Halsabschneider. Kadir Bülbüls erster Fall
an dem die
Frau enthauptet wurde. Sie könnte die Mordmaschine gebastelt haben.«
»Ein
Alibi haben hunderte andere auch nicht, die in jener Nacht einfach nur in ihren
Betten gelegen und geschlafen haben. Außerdem wissen wir das schon seit der
ersten Vernehmung von Matuschke.«
»Ich
habe Erkundigungen eingezogen. Sie hat sich gegenüber anderen völlig
gleichgültig über den Tod von Frau Fischbach ausgelassen, mehr noch, sie
meinte, es sei ihr auf die Nerven gegangen, wie sehr die Dame ihren Mann
belästigt hat.«
»Auch
das hat sie schon beim ersten Mal kundgetan!«
»Und
wenn schon? Dann haben Sie mir den Part eben damals nicht übersetzt und ich
weiß offiziell nichts davon!«
Dalga
beugte sich über den Tresen und flüsterte Kadir mit heißem Atem ins Ohr:
»Begreifen
Sie nicht? Ich musste jetzt jemanden festnehmen, sonst braucht es keiner
Intervention mehr von dritter Seite, um mich zu feuern oder zu versetzen. Der
Minister will Ergebnisse, die ganze Welt schaut auf unsere kleine Stadt! Ich
stehe mit dem Rücken an der Wand, so oder so!«
»Aber
warum ausgerechnet Frau Matuschke? Wie wollen Sie sie mit Volkmann in
Verbindung bringen? Ich fürchte, Sie haben sich ein Eigentor geschossen!«
»Aber
nein, denn sehen Sie: Es gibt glasklare Motive und Indizien! Erstens ist sie
mit dem Mann verheiratet, hinter dem Opfer Nr. Eins her war. Sie hat zweitens
kein Alibi, für beide Nächte nicht. An dem Abend, an dem Opfer Nr. Zwei getötet
wurde, hat sie sich mit den üblichen Weiberkopfschmerzen frühzeitig
zurückgezogen und die beiden Töchter waren mit dem Herrn Papa noch bis in die
Puppen beim Barbecue am Strand. Und schlussendlich – sehen Sie selbst.«
Dalga
sprang von seinem Podest und gab den Blick auf Mathilde Matuschke frei, die
sich eine Zigarette angezündet hatte und zwischen den Zügen wie ein
Maschinengewehr Schimpfworte und Beleidigungen ausspie, ohne auch nur einen der
Männer anzusehen.
Dalga
stellte sich hinter Frau Matuschke und deutete mit beiden Zeigefingern auf
ihren Scheitel. Ihr strohblondes Haar, dass durch die Sonne noch heller
geworden war, fiel in langen Strähnen über ihre Schultern und den Rücken bis hinab
auf ihre Hüfte. Dalga nahm das vergrößerte Phantombild hoch und hielt es über
ihren Kopf. Die Frau auf dem Bild war schmaler und sah jünger aus, auch wenn
ihr Alter durch die maskenhafte Starre ihres Gesichts nicht genau zu bestimmen
war. Aber die Haare, ihre strohige Konsistenz, die Länge, die Farbe, zeigten
eine verblüffende Ähnlichkeit. Es schien das einzige Merkmal an ihr gewesen zu
sein, das Dr. Menold exakt beschreiben konnte.
Frau
Matuschke spürte wie Kadir sie anstarrte und hob den Kopf. Sie drückte ihre
Zigarette aus und verschränkte die Arme:
»So,
Ihr Lieben, damit Ihr es wisst. Ich sage kein Wort ohne einen Anwalt.«
Bülbül
übersetzte automatisch und Dalga rieb sich die Hände. Jetzt ging es los! Das
waren immer die ersten Worte eines nahenden Geständnisses! Früher oder später
würde sie zusammenbrechen, dafür würde er schon sorgen, sie war nicht aus so
hartem Holz geschnitzt wie dieser andere Ausländer, dieser Ex-Kommissar, auch
wenn ihre Kratzbürstigkeit auf anderes schließen ließ. Alles nur Maskerade,
freute sich Dalga und atmete erleichtert die verqualmte, stickige Luft ein.
In
diesem Moment klingelte Bülbüls Handy. Kadir runzelte die Stirn als er die
Nummer sah. Schmalfuß wusste, dass er den ganzen Tag im Dienst war und er es
lieber sah, wenn er eine Nachricht im Meridian Club hinterließ anstatt die
Handynummer zu benutzen.
»Was
gibt es? Ich bin hier gleich in einer Vernehmung und …«
»Sie
ist weg, Kadir! Einfach weg! Seda ist verschwunden!«
»Wie?
Was sagen Sie? Was meinen Sie mit verschwunden?«
»Na,
wie ich es sage, junger Freund! V-E-R-S-C-H-W-U-N-D-E-N! Wir waren am alten
Wehrturm spazieren und da, auf einmal, wie aus heiterem Himmel, hat sie der
Hafer gestochen, und sie sagte, dass ihr etwas eingefallen sei, und dass sie
irgendein Detail vor der Nase gehabt und nur nicht gesehen hat. Ich hab nicht
direkt verstanden, was sie meinte, aber dann wurde mir klar, dass sie von den
Morden gesprochen hat! Und da war sie schon weggerannt! Oh, Gott, Kadir, was
haben wir getan? Ein junges Mädchen, das überhaupt keine Erfahrung mit dem
Verbrechen hat, für die alles nur ein Spiel ist! Wir hätten sie niemals
einbeziehen dürfen, auch wenn ich weiß, dass man bei ihr oft machtlos…«
Kadir
spürte, wie der Boden unter
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