts
Ungewöhnliches«, sagte Richard. »Lichtensteins Witwe beschreibt ihn als
integren

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