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HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi

HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi

Titel: HahnBlues | Ein Rhein-Mosel-Krimi Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Schmidt
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selten im Betrieb blicken und mischte sich auch nicht in geschäftliche Dinge ein. Das war auch gut so, glauben Sie mir. Aber ich möchte Sie nicht langweilen, Herr Kommissar: Es kam, wie es kommen musste: Rudolf Manderscheid hat meine Tochter gebumst.“
    Udo, ein wenig erschrocken über die direkte Ausdrucksart seines Gegenübers, schluckte, dann sagte er: „Sie waren beide erwachsen, und Ihre Tochter wusste, was sie tat, als sie sich mit ihrem Arbeitgeber einließ.“
    Jürgen Wilms schüttelte das ergraute Haupt. „Sie hat die Beine breit gemacht, weil sie Angst um ihren Job hatte, so einfach war das.“
    „Vorhin sagten Sie, Manderscheid sei ein guter Chef gewesen. Jemand, für den man gerne arbeitet und der seine Mitarbeiter als Familienmitglieder betrachtet.“
    „Das war auch so. Trotzdem: Ich bin an einem Dienstagabend – das weiß ich noch ganz genau – noch einmal ins Büro, weil ich etwas vergessen hatte. Und da habe ich Geräusche gehört. Natürlich bin ich auch nicht ganz dumm und ahnte, was in Manderscheids Büro vor sich ging. Aber es war mir egal, ich dachte noch ,warum macht der Alte das denn nicht zu Hause?‘ und bin ins Büro geplatzt. Leider war es nicht seine Frau Beatrice, sondern meine Tochter, die rücklings auf dem Schreibtisch lag und sich von unserem Chef bumsen ließ.“ Wieder ein Schluck Wein, wieder war das Glas leer und wurde nachgefüllt. „Wissen Sie, was das für ein Anblick ist, wenn man seine eigene Tochter sieht, wie … wie sie …“
    „Nein, das weiß ich nicht“, gestand Udo ihm. „Aber ich glaube, dass ich es mir vorstellen kann.“
    „Können Sie nicht“, behauptete Wilms und hatte Udo gar nicht zugehört. Die Erinnerung an das schreckliche Erlebnis schien wie ein Film vor seinem geistigen Auge abzulaufen. Immer wieder schüttelte er den Kopf, beinahe so, als könne er damit die Erinnerung abschütteln.
    „Ich war wie vor den Kopf gestoßen, wusste nicht, ob sie aus eigenem Willen mitgemacht hat, oder ob er sie unter Druck setzte, um sich an ihr zu vergehen. Wie dem auch sei, ich habe fluchtartig das Büro verlassen und habe mir später schwerste Vorwürfe gemacht, weil ich nicht wusste, ob Manderscheid sie möglicherweise vergewaltigt hat.“
    „Und – hat er?“
    „Nein. Julia hat mir immer wieder beteuert, dass sie freiwillig mit ihm geschlafen hat. Trotzdem kam es, wie es kommen musste: Sie wurde schwanger von Manderscheid. Können Sie sich das vorstellen? Meine Tochter bekommt ein Kind von diesem … von diesem Mann? Von einem Kerl, der ohne Weiteres ihr Vater hätte sein können? Einem frisch verheirateten Unternehmer, der in der Region bekannt ist wie ein bunter Hund?“
    Udo nickte nachdenklich. „Wie ging es dann weiter?“ Von einem Kind hatte ihm Julia Wilms nichts erzählt. Auch in ihrem Haus hatte nichts darauf hingedeutet, dass dort ein Kind lebte. Keine quietschbunten Gummistiefel im Flur, keine selbst gemalten Kritzel-Zeichnungen, an den Wänden keine Bilder kein Spielzeug-Chaos, nichts. Er ahnte, worauf das Gespräch hinauslief.
    „Manderscheid hat sie zu einer Abtreibung gezwungen. Julia war neunzehn Jahre alt, also schon volljährig. Doch er hatte sie in der Hand. Bezahlte die Abtreibung in Luxemburg, hat ihr viel Geld gegeben und ihr das verdammte Haus gekauft, nur, damit sie für immer die Schnauze hält. Und Julia hat die Schnauze gehalten und genommen, was sie von ihm kriegen konnte. Damit war sie finanziell gut versorgt – aber ihre Seele war gebrochen. ,Ich will nicht, dass du diesen Satansbraten zur Welt bringst und uns damit in Verruf bringst‘, so hat er ihr gedroht. ,Ein Wort zu irgendjemandem, und ich bringe dich um‘, hat er gesagt. Zu einer jungen Frau, die noch nicht einmal ganz erwachsen war.“
    Udo hatte sich einen Notizblock genommen und schrieb eilig mit. Er konnte das tragische Schicksal, das sich hier ereignet hatte, nur erahnen. „Aber mit Ihnen hat sie darüber gesprochen“, stellte er dann fest und legte den Stift zur Seite.
    Jürgen Wilms nickte.
    „Sie hat sich uns anvertraut, ja. Julia war völlig am Ende mit den Nerven.“
    „Und Sie? Sicherlich hat sich das eigentlich gute Verhältnis zwischen Chef und langjährigem Mitarbeiter doch geändert, oder?“
    „Ich bin ihm aus dem Weg gegangen, so gut es eben ging. Und wenn nicht, haben wir nur über Geschäftliches gesprochen. Aber ich glaube, dass er gemerkt hat, warum ich so wortkarg war. Dieser Tag hat mein Leben verändert, und jobmäßig

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