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Haie an Bord

Haie an Bord

Titel: Haie an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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nieder. Abels' Kniescheibe war zertrümmert … hier in der Wüste war es das Todesurteil. Sie wußten es beide.
    »Du schießt gut«, sagte Abels.
    »Es war ein Zufallstreffer.« Wolff betrachtete hilflos das zersplitterte Knie. Er hatte nichts bei sich … keine Verbände, kein Puder zur Wunddesinfektion, keine Schmerzmittel, nichts.
    »Du hast immer Glück, was?« sagte Abels und knirschte mit den Zähnen. »Sag jetzt nichts. Himmel, halt bloß die Schnauze! Gib mir den Fangschuß, los …«
    Die Kamele hatten sich beruhigt. Nach hundert Metern waren sie stehengeblieben und kamen jetzt langsam zurück. Abels hob den Kopf und stieß mühsam einen Pfiff aus. Es war, als verständen ihn die Kamele … sie reckten die Köpfe hoch und trabten heran.
    »Wo hast du das gelernt?« fragte Wolff.
    »Abgeguckt in Hissi Maksa.« Abels fiel zurück in den Sand. Das Blut sickerte aus seinem Knie und verschwand fast spurlos im gelblichen Staub. »Da hast du deine Kamele, das Wasser, die Fleischsäcke. Nun sitz nicht rum und schieß endlich.«
    »Ich nehme dich mit«, sagte Wolff und stand auf. »In etwa sieben Stunden haben wir das Lager wieder erreicht.«
    »Der Arzt! Ein Mensch ist ein Mensch, bis ihm die Augen für immer zufallen –.«
    »Stimmt genau!«

»Ich bin am Ende, Wolff. Ich bin genauso nutzlos wie McHolland. Wir gehören jetzt der Wüste … das ist die Wahrheit. Warum wollt ihr diese Tatsache nicht anerkennen? Ihr könnt McHolland noch zwei Tage herumschleppen, mich vielleicht drei Tage, aber dann ist Schluß.«
    »Es sind drei Tage Leben, Abels.«
    »Was für ein Leben! Warum könnt ihr Ärzte nicht Schluß machen, wenn es notwendig ist? Zum Teufel, Wolff, gib mir den letzten Schuß.«
    »Nie, Abels!«
    »Wenn ich an mein Gewehr heran könnte …«
    »Du kommst nicht heran.« Wolff blickte zu den Kamelen. Sie standen vor dem toten, stinkenden Tier und beschnupperten es.
    Unser Schicksal, dachte er. Aas in der Wüste. Gebleichte Knochen in völliger, glutender Einsamkeit. Er hob die Schultern und zog sie nach vorn, als krümme er sich vor Schmerzen.
    »Wenn du einmal oben auf dem Lastkamel bist, mußt du dich festklammern«, sagte Wolff rauh. »Irgendwie festklammern. Du mußt nur oben bleiben …«
    Abels antwortete nicht mehr. Er hatte ein Stück Hemd und seine rechte Faust zwischen die Zähne geklemmt und biß darauf. Der Schmerz mußte unerträglich sein.
    »Schrei!« sagte Wolff gepreßt. »Schrei, so laut du kannst. Das befreit. Man kann sich mit dem eigenen Schreien betäuben. Los, schrei!«
    Abels schüttelte den Kopf.
    Wolff fing die Kamele ein, lud seinen kleinen Wasserschlauch um, gab, wie er es in Hissi Maksa gelernt hatte, die Kommandos zum Niederknien und kam dann zu Abels zurück.
    »Mensch, ich flehe dich an: Erschieß mich endlich!« stöhnte Abels. Er war fast grün im Gesicht.
    »Das kann ich immer noch. Zuerst versuchen wir das andere.«
    Er packte Abels unter den Achseln, hob ihn aus dem Sand und stützte ihn, als Abels auf einem Bein zu hüpfen begann. Das zerschossene Bein pendelte wie ein dicker Strick herum. Bei jedem Schritt stöhnte Abels auf … nach vier Schritten lehnte er den Kopf gegen Wolffs Schulter und weinte vor Schmerzen.
    »Mach doch Schluß –«, heulte er. »Mach doch Schluß –.«
    Sie erreichten das Lastkamel. Abels kroch hinauf, schrie und biß in den Verpflegungssack vor sich. Aber er klammerte sich fest, und schreiend vor unerträglicher Qual ließ er sich ruckartig emporstemmen. Das Lastkamel stand wieder. Wolff saß im Sattel des Reittiers und beugte sich zu Abels hinüber.
    »Klemm das gesunde Bein in die Lastverschnürungen –«, sagte er. »Verdammt, du mußt es aushalten, Abels. Ich kann das Bein nicht schienen oder irgendwie in einen Teppich rollen und notdürftig ruhigstellen. Wir haben keinen Strick übrig.«
    »Hau ab!« röchelte Abels. Seine Zähne schlugen aufeinander. »Hau ab, du Edelmensch.«
    Wolff griff nach dem Führzügel des Lastkamels und trat seinem Reittier die Hacken in die Weichen. Träge setzte sich das Kamel in Bewegung, umging den verwesenden Tierkadaver und folgte dann mit feinem Instinkt der Spur, die zurückführte zum Lager.
    Es war tief in der Nacht, als die Kamele von selbst antrabten. Sie rochen die Nähe der anderen, stießen ein heiseres Gebrüll aus und benahmen sich, als witterten sie einen See mit köstlichem, klarem Wasser.
    Bender und Eve kamen ihnen am Fuße der großen Sanddüne entgegengelaufen. Sie winkten mit beiden

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