Hale 1 Piraten der Liebe
An der Taille wurde es von einem grünen Seidenband gehalten, das auf dem Rücken zu einer üppigen Schleife gebunden war. Passende kleine grüne Schuhe und einen flachen Hut hatte sie auch dazu. Der Hut verlieh dem Ganzen genau das sogenannte Tüpfelchen auf dem I, dachte sie, als sie ihr Bild in dem langen Spiegel an der Innenseite der Schranktür bewunderte. Die leichte grüne Farbe des Hutes hob ihr goldenes Haar hervor und ließ ihre Augen noch blauer erscheinen. Die einfache Machart des Kleides lenkte die Aufmerksamkeit auf ihre schmale Taille und die runden Kurven über und unter ihr. Sie war sich sicher, daß Jon davon überwältigt sein würde. Auch das war ein notwendiger Teil ihres Plans.
Während dieser Nacht hatte er sie noch zweimal geliebt. Wenn sie ehrlich war, mußte sie zugeben, daß er recht hatte: Es wurde immer besser, je länger man es tat. Aber das Wissen, daß er ihren Körper benutzen konnte, wann immer er es wollte, ärgerte sie immer noch. Ihr Stolz verlangte danach, ihn auf den Knien zu sehen. Und wenn er sich in sie verliebte, würde das am ehesten passieren. Sie wußte es genau.
Es war schon nach Mittag, als Cathy hinauf an Deck ging, und die Sonne brannte in senkrechter Linie herunter. Sie mußte in dem gleißenden Licht einen Moment lang die Augen schließen. Dann hob sie ihr Gesicht der Sonne entgegen und genoß die Hitze auf ihrer Haut. Als sie die Augen wieder öffnete, blickte sie in einen strahlendblauen Himmel, der mit kleinen weißen Wölkchen übersät war. Eine milde Brise kühlte die Luft. Die >Margarita< schaukelte so sanft wie eine Wiege auf und ab, und ihre Takelage bewegte sich leicht im Wind an den knarrenden Masten. Cathy fühlte sich plötzlich wunderbar. Es war gut, wieder draußen und am Leben zu sein!
»Lady Catherine.«
Cathy drehte sich um und stand dem jungen Mann gegenüber, der ihr zu Anfang, als sie an Bord der >Margarita< gebracht worden war, seine Hilfe verweigert hatte. Ihre gute Laune verschwand ein wenig. Seine Gegenwart war eine nagende Erinnerung daran, daß sie nach allem immer noch Gefangene auf diesem Schiff war. Sie war den Anordnungen und dem guten Willen des Kapitäns somit ausgeliefert. Bei diesem Ge-danken hob sie ihren Kopf, und ihre Augen blitzten. Nicht mehr lange, schwor sie sich.
»Meine Dame, Komplimente und all das vom Kapitän, und Sie möchten doch bitte zu ihm auf das Achterdeck kommen. Er sagt, daß die Luft da oben für eine junge Lady gesünder ist.«
Cathy blickte hochmütig auf ihn herab. Er war nicht annähernd so besorgt um ihre Gesundheit gewesen, als er das letzte Mal mit ihr gesprochen hatte. Er hatte sie im Gegenteil direkt in die Höhle des Löwen geschickt! Aber mittlerweile wußte sie, daß dieser Löwe sehr viel Macht hatte. Und der Schutz des Löwens erlaubte es ihr, niedere Kreaturen wie den Mann, der vor ihr stand, zu ignorieren.
Sie drehte sich angelegentlich um, so als ob sie plötzlich von akuter Taubheit befallen wäre. Ihre Augen wanderten nachdenklich über das Deck. Die Männer hatten alle ihre verschiedenen Tätigkeiten niedergelegt und starrten sie an, wie eine Meute von Hunden einen besonders saftigen Knochen anstarren würde. Cathy erschauerte unter so vielen gierigen Augen. Es bestand kein Zweifel daran, was in ihren Köpfen vorging! Sie war sicher, daß diese Männer sie wie ein Stück Zucker herumgereicht hätten, wenn sie nicht unter Jons Schutz gewesen wäre. In Anbetracht solcher Möglichkeiten erschien ihr das tatsächliche Schicksal beinahe erträglich.
»Meine Lady«, hob Harry nochmals verzweifelt an, als ihn ein wütendes Gebrüll vom Achterdeck unterbrach.
»Harry! Hör auf, da unten zu trödeln und komm sofort herauf. Die übrigen Männer gehen zurück an die Arbeit! Ihr habt noch genug Zeit für Flirts, wenn wir den nächsten Hafen angelaufen haben.«
»Jawohl, Käptn, das haben wir. Aber die Frage ist, ob wir dort ein so außergewöhnlich hübsches Exemplar fin-den werden! Mit einem Tiger zu schlafen ist verdammt viel besser, als mit einer zahmen Katze im Bett zu liegen, nicht wahr, Jungs?«
Der Witz wurde von Beifall und Lachern gefolgt. Sogar Jon lachte, was Cathy irritiert bemerkte, als sie ihr gerötetes Gesicht in seine Richtung wandte. Wilde Tiere waren sie alle hier! Ihre Brutalität und Obszönität machten sie beinahe krank! Offensichtlich hatten die Männer genau erkannt, was der Grund für die Wunden in Jons Gesicht gewesen war, und sich einige Zeit lang darüber
Weitere Kostenlose Bücher