Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)
dessen Händen war Lisa. Svens schlimmster Albtraum. Alles, was er hasste, nämlich das vermeintlich Rechte, Konservative, Frauenfeindliche, Law-and-Order-mäßige, all das war vereint in dem einen Mann, mit dem seine Lisa jeden Tag zusammenarbeitete.
„ Du täuschst dich total in ihm“, sagte Lisa unter völliger Ignoranz dessen, was Sven hören wollte. „Fabian ist völlig okay.“
„ Ja, ich bin sicher, das ist er.“ Sven wollte großzügig sein, denn so dumm war er wirklich nicht. Er wusste, dass Frauen Männer nicht leiden konnten, die ihre Nebenbuhler schlecht machten. Und er betrachtete Fabian als Nebenbuhler, auch wenn er ihn gar nicht kannte, selber nie ernsthafte Annäherungsversuche bei Lisa machte und überhaupt nicht wusste, ob die Type überhaupt an Lisa interessiert war. Nur eines wusste er: Sie war an ihm interessiert, das sah er. Seine Lisa wollte was von einem Vertreter des Gesetzes. Schlimm genug, dass sie selber zu der Truppe gehörte, jetzt hatte sie auch noch einen so furchtbaren Geschmack, Polizisten attraktiv zu finden. Das musste er ihr einfach sanft, aber bestimmt austreiben. Bisher hatte seine Taktik wenig Erfolg.
„ Erzähl mal, was habt ihr so rausgefunden?“
„ Du weißt doch ganz genau, dass ich dir nichts erzählen darf. Schon gar nicht, wo du selber zur Presse gehörst.“
„ Presse? Ich bin doch nicht die Presse! Volksmund und Bild, das ist die Presse! Ich bin freier Journalist und schreibe für seriöse, im besten Sinne liberale Medien. Und ich bin nicht auf Mord und Totschlag aus, um Auflagen zu steigern, mir geht es um Fakten.“
„ Entschuldige, entschuldige“, entschuldigte sich Lisa. „Aber ich kann dir nur das erzählen, was morgen auch in den Zeitungen steht.“
Und sie erzählte Sven von ihrem blutigen Arbeitstag. Von dem Verkehrsstau auf der Fahrt zur Arbeit, von dem Mann ohne Kopf bzw. dem Kopf ohne Mann, von dem ungewöhnlichen Ehepaar und dessen unbändiger Freude über die Nachricht von Krumms grausamem Tod, von dem schweren Mittagessen und der noch schwereren Pressekonferenz.
„ Mann, der Volksmund beschäftigt echt den letzten Abschaum der Presse-Fäkalentsorgung. Das sind Leute, die nicht einmal mehr bei der Bild ’n Job finden. Und was gab es so für Spuren?“
„ Oh, nicht viel...“ Lisa gähnte, wurde langsam müde.
„ DNA-Spuren oder Fingerabdrücke? Nein, oder?“
„ Nöö... nur so’n Schuhabdruck im Blut.“
„ Schuhabdruck? Was für ein Schuhabdruck?“
„ Mein Gott, von einem Turnschuh. Nutzt nix, ist keine Spur. Sollten wir mal einen verdächtigen, und der hat solche Schuhe, ist das fein, aber wenn der Täter auch nur ein bisschen Grütze in der Rübe hat, wird der seine Sneaker sofort wegschmeißen. Deshalb haben wir das auch an die Presse gegeben. Wer jemanden kennt, der Turnschuhe Größe 43 trägt und gerne mal mit einem Samuraischwert oder so was rumläuft, der soll sich melden.“
„ Oh je, da werden eure Telefonleitungen zusammenbrechen.“ Sven stand auf. „Ich lass dich dann mal alleine, hab noch was vor. Ich wünsch dir viel Erfolg.“
Als er weg war, rief Lisa noch bei Christiane an und verabredete sich mit ihr für morgen früh, um sie über den Fall Nielsen auszufragen. Vermutlich gab es keinen Zusammenhang mit Krumms Mord, aber das war eine der wenigen Dinge, die den Mann zu etwas Besonderem gemacht hatten, und damit einfach interessant.
Lisa ging zurück zum Tisch und trank den kalten Tee aus. Was für ein Tag. Interessant, aufregend, kurios, peinlich, traurig und erschreckend, alles in einem. Das war wirklich nicht mehr zu überbieten.
„ Maaaaaaauuuuuuuuu...“
Was?
„ Maauuuuuuuu, maaauuu, maauu...“
Okay, schon gut. Diese verdammte Katze wieder.
Lisa stand auf und öffnete die Balkontür. Da saß sie wieder, auf ihren Hinterpfoten, und sah sie an. Vor ihr lag eine tote Maus, frisch ermordet. Die zweite Leiche des Tages, und auch dieser fehlte der Kopf. Der Unterscheid war nur, dass Krumms Mörder den Kopf nicht gefressen hatte.
„ Dankeschön“, sagte Lisa. „Da mach ich mir ’ne Suppe draus.“
Katze stand auf und strich ihr schnurrend um die Beine. Wie Katzen das so machen.
„ Spar dir das. Ich will hier kein Tier drin haben.“ Lisa wollte wieder reingehen und die Tür schließen, aber es ging nicht. Katze legte sich auf die Schwelle. Lisa wollte sie erst hochheben, aber es ging nicht. Diesmal ging es irgendwie nicht.
„ Jetzt geh halt“, brummte Lisa.
Katze blieb.
„ Dann
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