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Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan

Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan

Titel: Hals über Kopf: 9. Fall mit Tempe Brennan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kathy Reichs
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unseren Kerl ins System eingibt, wie hoch sind dann die Chancen, dass wir einen Treffer landen? Um nach den neuen Vorschriften einen Erwachsenen als vermisst in die Datenbank eingeben zu können, muss die Person behindert sein, ein Katastrophenopfer, verschleppt oder entführt, gefährdet –«
    »Was soll das heißen?«
    »Vermisst in der Gesellschaft eines anderen unter Umständen, die darauf hindeuten, dass seine oder ihre körperliche Unversehrtheit in Gefahr sein könnte.«
    »Also kommen jede Menge Vermisste überhaupt nicht in die Datenbank? Unser Kerl hat es vielleicht gar nicht in den Computer geschafft, als er verschwand?«
    »Dahinter steht der Gedanke, dass sich viele vermisste Erwachsene einfach aus eigenem Entschluss aus dem Staub machen. Ehegatten, die mit ihrer Geliebten die Stadt verlassen. Betrogene Ehefrauen, die sich nach was anderem umsehen. Habenichtse, die ihren Gläubigern entkommen wollen.«
    »Die durchgebrannte Braut.« Ich bezog mich auf einen Fall, der unlängst in den Medien breitgetrampelt worden war.
    »Und solche Spinner bestimmen dann das Denken.« Emma streckte die Füße aus und lehnte sich zurück. »Aber es stimmt ja. Die allermeisten vermissten Erwachsenen sind einfach Leute, die ihrem Leben entfliehen wollen. Dagegen gibt’s kein Gesetz, und wenn man die alle in die Datenbank eingeben würde, wäre das System bald überlastet.«
    Emma schloss die Augen und lehnte den Kopf an die Wand.
    »Ich habe da meine Zweifel, dass dieser Kerl einfach so abgetaucht ist«, sagte ich und drehte mich zu der Bahre um. »Schau dir mal das an.«
    Ich suchte eben die betroffenen Wirbel heraus, als ich eine Bewegung hörte und dann ein entsetzliches Krachen.
    Ich wirbelte herum.
    Emma lag zusammengekrümmt auf dem Boden.

8
    Emma war auf dem Schädeldach gelandet. Ihr Rücken war gekrümmt, Hals und Gliedmaßen waren eingeknickt wie die Beine einer von der Sonne ausgetrockneten Spinne.
    Ich lief zu ihr und drückte ihr zwei Finger an den Hals. Der Puls war gleichmäßig, aber schwach.
    »Emma!«
    Sie reagierte nicht.
    Ich drehte sie behutsam auf die Seite, so dass ihre Wange auf den Fliesen zu liegen kam. Dann rannte ich in den Korridor.
    »Hilfe! Ich brauche medizinische Hilfe!«
    Eine Tür öffnete sich, und ein Gesicht tauchte auf.
    »Emma Rousseau ist zusammengebrochen. Rufen Sie einen Notarzt.«
    Brauen schnellten in die Höhe, der Mund wurde rund.
    »Sofort.«
    Das Gesicht verschwand. Ich rannte zu Emma zurück. Sekunden später stürzten zwei Sanitäter in den Raum. Während sie Emma auf eine Trage luden, bestürmten sie mich mit Fragen.
    »Was ist passiert?«
    »Sie ist zusammengebrochen.«
    »Haben Sie sie bewegt?«
    »Nur zur Seite gedreht, damit die Luftröhre nicht blockiert wird.«
    »Medizinische Probleme?«
    Ich zwinkerte und schaute ihn nur an.
    »Nimmt sie irgendwelche Medikamente?«
    Ich kam mir hilflos vor. Ich hatte keine Ahnung.
    »Aus dem Weg, bitte.«
    Ich hörte das Quietschen von Gummireifen auf Fliesen. Ein leises Knarzen.
    Dann fielen die Türen des Autopsiesaals zu.
     
     
    Emma hatte die Augen geschlossen. Ein Schlauch führte von ihrem linken Arm zu einem Infusionsbeutel über ihrem Kopf. Der Schlauch war mit weißen Klebestreifen befestigt, deren Farbe kaum anders war als die von Emmas Haut.
    Diese Frau war immer ein Energiebündel gewesen, eine Naturgewalt. Jetzt nicht. In ihrem Krankenbett sah sie klein und zerbrechlich aus.
    Ich schlich auf Zehenspitzen zu ihrem Bett und nahm ihre Hand.
    Emma öffnete die Augen.
    »Tut mir Leid, Tempe.«
    Ihre Worte überraschten mich. War denn nicht ich diejenige, die sich entschuldigen musste? War nicht ich diejenige, die Emmas Symptome ignoriert hatte?
    »Ruh dich aus, Emma. Wir reden später.«
    »Non-Hodgkin-Lymphom.«
    »Was?« Ein Reflex. Verdrängung. Ich wusste genau, was Emma meinte.
    »Ich habe ein Non-Hodgkin-Lymphom. NHL. Was in dem Fall nicht National Hockey League heißt.« Ein schwaches Lächeln.
    »Seit wann?«
    »Eine Weile.«
    »Wie lange ist eine Weile?«
    »Ein paar Jahre.«
    »Was für ein Typ?« Blöde Frage. Ich wusste so gut wie nichts über Lymphome.
    »Nichts Exotisches. Diffuses, großes B-Zellen-Lymphom.« Mechanisch, als hätte sie diese Begriffe schon tausendmal gehört oder gelesen. Mein Gott, wahrscheinlich hatte sie das.
    Ich schluckte schwer. »Bist du in Behandlung?«
    Emma nickte. »Ich war schon auf dem Weg der Besserung, aber dann gab’s einen Rückfall. Ich bekomme Chemotherapie auf

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