Hahn, Nikola
Provozierendes.
Beck ließ sie ins Büro vorausgehen. Er stellte einen Stuhl vor seinen
Schreibtisch und forderte sie auf, sich zu setzen; er selbst blieb stehen. »Ich
frage Sie noch einmal: Was wollten Sie an Lichtensteins Tür, Fräulein Frick?«
»Ich
hatte gehört, daß da ein Mord geschehen ist.«
»So?
Etwa von Kommissar Biddling, der Sie heute morgen befragt hat?«
»Ja.«
»Der
Mord an Lichtenstein steht seit Freitagabend in allen Zeitungen. Noch dazu
wohnen Sie im Haus eines Polizeibeamten. Und Sie wollen mir weismachen, Sie
hätten bis heute nichts davon gewußt?«
»Alles,
was ich weiß, habe ich bereits Herrn Biddling gesagt.«
Beck
sah, daß sie immer noch ihre Hand geschlossen hielt. »Was haben Sie da?«
»Nichts.«
Er bog
ihr die Finger auseinander. »Zwanzig Mark!« sagte er überrascht. Er nahm ihr
die Münze ab. »Wo haben Sie das Geld her?«
»Das
ist mein Lohn.«
»Und
den tragen Sie sonntags spazieren?«
»Ich
glaube nicht, daß das verboten ist.«
Was
bildete sie sich ein? Daß sie ihn verulken konnte? »Sie haben sich am Freitag
vor einer Woche mit Lichtenstein getroffen. Warum?«
»Ich
habe Herrn Kommissar Biddling bereits
»Es ist
mir schnurzegal, was Sie Biddling erzählt haben!« Er schlug Lichtensteins Kalender
auf und hielt ihn ihr vor die Nase. »Da steht's. Schwarz auf weiß, Fräulein
Frick!«
Sie
kramte ein abgeschabtes Etui hervor und setzte ihre Brille auf. Sorgfältig
studierte sie den Kalendereintrag. »Es besteht die Möglichkeit, daß das ein
anderes Fräulein Frick gewesen ist, oder?«
War es
ihre umständliche Gestik?. Ihr ausdrucksloses Gesicht? Die scheinbare
Gleichgültigkeit, mit der sie die Brille wieder abnahm und in dem Etui
verstaute? Beck mußte an sich halten, nicht die Beherrschung zu verlieren.
»Fräulein Frick! Ich frage Sie zum letzten Mal
»Ich
war nicht dort.«
Beck
setzte sich an seinen Schreibtisch. »Sie wissen, was passiert, wenn Sie
vorsätzlich eine falsche Aussage machen?«
»Nein...
was?«
Es war
ein Moment der Unsicherheit, ein Flackern in ihren Augen, das ihm zeigte, daß
er auf dem richtigen Weg war. Er blätterte in den Papieren, die vor ihm lagen.
»Nun gut. Beenden wir die unnütze Unterhaltung und schaffen Fakten. Zwei Zeugen
haben dieses ominöse Fräulein Frick an dem fraglichen Tag im Haus Zeil 69
gesehen. Ich werde eine Gegenüberstellung veranlassen. Sie sehen hoffentlich
ein, daß ich Sie solange hierbehalten muß.«
Sie
wurde noch blasser, als sie ohnehin war. »Ich verstehe nicht, warum das alles
so wichtig ist.«
»Es
geht um einen Mord, Fräulein Frick! Um einen scheußlichen Mord, dessen
Einzelheiten zu schildern ich mir erspare. Und wir haben Beweise, daß eine Frau
in diesen Mord verwickelt ist.«
Sie
faßte sich an den Hals. »Sie glauben, daß ich...?«
Er
stand so abrupt auf, daß sie zusammenzuckte. »Warum sollte ich das nicht
glauben? Sie waren in diesem Haus! Exakt eine Woche vor Lichtensteins
Ermordung! Ist es nicht so?«
»Selbst
angenommen, ich wäre dort gewesen, so heißt das noch lange nicht
»Hören
Sie auf mit Ihren Spielchen! Kommissar Biddling mögen Sie damit beeindrucken,
mich nicht. Ich frage Sie jetzt zum allerletzten Mal: Waren Sie am Freitag, dem
neunzehnten Februar, im Geschäft des Pianofortehändlers Hermann Lichtenstein?
Ja oder nein?«
Sie
senkte den Kopf. »Ja.«
»Wann?«
»Irgendwann
abends nach Geschäftsschluß. Die genaue Uhrzeit weiß ich nicht mehr.«
»War
außer Ihnen beiden noch jemand anwesend?«
»Nein.«
»Was
wollten Sie von ihm?«
»Herr
Lichtenstein hatte in der Frankfurter Zeitung nach einer Klavierlehrerin
annonciert. Das heißt, die Annonce war chiffriert. Ich erfuhr erst, daß es Herr
Lichtenstein war, als er mich zum Vorspielen in seine Geschäftsräume
bestellte.«
»Soso.
Sie spielen Klavier.«
»Ich
bin ausgebildete Pianolehrerin.«
»Und da
haben Sie es nötig, bei Schmonker Handlangerdienste zu leisten?«
»Man
muß leben.«
»Nennen
Sie mir einen einzigen Grund, warum Lichtenstein aus der Suche nach einer
Klavierlehrerin ein derartiges Geheimnis machen sollte.«
»Er sagte
mir, daß seine Frau mit ihrer derzeitigen Lehrerin unzufrieden sei, und daß er
sie mit einer geeigneten Nachfolgerin überraschen will. Ich sollte ab der
ersten Märzwoche zu ihm nach Hause in die Palmengartenstraße kommen. Immer
sonntags nachmittags. An meinem freien Tag.«
»Wenn
es so war, gibt es darüber sicher einen Vertrag.«
»Den
Kontrakt wollte Herr
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