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Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)

Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition)

Titel: Halbe Leichen (Ein Lisa Becker Krimi) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Falko Rademacher
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bleib halt da“, seufzte Lisa müde. „Aber ich werde dich nicht füttern, klar?“
    Katze rollte sich zusammen und schlief ein. Lisa nahm sich vor, morgen vielleicht etwas Katzenfutter zu kaufen. Das ganz billige, natürlich. Sie entsorgte die Leiche im Klo.
     

Elf
     
    „ Sie sehen und hören die Presseschau“, tönte Fabian Zonk. Er war großartig gelaunt, was unter den gegebenen Umständen mehr als erstaunlich war. Er hatte eine Auswahl an Zeitungen auf dem Schreibtisch in ihrem Büro ausgebreitet und präsentierte Lisa die Schlagzeilen. Es war ein bemerkenswertes Beispiel kollektiven publizistischen Ausrastens.
    Die bürgerlichen Zeitungen wie die Morgenpost und der Tagesspiegel hielten sich noch vornehm zurück und berichteten von einem „Grausigen Mord in Lichtenberg“, bei dem „die Polizei im Dunkeln tappt“.
    „ Tappst du öfter mal im Dunkeln?“ fragte Fabian seine Kollegin.
    „ Nein, ich tappe nicht einmal im Hellen. Warum soll ich das im Dunkeln tun?“ antwortete Lisa kaffeeeingießenderweise.
    Der Kurier kam nicht umhin, ein „Massaker im Schlafzimmer“ zu konstatieren – die Phantasie, mit der die Redakteure auch in die asexuellsten Themen noch irgendwie was Schlüpfriges einzubauen vermochten, schien unerschöpflich. Die Bild versuchte es mal anders. „Ritualmord in Berlin“ war das Thema der Stunde. Wie es schien, gab es Hinweise, dass eventuell Mitglieder einer „internationalen Terrorvereinigung“ für den Mord an Fritz K. verantwortlich seien. Aus anonymen Quellen gehe hervor, dass K. in Waffenschiebergeschäfte verwickelt gewesen sei und nun als Mitwisser liquidiert wurde, weil er gedroht hatte, auszupacken.
    „ Anonyme Quelle?“ brummte Lisa. „Warum schreiben die nicht einfach ‚wie wir uns aus dem Arsch gezogen haben’, das dürfte eher hinkommen.“
    „ Aber sieh doch“, meinte Fabian, „die haben ja schließlich hinter ‚Ritualmord in Berlin‘ ein Fragezeichen gesetzt. Ergo ist das keine Behauptung, sondern nur eine Vermutung, und vermuten darf man schließlich alles. Die könnten auch schreiben ‚Jürgen Trittin Stammkunde im Kinderbordell?’, und es gäbe höchstens eine kleine Rüge vom Presserat.“
    „ Die sie nicht drucken“, ergänzte Lisa.
    „ Der Volksmund ist aber mein Liebling“, grinste Fabian.
    Blutrot war die Schlagzeile, zusammen mit einem Foto von Krumms abgetrennten Kopf. Natürlich war es kein Foto von der Leiche, dazu hatte kein Pressevertreter die Gelegenheit bekommen. Stattdessen hatten die werten Journalisten ein Bild des Mordopfers aufgestöbert, den Kopf ausgeschnitten und das ganze noch hübsch mit Blutflecken verziert. Vor die Augen hatte man freilich einen schmalen schwarzen Balken geschoben – aus Respekt vor der Würde des Toten. „Rübe ab!“ schrie der Volksmund. Darunter kam dann „Bahnfahrer im Bett geköpft – Tat eines Wahnsinnigen oder Racheakt?“ Charlie Sander war in Hochform. Nicht nur die ausführliche Beschreibung des Tatorts und der Leiche (beides hatte er nicht gesehen) gerieten äußerst anschaulich – so anschaulich, dass Kinder nach der Lektüre wohl zum Therapeuten gehen mussten. Auch die traumwandlerische Sicherheit, mit der Sander eine direkte Beziehung zum „halbiranischen Ehepaar N.“ in Britz herstellte, war beeindruckend. Wie es schien, hatte er auch versucht, mit den Nielsens zu sprechen, und die Antwort von Georg Nielsen musste ziemlich drastisch ausgefallen sein. Nach Angaben von Sander benahm der sich „äußerst unkooperativ“, um nicht zu sagen „emotional“, wenn nicht gar „am Rande der Gewalttätigkeit.“ Dieses „brutale Temperament“ des Mannes ließe es „eigenartig erscheinen“, warum sich Hauptkommissar Zonk weigere, ihn als Verdächtigen anzusehen.
    „ Steht da denn gar nichts über mich?“ fragte Lisa ein wenig beleidigt.
    „ Doch“, sagte Fabian, „du bist offensichtlich total überfordert und verstehst überhaupt nicht, wie man eine Ermittlung führt. Der Volksmund meint, du wirkst eher wie eine Hausfrau als wie eine Kriminalkommissarin. Ach ja, und gefühlsdusselig bist du auch.“
    „ Na also, ich wollt’ schon sagen“, grinste Lisa zufrieden. „Was ist das da unter dem Artikel noch für ein Kasten?“
    „ Ganz was feines“, brummte Fabian, „eine Geschichte von vor ein paar Wochen, hat Sander zu dem Kontext noch mal hervorgekramt. Ein Vater im Iran hat seine siebenjährige Tochter geköpft, weil er geglaubt hat, sie sei von ihrem Onkel vergewaltigt

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