Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Hahn, Nikola

Hahn, Nikola

Titel: Hahn, Nikola Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Die Farbe von Kristall
Vom Netzwerk:
am nächsten
Morgen weckte. »Ich habe gesagt, daß Sie nicht zu Hause sind.«
    Richard
ging zum offenen Fenster. Die kühle Morgenluft tat gut. »Und warum?«
    »Aber
gnädiger Herr! Sie haben mich doch ausdrücklich angewiesen...«
    Er
drehte sich lächelnd zu ihr um. »Ich meinte, warum Fräulein Rothe mich
sprechen wollte.«
    Louise
schüttelte das Federbett auf. »Sie hat es mir nicht gesagt.«
    Richard
schloß das Fenster. Wenn die Polizeiassistentin ihn außer Dienst aufsuchte,
mußte es etwas Wichtiges gewesen sein. Vielleicht hatte sie mit Heynel
gesprochen und erfahren, wer Signora Runa war? Oder man hatte Lichtensteins
Mörder gefaßt! Aber dann hätte Beck sicher Schmitt oder Heusohn geschickt.
    »Ich
hoffe, ich habe nichts Falsches getan«, sagte Louise. »Sie sahen so entsetzlich
müde aus, und weil Sie doch gesagt hatten, daß...«
    »Ich
habe Ihnen eine Anweisung gegeben, und Sie haben sie befolgt.« Richard sah auf
seine Uhr. »In einer Dreiviertelstunde werde ich wissen, was los ist.«
    »Ihr
Frühstück steht im kleinen Salon.«
    »Eine
Tasse Kaffee genügt mir.«
    »Aber
gnädiger Herr! Sie müssen etwas essen!«
    »So
schnell verhungere ich schon nicht.«
    Louise
knetete ihre Finger. »Bitte verzeihen Sie. Ich habe kein Recht, das zu fragen,
aber... Hat es etwas mit dem Mordfall Lichtenstein zu tun?«
    Richard
sah sie verständnislos an. Sie zeigte auf das zerwühlte Laken. »Genau wie
damals, als Sie die schlimmen Träume plagten.«
    »Wenn
es Sie beruhigt, esse ich ein halbes Brötchen zum Frühstück.«
    »Ich mache
mir Sorgen, gnädiger Herr.«
    »Das
brauchen Sie nicht. Und bitte - kein Wort zu Victoria!« Als sie schwieg,
grinste er. »Oder ich verzichte demnächst auch aufs Abendessen.«
    »Wenn
Sie bitte gestatten: Sie sind unverbesserlich. Ihre Garderobe liegt im
Ankleidezimmer bereit. Soll ich Ihnen helfen?«
    »Danke.
Das schaffe ich gerade noch allein.«
    Kopfschüttelnd
ging die alte Zofe hinaus. Richard lächelte. Fast zweiundzwanzig Jahre war es
her, daß er ihr eine Stellung in seinem Elternhaus in Berlin verschafft hatte,
und sie vergalt es ihm bis heute.
    Zwanzig
Minuten später war er auf dem Weg zum Präsidium. Dunst lag über der Stadt und
ein Hauch von Frühling. Vom Main drangen die Rufe der Fischer herüber. Richard
war schon immer zu Fuß zum Dienst gegangen, und er sah keinen Grund, mit seiner
Gewohnheit zu brechen, nur weil sein Schwiegervater über einen angestellten
Kutscher und mehrere Wagen verfügte. Der morgendliche Gang am Main entlang,
durch die Altstadt zur Zeil, gehörte zu seinem Arbeitstag wie eine gute Tasse
Kaffee. Am Alten Markt nickte er einer Gruppe Arbeitern zu und schaute sich
nach Wachtmeister Braun um, bis ihm einfiel, daß er nicht mehr kommen würde.
An einem Haus war eins von Becks Plakaten angeschlagen. Wahrscheinlich würden
sie heute einen Großteil ihrer Zeit mit der Entgegennahme von Hinweisen
verbringen. Hoffentlich war etwas Brauchbares dabei.
    Vor
seinem Büro wartete Paul Heusohn. Richard nahm den Schlüssel vom Rahmen. »Sie
dürfen ruhig hineingehen, auch wenn ich noch nicht da bin.«
    Der
Junge nickte. Er sah abgespannt aus. »Herr Polizeirat Franck wünscht Sie zu
sprechen.«
    Richard
ging voraus und zündete die Lampe auf seinem Schreibtisch an. »Sagte er,
warum?«
    »Ich
vermute, wegen der Sache mit Fräulein Frick.«
    »Inwiefern?«
    »Sie
wissen noch gar nicht, was passiert ist?«
    Richard
riß ein Blatt von seinem Kalender. »Nein. Was?«
    »Fräulein
Frick hat gestern abend versucht, sich das Leben zu nehmen.«
    »Bitte
- was?«
    »Es
wird erzählt, daß Herr Beck sie festgenommen hat. Wegen eines Diebstahls, was
aber angeblich ein Irrtum war. Und in der Zelle hat sie sich die Pulsadern
aufgeschnitten. Als ich aus Offenbach zurückkam, war sie schon im Krankenhaus.«
    »Wie
schlimm steht es um sie?«
    Der
Junge zuckte die Schultern. »Am besten sprechen Sie mit Fräulein Rothe. Sie hat
sie besucht.«
    »Ist
Kommissar Beck schon da?«
    »Ich
glaube, er hat die ganze Nacht in seinem Büro gesessen und die Akte gelesen.«
    »Welche
Akte?«
    »Von
Fräulein Frick. Ich habe sie aus Offenbach geholt.«
    »Sie
haben was?«
    Der
Junge wurde rot. »Der zuständige Beamte sagte, daß er telephonisch keine
Auskunft gibt. Deshalb habe ich entschieden, selbst nach Offenbach zu gehen.
Hätte ich das nicht tun dürfen?«
    Richard
mußte lächeln. »Sicher. Nur haben wir für solche Angelegenheiten einen
Kurierdienst. Was steht in der

Weitere Kostenlose Bücher