Hallo, Fräulein!: Winterzauber (German Edition)

auf den heißen Typ zu lenken. Mit dieser Macke verrät man sich im Freundeskreis immer am schnellsten.«
    »Ich bin eindeutig liebeskrank und dabei kenn’ ich ihn wirklich noch nicht sonderlich gut. Ich wollt’ ihn gestern zum Abschied nicht einmal auf den Mund küssen, da wir uns den ganzen Abend so prächtig unterhalten haben und ich nichts falsch machen wollte.«
    »Na, das hört sich doch prima an. Wer weiß: Vielleicht bist du eine der wenigen, die das ganz große Los gezogen und die tatsächlich den dazugehörigen Deckel zum Topf gefunden haben. Liebe auf den ersten Blick. Das soll’s wirklich geben.«
    »Er hat gesagt, er ruft mich an.«
    »Die Viertagesfrist läuft demnach seit gestern?«, stellt Caro objektiv fest. »Und, hat er sich schon gemeldet?«
    (Tja, die berühmt berüchtigte Viertagesfrist: Ruft der auserkorene Adonis innerhalb dieses Zeitrahmens an, so ist er definitiv an einem interessiert. Sollte er dies jedoch unterlassen: Abhaken und aus dem Gedächtnis canceln!)
    »Nein, leider nicht, aber ihm bleiben ja noch drei Tage! So, und nun lass uns endlich über dich und deinen nachbarlichen Loverboy sprechen«, schwenke ich rasch um, da mich das ewige Thema um das Warten auf ein Telefongespräch doch einigermaßen verunsichert.
    »Tja, ich werde aus Kurt irgendwie nicht schlau.«
    »Schätzchen, er ist ein Mann – niemand wird aus diesen verschrobenen Geschöpfen schlau«, entgegne ich trocken (und fast schon wieder ein bisschen zynisch).
    Eine Stunde später haben wir die Verhaltensmuster von Kurt eingehend besprochen, studiert, zerlegt, wiederum zusammengepuzzelt und sind: Nicht viel schlauer als vorher (aber meistens hilft es schon, wenn man über die Schrullen des Aktuellen sprechen kann).
    »Ziehen wir kurz Bilanz: Er will dich, er will dich dann doch wieder nicht. Er hat Angst vor zu viel Nähe und zieht in regelmäßigen Abständen den Schwanz ein. Er war sechs Jahre verheiratet und hat einen kleinen Sohn. Er ist vierunddreißig und lebt seit zwei Jahren als Single«, stelle ich flüchtig zusammen und Caro nickt mir dabei bejahend zu.
    »Er hat eindeutig einen Beziehungsknacks. Für Kurt wäre es am besten, wenn er sich ein junges Häschen anlachen würde, das er dann ganz nach seinen individuellen Wünschen formen und biegen, vielleicht sogar sachgemäß abrichten könnte.«
    »Gute, nachvollziehbare Analyse. Du fällst nur nicht mehr in diese Kategorie. Tut leid«, gebe ich schulterzuckend zurück.
    »Ach, vielleicht können wir ja Freunde bleiben.«
    (Ein überaus beliebter Satz, nicht wahr?)
    »Oh, bestimmt!«, erwidere ich sarkastisch. »Na, dann! Auf eine gute, sorgenfreie und friedliche Nachbarschaft!«
    »Prösterchen! Auf die Zukunft und ihre Überraschungen.«
    »Oh, jetzt müssen wir aber Meter machen, sonst kommen wir hoffnungslos zu spät.«

... In die Spieltanzschule, wo die angefutterten Nudeln sofort wieder konsequent abgearbeitet werden.
    Nach den 90-minütigen Quälereien verabschieden wir uns voneinander und begeben uns schnurstracks auf den Weg nach Hause. An meiner Wohnungstür finde ich ein Postit von Riccardo vor.
     
     
    Hallo, ihr beiden Herzallerliebsten!
    Wollten euch nur vom Besuch meiner Mutter in knapp zwei Monaten in Kenntnis setzen. (Das ist das Wochenende um den 21. und 22. Februar.)
    Falls dieses Datum für euch ein Problem darstellen sollte, dann lasst es uns bitte rechtzeitig wissen.
     
     
    Viele Küsse und bis bald
    R & R
     
     
    Aha, es ist wieder so weit! Einmal im Jahr kommt Riccardos Mutter Kunigunde aus Berlin zu Besuch. Da er nicht will, dass sie von seiner homosexuellen Beziehung zu Raffael erfährt, spiele ich in diesen Tagen immer seine Dauerfreundin und Nike jene von Raffael. Wir durften bereits zweimal in diese Rolle schlüpfen und bislang waren unsere Auftritte einwandfrei. Ich bin dabei fürs Wochenende zu Riccardo gezogen und Raffael wechselte ebenso das Revier und zog kurzerhand bei Nike ein. Um diese flotte Maskerade jedoch aufrechterhalten zu können, müssen uns die Burschen immer rechtzeitig über die herannahende Stippvisite Bescheid geben, damit wir diese speziellen Tage in den Kalendarien unserer Arbeits- und Wirkungsstätten als Dringend FREI erforderlich eintragen können.
    Nun, dieses Wochenende wird bestimmt wieder überaus abwechslungsreich und vergnüglich werden. Unsere beiden vermeintlichen Lover laden uns und Mama Kunigunde zumeist in ein schickes Restaurant ein und davor steht immer ein Ballett- oder Theaterabend