Halsabschneider. Kadir Bülbüls erster Fall
schafft der Türke im Handumdrehen fort, das verstehe ich nicht!«
Gregor
Matuschke zeigte anklagend mit seiner Kuchengabel auf den Pool. Dort, wo sich
einstmals die Wunderschöne gewunden hatte, hatte die Hotelleitung eilig
einige Palmen in großen Kübel hinstellen lassen; nichts sollte mehr an das
unselige Ereignis erinnern, doch selbstverständlich war es nach wie vor das
beherrschende Thema hier auf der Außenterrasse, von der man einen umfassenden
Blick auf den Tatort hatte. Nachdem der Pool wieder freigegeben worden war,
hatten sich zunächst nur einige wenige Wagemutige mit ihren Handtüchern und
Wasserflaschen bewaffnet zu den Liegestühlen gewagt und sich in die äußersten
Reihen, die sonst die unbeliebtesten waren, zurückgezogen. Nach und nach wurde
es voller, die ersten Kinder stippten ihre Füße ins Wasser, und als Gregor
Matuschke schließlich zusammen mit Dieter prustend ins Wasser sprang, begannen
zur gleichen Zeit die Abbauarbeiten an der Wunderschönen . Zur großen
Erleichterung der Reiseveranstalter hatte der unliebsame Vorfall, wie der Hoteldirektor
sich ausdrückte, niemand dazu veranlasst den Aufenthalt vorzeitig abzubrechen.
»Als
ob die Rutsche etwas dafür könnte.«, maulte Matuschke weiter. » Ich hätte
sie auch weiterhin benutzt.«
»Du
vielleicht, aber sonst bestimmt keiner!« Dieter aus Paderborn biss von seinem
Apfelkuchen ab und spülte mit Bier nach. Krümel hingen wie Kletten in seinem
Ziegenbärtchen, und Herbert Schmalfuß wischte sich unbewusst sein glattes Kinn.
Vorsichtig kippte er Zucker auf seinen Kaffeelöffel, strich mit dem kleinen
Finger zart die Oberfläche glatt, bevor er den Löffel in die Tasse tunkte und
fünfmal nach links und fünfmal nach rechts umrührte. Er klopfte den Löffel am
Tassenrand ab, als wolle er zu einer Rede ansetzen, und nahm dann zwei
bedächtige Schlückchen.
»Nun,
es wäre gewiss nicht gerade pietätvoll, sich dieser Vergnügung nach dem
tragischen Ende von Frau Fischbach hinzugeben. Da stimme ich vollkommen mit
Ihnen überein, Herr Dieter.«, verkündete Schmalfuß, der stur daran festhielt,
niemanden außerhalb seines engsten Familienkreises zu Duzen, und da dieser
Kreis sich mittlerweile auf seinen Neffen Bruno beschränkte, brauchte er nicht
zu fürchten einen Faux-Pas zu begehen und hier unter türkischer Sonne einem
entfernten Verwandten zu begegnen und ihn versehentlich in seine Politik des
Nicht-Duzens einzubeziehen. Da Dieter aus Paderborn sich hartnäckig geweigert
hatte seinen Nachnamen preiszugeben, hatte Schmalfuß nach langen Überlegungen
den für ihn gerade noch erträglichen Kompromiss gewählt, den Vornamen als
Nachnamen zu benutzen. Dass seine Urlaubsbekanntschaften sofort das »Herr
Schmalfuß« beiseite wischten und zu »Herbert« übergingen, störte ihn indes
wenig. Er fand, dass jeder selbst für seine Manieren und seinen Takt
verantwortlich war und belehrte niemanden.
»Ach,
wenn ich so darüber nachdenke, Herr Matuschke, wie unanständig wir einen Abend
vor Frau Fischbachs Hinscheiden über sie gehohnlacht und ihre Art und Weise veralbert
haben ... das war nicht Recht von uns gehandelt.«
»Und
wenn Bernie dreimal über die Klinge gesprungen wäre – ich stehe dazu, dass wir
über sie abgelästert haben!« Matuschke hievte sich schwerfällig hoch. »Wie
sieht’s aus, Dieter? Noch ne Runde?« Er schwenkte seine leere Bierflasche und
Dieter gab ein zustimmendes Grunzen von sich.
»Du
bist doch mal Bulle gewesen, Herbert, oder? Was meinst du?«, fragte Dieter und
ruckelte seinen Stuhl näher an Schmalfuß sobald Matuschke außer Hörweite war. »Gregor
war ja ganz schön fix und alle, dass dieser Türkenbulle erst unterstellt hat,
er hätte die Schlampe abgemurkst, und dann noch damit rüberkam, dass womöglich
Gregor selbst das eigentliche Ziel des ...« Dieters Hand fuhr über Schmalfuß’
Kehle und Schmalfuß verschluckte sich, »... Anschlags gewesen ist. Was meinst
du zu der ganzen Schoße?«
»Ich
bin nicht sicher, ich verfüge nicht über ausreichende Kenntnis der gesamten
Beweislage. Was meinen Sie denn, Herr Dieter?«
»Ich
sag dir eins. So wie ich es sehe. Wenn du mich fragst, hat sich Gregor nach der
Disse noch mal mit der guten Bernie getroffen, du weißt schon, zu einem kleinen
Austausch wesentlicher Körperflüssigkeiten.«
Dieter
machte eine obszöne Geste und Schmalfuß rührte eifrig in seinem Kaffee. Er
hielt den Blick gesenkt, beobachtete aber jede Regung seines Gegenübers.
»Und
dann
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