Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)
worden.“
„ Typisch Islam“, tönte Lisa gekünstelt, „da sieht man’s mal wieder! Und solche Leute leben mitten unter uns, die muss man ganz schnell abschieben, schon bei Verdacht, aber flott!“
Fabian schob die Zeitungen zusammen. „Hoffmann hat sie mitgebracht. Er ist ein ziemlicher Presse-Freak.“
„ Wahrscheinlich spielt er denen Informationen zu, um sich ’ne gute Lobby zu verschaffen. Ein Mann geht seinen Weg.“
„ Ich meine, die Presse soll ja über Morde berichten, aber wenn der Mord an einem Mitmenschen zum Gegenstand der Unterhaltung wird, dann läuft wohl ein bisschen was schief.“
„ Du klingst wie mein Nachbar Sven“, lachte Lisa.
„ Der pazifistische Öko-Freak, den du erwähnt hast?“
„ Er ist kein pazifistischer Öko-Freak!“
„ Ist er Pazifist?“
„ Ja...“
„ Ist er umweltbewusst?“
„ Und ob...“
„ Trägt er Hosen aus Hanf?“
„ Manchmal, schon...“
„ Er ist ein pazifistischer Öko-Freak.“
Fabian war sehr zufrieden mit seiner Analyse. Lisa fühlte sich berufen, Sven in Schutz zu nehmen.
„ Er ist ein lieber, verantwortungsbewusster Kerl. Ganz im Gegensatz zu manch anderem.“
„ Meinst du etwa mich?“
„ Ich sehe hier sonst niemanden außer dir.“
„ Ich bin vielleicht nicht lieb, aber auch verantwortungsbewusst. Zumindest ab und zu, wenn sich die Gelegenheit ergibt.“
„ Weißt du, wie er dich bezeichnet?“
„ Als unglaublich heißen Hengst mit süßem Arsch und Eiern in der Größe von Tennisbällen?“
„ Fast. Erzkonservativer Macho-Bulle.“
„ Der kennt mich doch gar nicht. Frechheit.“
„ Also wirklich“, tönte Lisa, „wie kann er es wagen, so was von Vorurteil!“
„ Bin ich in deinen Augen ein erzkonservativer Macho-Bulle?“
„ Bist du ein Bulle?“
„ Logo.“
„ Hast du vor, dich mit einer Frau langfristig zu binden?“
„ Sicher, wenn ich fünfzig bin. Bis dahin...“
„ Danke. Bist du für die Todesstrafe?“
„ Nein.“
Lisa sah auf. Sie war überrascht.
„ Nein?“
„ Todesstrafe ist Quatsch. Überhaupt das Prinzip der Abschreckung, an so was glauben nur Idioten.“
Lisa lächelte ihn an, er lächelte zurück.
„ Na schön“, sagte Lisa, „dann bist du nur ein Macho-Bulle.“
„ Danke sehr.“
„ Und, Macho-Bulle, was machen wir heute Hübsches?“
Fabian gab ihr einige Papierseiten.
„ Also der Erkennungsdienst ist so gut wie fertig, wir können heute Vormittag in die Wohnung. Lamprecht bleibt bei seinen bisherigen Angaben, seinen Endbericht gibt’s spätestens heute Abend, vielleicht auch erst morgen früh. Ich glaube nicht, dass wir da viel Neues erfahren.“
„ Okay“, murmelte Lisa. „Dann bleiben uns jetzt erst einmal die beiden Vergewaltiger, um die Spur abzuschließen. Sollen wir uns auch im Stricher-Milieu umschauen?“
„ Das hättest du wohl gerne“, grinste Fabian. „Nein, das machen die Kollegen von der Sitte für uns. Ich hab denen schon alle wichtigen Daten gegeben. Du gehst nachher in Krumms Wohnung, und ich palaver inzwischen mit den beiden Ärschen. Die hausen im selben Wohnblock in Marzahn, die hab ich schnell durch. So kommen wir schneller voran, okay?“
Lisa nickte. „Gut.“
„ Ich weiß was du denkst“, sagte Fabian, lockerer werdend, „aber ich mache das nicht, um dich zu schonen. Mir tun nur die beiden Typen leid, wenn du ausrastest und sie zusammenschlägst.“
„ Du kennst mich einfach zu gut“, versetzte Lisa.
„ Nicht so gut wie ich’s gern hätte“, schloss Fabian und ging zu Tür. Er drehte sich noch einmal um. „Aber ich glaube, du bist gar nicht so tough wie du immer tust.“
Lisa sah ihn an und zog einen Schmollmund. „Bin ich doch. Bin ich doch, bin ich doch, bin ich doch. Jawohl!“
Fabian zog die Tür zu.
Zwölf
Kriminalhauptkommissarin Christiane Schneider hatte im LKA einen Ruf wie Donnerhall. Die korpulente 40jährige kannte jeder, und irrwitzigerweise wurde sie von jedem gemocht. Das war umso erstaunlicher, da sie nun wirklich nicht dem gängigen Klischee des durchschnittlichen Polizeibeamten entsprach. Der LKA-Chef war schon froh, dass sie keine roten Umhänge trug, wie sie früher bei den Sanyasins üblich gewesen waren. Freilich gehörte sie auch gar nicht mehr dazu. Schon vor 15 Jahren hatte sie in einer feierlichen Zeremonie ihre Identität als Osho-Jüngerin abgelegt und trug nur noch bequeme Kleider. Ihre unerschütterliche Gleichgültigkeit gegenüber den Ressentiments ihrer Chefs und
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