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Hahnemanns Frau

Titel: Hahnemanns Frau Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bauer Angeline
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und seinen Töchtern niemand mehr im Hause war.
    Sie überquerte die Straße und pochte an die Tür. Luise erschien. Mélanie wartete nicht auf eine Einladung, sie drückte sich einfach an ihr vorbei und durchschritt den Flur.
    Vorm Wohnzimmer blieb sie stehen. »Ich möchte mit Ihnen reden. Mit Ihnen, mit Charlotte und auch mit Ihrem Vater.«
    Von drinnen wurde die Tür geöffnet. Charlotte starrte sie an.
    »Bitte«, sagte Luise und deutete an, daß sie eintreten solle.
    Samuel saß in seinem Sessel. Er rauchte und las in einem Buch. Als er sie sah, zeigte sich Erstaunen auf seinem Gesicht. Er stand auf und nahm ihr den Mantel ab. »Wie schön, Sie zu sehen, mein Kind.«
    Mit versteinerter Miene zupfte sie die Handschuhe von den Fingern und legte sie zusammen mit der Ledermappe, die sie bei sich trug, auf einen Stuhl. »Es ist kein angenehmer Besuch, Monsieur, ich muß mit Ihren Töchtern reden.«
    »Aber bitte, setzen Sie sich doch.«
    »Nein, ich stehe lieber. Was ich zu sagen habe, geht mir so leichter von den Lippen.« Sie sah von Charlotte zu Luise. »Mir ist zu Ohren gekommen, daß Sie mich eine Hochstaplerin nennen.«
    »Aber wer sagt denn so etwas!« Samuel war entsetzt.
    »Die Spatzen pfeifen es schon von den Dächern. Und um ehrlich zu sein, Monsieur, ich kann mir nicht vorstellen, daß Sie nichts davon wußten. Daraus muß ich schließen, daß Sie sich von diesen Verleumdungen hinreißen ließen und selbst Ihre Zweifel an meiner Person haben.«
    Samuel war blaß geworden. Mélanies Blick war so kalt, daß er erschrak. Sie mußte zutiefst in ihrer Ehre getroffen sein, und er konnte es ihr nachfühlen. »Aber nein«, sagte er, »natürlich wußte ich nichts davon.«
    »Hier!« Mélanie trat auf Charlotte zu und hielt ihr zwei Dokumente unter die Nase. »Das ist meine Geburtsurkunde und das mein Paß. Als Beweis, daß ich meinen Namen zu Recht trage, dürfte das ja wohl genügen. Und eine Beurkundung meiner Besitzungen und der jährlichen Einnahmen, die daraus hervorgehen, habe ich bereits angefordert. Es wird eine Weile dauern, bis sie aus Paris eintreffen, aber vielleicht können Sie sich mit weiteren Verleumdungen bis dahin ja noch im Zaume halten. Und dann, Mesdames, wünsche ich, daß Sie mich in der Öffentlichkeit rehabilitieren.«
    Charlotte stieß die Hand mit den Dokumenten grob zur Seite, ging an Mélanie vorbei und stellte sich ans Fenster. »Sie!« schrie sie. »Sie kommen hier her und reißen alles an sich! Glauben Sie denn, wir merken nicht, daß Sie unserem Vater den Kopf verdrehen? Da haben Sie ja leichtes Spiel bei einem offensichtlich schon verwirrten alten Mann, der einsam ist, weil er seine Frau verloren hat!«
    »Ich bitte Sie, reden Sie nicht so von Ihrem Vater, einem Mann, der in ganz Europa verehrt wird! Auch Sie sind ihm so etwas wie Achtung schuldig.«
    Mélanie schaute zu Samuel hinüber, der hilflos von einer zur anderen blickte und nach Worten der Entschuldigung und Erklärung suchte. Zorn machte sich in ihr breit. So mutig er sich seinen Widersachern entgegenstellte, um seine Lehre zu vertreten, so schwach zeigte er sich angesichts seiner despotischen Töchter. Er würde sich von ihnen alles gefallen lassen. Aber nicht mit ihr! Sie hatte sich schon einmal gegen eine verrückte Mutter gewehrt, sie würde sich auch von diesen Damen nicht klein machen lassen.
    Nun trat Luise auf sie zu, blieb nahe bei ihr stehen und starrte sie bohrend an. »Erzählen Sie uns nichts von Achtung, Marquise. Die haben wir unserem Vater ganz sicher genügend gezollt. Haben Sie eine Ahnung, wie es war, von nichts zu leben und alles zu entbehren? Wie es war, für seine Sache einzustehen, verachtet und verhöhnt zu werden?« Luise hatte Tränen in den Augen. »Ihn aufzufangen und zu trösten, wenn er von seinen Vorlesungen nach Hause kam, in denen kaum einer der Studenten der Sache wegen saß, sondern die meisten nur da waren, um ihrem Lachreiz zu frönen? Ihn auszuhalten, wenn er seinem Zorn freien Lauf ließ, weil man ihn und seine Sache einmal wieder angegriffen hatte? Ja, er hat Großes geleistet, doch die Früchte seiner Arbeit erntet er erst jetzt. Erst seit ein paar Jahren gibt es einige Leute, die sich die Mühe machen, seine Lehre zu verstehen, und seinen Namen, wie Sie sagen, in ganz Europa hochhalten. Und da kommen Sie daher und heften sich an seine Fersen! Sie sind 45 Jahre jünger als er! Sie sind siebzehn Jahre jünger als seine älteste Tochter! Und es dürfte Verehrer genug geben, die

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