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Haie an Bord

Haie an Bord

Titel: Haie an Bord Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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dann auf Gott vertrauen, nur weil die Herren Ärzte ihre eigene Ethik haben! Nein, ich suche mir meinen eigenen Weg.«
    »Mit unserem Wasser, du Lump!« schrie Wolff zurück.
    »Es genügt, wenn ein Vernünftiger unter lauter Idioten überlebt!«
    »Du wirst nicht überleben, Abels«, sagte Wolff hart. »Entweder du kommst zurück … oder du überlebst nicht. Dazu bin ich hier.«
    Abels schoß wieder. Wolff duckte sich hinter sein totes Kamel und hörte das Geschoß dicht über seinem Kopf einschlagen. Abels schoß gut, er konnte mit einem Gewehr umgehen. Früher war er einmal Marineoffizier gewesen, aber er wechselte über zur Zivilschiffahrt, weil er dort als I. Offizier mehr verdiente. Jetzt ging es bei ihm ganz militärisch zu: schießen, Schloß zurück, Patrone auswerfen, Schloß zu, Patrone vom Magazin in den Lauf, auflegen, zielen. Kimme – Korn – Ziel – der Kopf von Dr. Wolff, der ab und zu unter dem toten Kamel auftauchte. Mal links, mal rechts. Abels' Gewehrlauf wanderte mit, bereit, im richtigen Augenblick den Tod auszuspucken. Denn nur darauf kam es noch an: töten und dann weiterreiten in das Leben.
    »Du hast kein Kamel mehr«, rief Abels. »Ich habe die besseren Chancen. Ich habe zwei Kamele. Ich brauche dich nur hier liegenzulassen.«
    »Du kämest auf keinen Sattel mehr, schwöre ich dir!«
    »Hol dir das Wasser!« Abels lachte rauh. Irrsinn schwang in diesem schaurigen Ton. »Nur ein Zentimeter von deiner Hirnschale genügt, Wolff! Ich war der beste Schütze in der Flottille …«
    Wolff betrachtete sein Gewehr, ehe er es wieder langsam über den braunwolligen Kamelleib schob. Das tote Tier hatte im Todeskampf seinen Kopf in den Sand gewühlt, als wolle es in den letzten Minuten diese grausame Welt nicht mehr sehen.
    »Ich habe noch nie auf einen Menschen geschossen«, sagte er. »Ich habe noch nie einen Menschen getötet. Du wirst der erste sein, Abels –.«
    »Ich bin gespannt, wie du dieses Kunststück fertigbringst!« Abels schoß wieder, weil Wolffs Kopf hinter seinem Gewehr kurz auftauchte. Surrend flog die Kugel nahe an Wolffs linkem Ohr vorbei. Aber gleichzeitig schoß auch Wolff, er drückte einfach ab. Drüben schrie Abels dumpf auf. Durch Wolff lief ein Zittern.
    »Habe ich dich getroffen?« schrie er. »Wirf das Gewehr weg, ich komme 'rüber!«
    »Der Teufel hole dich!« brüllte Abels. »Komm nur, komm … der rechte Zeigefinger und zwei Augen sind noch da … und so lange schieße ich!«
    Zur Bestätigung schoß er zweimal hintereinander in Wolffs Kamel.
    Die Sonne war jetzt hoch am Himmel, ein Feuerball, der auf die beiden Männer herunterbrannte und ihre Körper austrocknete.
    »Ich habe zwei Gewehre und hundert Schuß Munition bei mir!« schrie Abels. »Wer überlebt hier wohl, du Spinner?«
    Er hat recht, dachte Wolff. Von uns beiden hat er den längeren Atem. Mehr Munition, mehr Wasser, mehr Verpflegung, zwei gesunde Kamele … ich habe nichts.
    Er tastete in seine Tasche. Noch etwa zehn Schuß … er hatte es beim Aufbruch so eilig gehabt, um an nichts anderes zu denken als: Man muß Abels einholen. Alles andere regelt sich dann. Und jetzt regelte es sich … »Du bist verwundet!« rief Wolff. »Das ist ein Handikap.«
    »Nur ein Streifschuß. Keine Hoffnung für dich, du Ethikakrobat!« schrie Abels zurück.
    »Gut! Dann warten wir! Solange ich lebe, solange ich hier atmen kann, wirst du auf kein Kamel kommen! Das kann einige Tage dauern. Aber dann ist es auch für dich zu spät! Was haben wir in Hissi Maksa gesagt: Alle – oder keiner. Gut. Bleiben wir dabei: Verrecken wir alle! Du dort, ich hier, und sieben Stunden östlich von uns McHolland, Bender – und Eve!« Der Gedanke an Eve, die elend verdursten würde, durchzog seinen Körper wie ein Feuer. »Auch Eve!« brüllte er. »Allein schon ihretwegen machst du keinen Schritt mehr von hier weg!«
    Abels fluchte unartikuliert, schoß wieder – er hatte ja genug Patronen und übergoß sein Gesicht mit Wasser. Ein Wassersack lag neben ihm im Sand … er riß einen Fetzen aus seinem Hemd, tauchte ihn in Wasser und drückte ihn auf die Schulter, wo Wolffs Kugel eine breite, blutige Schramme hinterlassen hatte. Es war eine unbedeutende Verwundung … aber hier in der Wüste gab es nichts Unbedeutendes. Alles, was Mensch und Tier betraf, bis in die kleinste Unwichtigkeit, war in diesem Sandmeer ein Teil des Lebens. Brach nur etwas aus ihm heraus, wurde diese Lücke von der gnadenlosen Wüste erobert.
    »Ich halte es aus!«

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