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Hahnemanns Frau

Titel: Hahnemanns Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bauer Angeline
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Bismarck und Napoleon in den Haaren liegen, ist Paris kein guter Aufenthaltsort mehr für Deutsche.
    Sie sehen, liebste Freundin, auch mir erging es in den letzten Jahren, in denen wir uns aus den Augen verloren hatten, nicht besonders gut.
    Nun sind wir beide siebzig Jahre alt und blicken auf ein langes Leben zurück. Unsere Männer sind tot, und all unsere Liebe richtet sich auf unsere Kinder.
    Ich hoffe für Sie, daß Ihr Enkel die Krise überwindet und bald wieder auf die Beine kommt. Geben Sie die Hoffnung nicht auf. Ihm hilft die Kraft der Jugend – und Belladonna kann Wunder wirken.
    Die Angaben zur Dosierung füge ich in Anlage bei und verbleibe mit meinen innigsten Wünschen Ihre ergebenste
    Mélanie Hahnemann

Mord und Totschlag
    Kaum hatte Mélanie den Brief gefaltet und versiegelt, als es klopfte. Es waren Monsieur Hugo und seine Tochter Monique, ein Mädchen von acht Jahren, deren Augen noch vor zwei Wochen vollkommen verklebt und deren Hände und Füße von Warzen übersät gewesen waren.
    Als Mélanie sie nun untersuchte, war sie zufrieden mit dem Ergebnis der Behandlung. Sie hatte ihr Thuja gegeben, woraufhin sich die Warzen sich zu einem erheblichen Teil zurückgebildet hatten. Monique konnte ihre Augenlider wieder öffnen, und auch ihr schlechter Appetit hatte sich gebessert.
    Mélanie nickte und fuhr ihrer Patientin aufmunternd durch das Haar. »Das hast du gut gemacht«, sagte sie. »Nur weiter so, dann bist du schon bald ganz gesund!«
    Plötzlich war draußen Geschrei zu hören. Mélanie ging zum Fenster und sah hinaus. Es war schon fast dunkel. Eine Gruppe von Leuten strömte mit Laternen, Stangen und Knüppeln in Händen auf ihr Haus zu. Die Lichter schaukelten hin und her. Ab und an, wenn einer aus der Gruppe sich nach vorne beugte oder seine Laterne vor das Gesicht eines anderen hob, zeigten sich häßliche, von blinder Rachsucht und Haß verzerrte Fratzen. Die Szene hatte etwas Gespenstisches, und, da machte sich Mélanie keine Illusionen, der aufgebrachte Mob war gefährlich wie ein in die Enge gedrängtes Tier.
    Sie ging zurück zum Tisch und setzte sich.
    »Was ist los dort draußen?« fragte Monique neugierig und ängstlich zugleich.
    »Aufgebrachte Männer – sie sind wütend auf mich, weil ich die Witwe eines Deutschen bin und eine deutsche Tochter habe. Am besten kümmerst du dich gar nicht darum.« Mélanie versuchte zu lächeln.
    Monique legte ihre Hand auf den Arm ihres Vaters und sah ihn erstaunt an. »Ist das denn etwas Schlechtes, wenn man die Witwe eines Deutschen ist und ein deutsches Kind hat?«
    Er seufzte. »Manche Menschen glauben, ja. Es gefällt ihnen nicht, was Kaiser, Könige und Minister tun, aber weil sie die nicht für ihre Fehler verantwortlich machen können, rächen sie sich an den kleinen Leuten.«
    »Und du – was glaubst du?« fragte Monique weiter.
    »Ich glaube, daß die Menschen sehr ungerecht sein können und die guten Dinge viel schneller vergessen als die schlechten.«
    Nun war er es, der aufstand und hinaussah. Ganz vorne, unter den Anführern, erkannte er Marcel, seinen Nachbarn. Marcels Frau war nach der Geburt ihres ersten Kindes schwermütig geworden und hatte wochenlang apathisch im Bett gelegen. Mélanie hatte sie geheilt und nichts dafür verlangt. Grund genug, dankbar zu sein! Doch nun richtete er seinen Knüppel gegen sie.
    »Ja, die Leute haben ein verdammt schlechtes Gedächtnis«, murmelte er.
    Plötzlich klirrten Scheiben, ein Stein flog herein und schlug nur zwei Armbreit neben dem Kind auf dem Boden auf.
    Entsetzt tauschten Mélanie und Monsieur Hugo Blicke. Monique lief zu ihrem Vater und klammerte sich weinend an ihn.
    »Calme-toi, ma chère – ganz ruhig, mein Liebes!« Er schlang seine Arme um ihre Schultern und redete beruhigend auf sie ein.
    Dann sah er Mélanie an. »Sie sollten nicht hier bleiben. Es ist zu gefährlich. Und Ihre Tochter, Ihr Schwiegersohn … gehen Sie zusammen mit ihnen nach Deutschland.«
    »Meine Kinder nach Deutschland zurückzuschicken, ja, darüber habe ich auch schon nachgedacht. Aber ich bin Französin, genau wie Sie und diese Leute dort draußen! Meine Familie hat einmal viel für dieses Land getan, und für diesen unglückseligen Krieg kann ich nichts.«
    Monsieur Hugo schüttelte traurig den Kopf. »Vielleicht kommt eine Zeit, in der es wieder von Bedeutung sein wird, was Ihre Familie einst für Frankreich tat. Aber jetzt, wo Napoleon kapituliert hat … die Gemüter sind zu erhitzt, Madame,

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