Hale 1 Piraten der Liebe
schleuderten Blitze.
»Im Moment ja. « Jetzt war es Jon, der lieber das Thema fallenlassen wollte. Er nahm seine Karten wieder auf und versuchte Cathy in die Geheimnisse des Spiels >21 < einzuweihen. Cathy erlaubte diesen Themawechsel, behielt aber das Gespräch im Kopf. War es möglich, daß sich ihr starker Piratenkapitän langsam in sie verliebte? Der Gedanke erwärmte und erregte sie so sehr, wie sie es nie für möglich gehalten hatte. Wenn Jon sie liebte, hatte sie ihn genau dort, wo sie ihn haben wollte. Nämlich zu ihren Füßen! Von Zeit zu Zeit würde sie sogar einen Kuß erlauben. Aber nicht mehr. Kapitän Hale hatte immer noch eine Menge darüber zu lernen, wie man sich einer Lady gegenüber verhielt! Sie feixte bei dem Gedanken, daß ihr lustvoller Pirat gezwungen wäre, sich mit den keuschen Gewohnheitsküßchen, die in der höfischen Gesellschaft erlaubt waren, zu begnügen. Das würde ihm gar nicht gefallen! Nun, vielleicht würde sie nachgeben, wenn er genügend darum gebettelt hatte...
»Du siehst aus wie eine Katze, die gerade einen ganzen Topf Sahne geschleckt hat«, bemerkte Jon nebenbei und riß sie damit aus ihrer Träumerei, »sag nur, woran denkst du?«
»An 21 natürlich«, antwortete Cathy keck und rümpfte die Nase. Ihre fantastische Vision hatte sie wieder in gute Stimmung versetzt. »Was denn sonst?«
»Ja, natürlich, was denn sonst?« fragte er geheimnisvoll und wandte sich dann wieder seinen Karten zu. Das Thema war endlich vom Tisch.
Seitdem er wieder bei Bewußtsein war, war Jon ein schwieriger Patient. Bisweilen war er furchtbar spöttisch, und dann wieder tobte er, weil er nicht aus dem Bett konnte, um die einfachsten Dinge selbst zu erledigen. Er weigerte sich einfach, sich noch einmal von Cathy füttern zu lassen. Wenigstens war es unvermeidlich, daß sie das Fleisch zerkleinerte, bevor er es in den Mund nehmen konnte. Das ärgerte ihn ganz beträchtlich, und er reagierte seinen Ärger an Cathy ab. Seine unfreundlichen Bemerkungen regneten wie Pfeile auf sie herab, während sie ihm half. Cathy gelang es, ihre natürlichen Impulse zu unterdrücken. Sonst hätte sie ihm wohl gesagt, daß er doch zum Teufel gehen solle. Aber sie wußte, daß seine erzwungene Hilflosigkeit an ihm nagte wie ein schmerzender Zahn. Auch wenn sie sich gelegentlich sehr zusammennehmen mußte, ging sie freundlich mit ihm um. Sie bot ihm auch an, daß entweder sie selbst oder Petersham ihm beim Rasieren und Baden behilflich sein würden, falls er es wünschte. Er erlaubte ihr sogar, ihm beim Baden zu helfen, was er immer noch Petershams Hilfe vorzog.
Als er sich einmal weigerte, sie die Verbände auf seinen Wunden wechseln zu lassen, sagte sie ihm geradeheraus, daß er sich wie ein schmollendes Kind verhielte. Auf seinen Wangen breitete sich eine ärgerliche Röte aus. Er schien etwas antworten zu wollen, denn er öffnete seinen Mund. Dann besann er sich aber eines anderen und ließ es zu, daß sie seine Verbände wechselte und ihm seine Tabletten gab. Später küßte er wieder ihren Ellenbogen. Cathy sah ihn an, seufzte und vergab ihm.
Unter Doktor Sandoz' Überwachung ließ er sich gerade noch behandeln. Sobald die >Margarita< jedoch wieder auf hoher See war, wurde er zu einem selbstbezogenen Wüterich. Mit Rücksicht auf Petershams Schamgefühl hatte Cathy ihn dazu überredet, eines von den Nachthemden anzuziehen, die er so verachtete. Grimmig willigte er ein, beklagte sich dann aber darüber, wie unwohl er sich in diesen lästigen Dingern fühlte. Cathy war es mittlerweile fast schon egal, ob er nackt war oder nicht. Das einzige Mittel, das sie noch in der Hand hatte, um ihn zu bändigen, war die Drohung, daß sie ihn Petershams Gnade überantworten würde. Davon wollte er nichts hören. Er wollte sie ununterbrochen an seiner Seite haben. Sie sollte für ihn lesen, mit ihm Karten oder Schach spielen, reden, oder einfach nur dasein. Ab und zu konnte sie sich für knappe fünfzehn Minuten an Deck begeben, weil er kurz eingenickt war.
»Du siehst blaß aus, Cathy«, sagte Harry ihr eines späten Nachmittags mit Betroffenheit, als sie zu ihm auf das Achterdeck kam. Die >Margarita< war jetzt seit mehr als einer Woche wieder auf See. Das Schiff bewegte sich mit einem starken Wind im Rücken sehr schnell durch die sanft rollenden Wellen. Cathy sog die salzige Luft ein, bevor sie antwortete.
»Ich muß zugeben, daß ich mich auch ein wenig elend fühle. « Sie lachte Harry zwinkernd zu. »Jon ist
Weitere Kostenlose Bücher