Hallo, Fräulein!: Winterzauber (German Edition)
und seelische Ausgangslage vor der Arbeit:
Sehr gut bis ausgezeichnet. Tja, ich gehe sogar so weit, dass ich behaupte: rundum happy!
Oh, ich sollte den Mund nicht so voll nehmen! Ich sollte den Tag nie und nimmer vor dem Abend loben! Dabei hat alles so nett angefangen. Ich wollte mir heute zur Feier des Tages (da ich ja augenscheinlich eine vom Glück begünstigte bin), vor Arbeitsbeginn einen frischen Fruchtsalat und ein Vollkornweckerl mit Liptauer und Grünzeugs vom Bio-Laden gönnen.
So weit, so gut!
Ich hortete also gerade im Office meinen Imbiss, als das wütende und schnaubende Stimmchen unserer geschätzten Frau Rottmayer unaufhaltsam zu meiner beseelten Ohrmuschel vordrang. Sie plärrte dabei irgendwo in der unmittelbaren Nähe zu mir und meinem Corpus Delicti herum. (Die Devise in diesem Fall lautete: Die Spuren der Tat beziehungsweise des Frühstücks umgehend irgendwo verschwinden lassen. Hier sei angemerkt: Der Verzehr von Speisen ist für unsereins ausdrücklich im Personalraum im Keller gestattet. An dieser Stelle muss ich nicht erst erwähnen, dass es natürlich im höchsten Maß verboten ist, außerhalb dieses Bereiches etwas zu schnabulieren.) Ich vermute, dass sie gerade in der Küche wütete. Ich reagierte auf die lebensbedrohliche Situation hervorragend: Zuerst verfrachtete ich den Imbiss in meine Schublade, danach hievte ich die frechen Früchtchen auf den Kasten und schon war ich der untrüglichen Meinung, dass ich mich voll und ganz auf den herannahenden Tornado konzentrieren konnte.
»Das ist ja wohl die Höhe! Hier ... ja sehen Sie denn diesen Dreck nicht? Wie lange ist diese Stelle schon nicht mehr gereinigt worden?«
»Ich nix wissen!«
»Ah, nix wissen, also!«, bemerkte Frau Rottmayer stichelnd. »Immer die gleiche Antwort. Ich verlange, dass alles in diesem Umkreis bis zum Abend gereinigt ist, und zwar picobello! Haben Sie mich verstanden?«
»Kein Problem!«, bestätigte ihr Hassan, unser Musterbeispiel für einen fleißigen Abwäscher (ausnahmsweise nicht ironisch gemeint) geflissentlich.
»Das will ich hoffen, sonst gibt’s Problem mit mir!«
So, nun schritt das schreiende und tobende Weibchen in die nächste Abteilung. Auch dort hielt sie eine Laudatio für die Sauberkeit am Arbeitsplatz ab. Die Worte »Bis heute Abend« fielen beinahe in jedem Satz, was mir unwillkürlich Anlass zur Spekulation gab.
Warum musste ausgerechnet bis heute Abend alles einwandfrei geputzt sein? Wo gearbeitet wird, da fallen bekanntlicherweise auch Späne!
Die Antwort darauf war dennoch leicht zu erraten: Entweder stand eine Kontrolle des Gesundheitsamtes bevor, aber diese Brigade rückte sicherlich nicht am Samstag oder Sonntag an und schon gar nicht an einem Weihnachtswochenende.
Oder aber - was eigentlich schlimmer war - die erhabenen Herrscher (sprich Eigentümer einer gut gehenden Hotelkette, woran unser Haus auch angekoppelt ist), welche aus Madam und Signore Gassner mitsamt ihren drei Kindern Leopoldine, Heinrich und Felix jun. bestand, hatten ihren Besuch angekündigt. Wenn diese Mischpoche drei- bis viermal im Jahr vorbeischneite, dann kam es seitens der Direktion andauernd zu solch tumultartigen Szenen, die fortwährend einhergingen mit dem hysterischen Befehlston unseres Generalstabchefs in Form der Miss Rottmayer.
Dass der werte Familienclan aber auch ausgerechnet immer zu jenen Zeiten in Erscheinung treten musste, wenn’s sowieso allerorts drunter und drüber ging! Können denn die Herrschaften nicht nach dem Rechten sehen, wenn’s im Haus etwas ruhiger ablief? Ach, ich einfältiger Tor, was dachte ich mir da bloß: Dann wären ja vermutlich keine VIPs und Promis im Hotel und Madam Gassner müsste auf ihre so schätzenswerte Bussi-Bussi-Gesellschaft verzichten.
Frau Rottmayer wechselte hingegen ihr Schrei- und Brüllrevier und begab sich nun geradewegs ins Kaffeehaus. Als ich ihre gummisohlenbeschichteten Flachtreter(das ist eine ihrer gefährlichsten Marotten, denn ihre Untertanen können sie so – zumindest wenn sie nicht gerade herumbrüllt - einfach nicht ausmachen) im Türrahmen unseres Reiches erspähte, drückte ich gerade geschäftstüchtig den Umsatzreport heraus. »Wie viele sind derzeit im Dienst?«, knurrte sie mich bissfreudig an.
»Guten Morgen, Frau Rottmayer«, trällerte ich ihr zu und führe dabei mein falsches Lächeln spazieren. »Vier Chefs und zwei Commis!«, antwortete ich ihr bündig.
»Ist Frau Bogner 31 zugegen? Ich möchte, dass heute
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