Halsabschneider. Kadir Bülbüls erster Fall
reichlich.«
»Dann
nimm mal gleich die Angestellten mit ins Boot, all diese Türken, Filipinos und
was weiß ich, was hier noch so rumläuft!«, rief Dieter.
»Natürlich
müssen wir auch an das Hotelpersonal denken, denn die hätte unsere Empfangsdame
noch weniger registriert, da hätte ein kurzer Blick auf die Uniform oder eine
Küchenschürze genügt, um sie davon zu überzeugen, dass alles in Ordnung ist.
Kommen wir nun zur Waffe – auch hier stehen wir alle unter Generalverdacht,
denn jeder, der einmal die Toilette am Pool benutzt hat, weiß, dass dort in
einer Kammer die Gartengerätschaften aufbewahrt werden. Und da die Tür aus
Nachlässigkeit oder absichtlich meist offen steht, konnte auch jeder mal einen
Blick riskieren. Ich beispielsweise habe es getan, alldieweil ich in Hamburg Rahlstedt
einst einen Kleingarten mein Eigen nannte und einfach neugierig war, was man
hierzulande für Werkzeug benutzt. Den Draht habe ich durchaus bemerkt, weil ich
eine solche Gerätschaft nicht kannte.«
»Nun
denn, dann haben wir ja schon unseren Mörder: Herbert hat sich soeben selbst
entlarvt!«
Dieter
wieherte und schob sich den Rest seines Kuchens mit beiden Händen in den Mund.
Herbert Schmalfuß beobachtete besorgt, wie er nach seinem Bier griff und die
Kuchenmasse in seinem Mund mit der Flüssigkeit aufweichte. Er hatte, dachte
Schmalfuß und wandte den Blick ab, zwar schon so manch schlimme Wunde und so
manch übel zugerichtete Leiche gesehen, aber nie würde er sich an den Anblick
von Menschen gewöhnen, die gleichzeitig aßen und tranken.
»Also,
wenn Ihr mich fragt, Leute.«, setzte Matuschke an und starrte auf die
spielzeuggroße Silhouette eines Kriegsschiffes, das am Horizont langsam wie von
einer Schnur gezogen über das Meer glitt.
»Wenn
ihr mich fragt, und ich muss sagen, ich hab echt lange drüber nachgedacht,
schließlich bin ich ja eine wesentliche Figur in diesem Fall und hab ein
ureigenstes Interesse, dass die Kuh vom Eis geschoben wird.«
Er
stockte und klopfte sich mit der Bierflasche auf die Brust, als wollte er einen
Nagel in die Wand hämmern.
»Ich
sehe das so, dass ein paar Teenager sich einen Jux erlaubt haben. Die kommen
doch heutzutage auf die dämlichsten Ideen, Sachen, bei denen mir mein Vater als
Kind eine Schweinshaxe über den Kopf gezogen hätte. Heutzutage kriegen die
jungen Leute ein sanftes Lächeln und zehn Stunden beim Psychoheini, wenn sie
einem Mitschüler die Turnschuhe klauen und ihn hernach bei lebendigem Leib
begraben oder skalpieren. Der junge Mensch des 21. Jahrhunderts ist eine Ausgeburt
der Hölle, soviel steht fest, und, bei Gott, ich mach drei Kreuze, wenn meine
beiden Mädchen heil durch ihre Pubertät kommen. So sieht’s doch aus. Wer sollte mich denn umbringen wollen? Ich bin doch erst ein paar Tage hier, ich
kenne hier niemanden – außer Euch natürlich, aber was ich sagen will, ist, wer
hasst mich denn nach einer Woche schon so, dass er mich umbringen will? Jaja,
brauchst gar nicht so doof zu lachen, Dieter, ich hab’s kapiert! Und die
Bernadette kannte doch auch niemanden, nicht dass ich wüsste, und dieser junge
Bulle, oder was das war, hat ganz richtig festgestellt, dass niemand so fix
umgebracht wird, nur weil er oder sie eine nervige Person ist. So jemanden
trifft man doch immer mal wieder im Urlaub und dann setzt man sich in sein
Flugzeug, denkt sich: Was für eine olle Schickse und weg ist man und sieht sie nie
wieder. Jedenfalls ... wobei, dich, Herbert, kannte die Bernie schon länger,
Ihr seid euch schon letztes Jahr begegnet, stimmt’s?«
»Aber
auch ich machte Ihre Bekanntschaft nur flüchtig. Es schien mir immer geraten,
mich schnell mit meinem Velo davonzustehlen, wenn ich sie sah. Ihr Ruf eilte
ihr bereits im vergangenen Jahr voraus.«
»Haha,
stimmt, das war die einzige Chance bei Bernie: Flucht nach vorn!« Dieter
schüttelte den Kopf und die Krümel rieselten aus seinem Ziegenbärtchen. »Noch
nie hab ich so ein notgeiles Weib erlebt. Wenn sie ihre roten Krallen in deinen
Arm versenkt hatte, gab’s kein Entrinnen mehr und nachher konntest du dir die
Wunden, die ihre Nägel gerissen hatten, mit Jod abreiben. Also, für mich sieht
das Ganze nicht nach Teenagerspaß aus, sondern nach einem handfesten
Zickenkrieg. Diese hinterhältige Art, einen Draht zu spannen, der dir den Kopp
abreißt – das ist doch Weiberkram, findet Ihr nicht? Das ist wie ... in den
Rücken schießen, unehrlich, nicht so Aug in Auge, duellmäßig, wie wir
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