Halte meine Seele
Jeansmode hat sich ziemlich verändert, seit ich mir das letzte Mal welche gekauft habe.“
Ich starrte ihn ungläubig an. Er hatte sich Jeans gekauft? Sofern in der Unterwelt nicht plötzlich Jeansläden eröffnet hatten, musste Alec irgendwann mal an der Oberfläche gewesen sein. Wenn ich mir diese seltsame Mischung aus formaler Hellion-Sprache und menschlichem Umgangston so anhörte, dann musste das schon verdammt lange her sein.
Aber auf die anfängliche Überraschung folgte eine schreckliche Gewissheit: Alec hatte Nash heute Abend wirklich gesehen. Das musste nicht unbedingt in der Unterwelt gewesen sein – er konnte Nash mithilfe eines anderen geborgten Körpers auch leicht hier bei uns beobachten –, aber dieses Risiko durfte ich nicht eingehen.
Wenn Nash wirklich dort war, musste ich ihn zurückholen.
„Ich muss also nur rübergehen und euch beide zurückbringen? Einfach so?“ Das klang viel zu einfach.
„Nun ja …“ Alec zögerte. „Ganz so einfach ist es vielleicht nicht.“
Jetzt kam der Haken. „Und warum nicht?“
„Weil Nash gerade bei meinem Chef ist. Aber sobald er allein ist, kann ich zu ihm.“
Ich schloss frustriert die Augen. Die Chance, Nash lebend wiederzusehen, war verschwindend gering. „Dein Chef, der Hellion?“, fragte ich schließlich. „Meinst du den?“
„Ganz genau.“
„Wieso?“ Ich sprang so heftig auf, dass der Stuhl gegen den Tisch knallte. „Was macht er in der Unterwelt? Was will dein Chef von ihm?“
Schulterzuckend strich Alec sich das T-Shirt – mein T-Shirt! – glatt. „Keine Ahnung. Vielleicht ist er auch ein Assistent?“
Nash, ein Assistent der Dämonen? „Warum sollte dein Hellion zwei brauchen?“
Wieder verdrehte Alec Emmas braune Augen und machte es sich, auf die Ellbogen gestützt, auf dem Bett gemütlich. Emma sah aus wie eine lebensgroße Puppe. „Da fragst du den Falschen. Meiner Meinung nach braucht er gar keine Assistenten, aber manchmal hat er acht Stück auf einmal.“ Er zuckte die Schultern. „Was soll ich sagen? Er ist halt ein Hellion, der auf Gier steht.“
Gier? Oh nein …
Ich atmete ganz langsam ein und aus und wappnete mich für die nächste Frage. „Dein Chef … heißt er vielleicht Avari?“
Emmas Augen wurden riesengroß. „Kennst du ihn etwa?“
Seufzend ließ ich mich zurück auf den Stuhl fallen. „Kennen schon, aber als Freunde würde ich uns nicht gerade bezeichnen.“
Alec schnaubte, und ich musste unwillkürlich lächeln. Dieses Geräusch klang total nach Emma. „Der Begriff ‚Freundschaft‘ ist hier unten nicht gerade weitverbreitet.“
Das überraschte mich kaum. In der Unterwelt ging es nur ums Fressen und Gefressenwerden, und sicher war nur, wer an der Spitze der Nahrungskette stand: die Hellions. Ich wusste erst seit drei Monaten, wer ich wirklich war und dass es die Unterwelt gab, aber allein in der kurzen Zeit hatte ich mich schon mit drei Hellions angelegt.
Genau genommen, hatten sie sich mit mir angelegt. „Wie schnell kannst du mit Nash reden?“
„Das ist das Problem. Wenn Avari ein neues Spielzeug hat, lässt er es nicht so schnell aus den Augen.“ Alecs Blick machte auch die letzte Hoffnung zunichte, dass Emma in ihrem Körper noch etwas zu melden hatte. Es war nicht meine beste Freundin, die mich aus diesen braunen Augen anblickte. „Aber morgen steigt so eine Art Party. Da sollte ich problemlos an ihn rankommen.“
„Morgen Abend!“ Ich schnappte nach Luft. „Soll ich ihn etwa einen ganzen Tag lang sich selbst überlassen?“
Alecs Blick wurde hart. „Du hast gar keine Wahl. Ohne mich kommst du nicht an ihn ran, und ich schaffe es erst morgen. Außerdem bekommen wir vielleicht nur diese eine Chance, und die sollten wir nicht vermasseln.“
Alles drehte sich um mich, so groß war der Schock. Ich klammerte mich verzweifelt am Stuhl fest, um nicht umzukippen.
„Hörst du, Kaylee? Morgen oder nie.“
„Hab’s kapiert.“ Ich schluckte hart. „Wir warten also bis morgen Abend, und wenn du mir ein Zeichen gibst, gehe ich rüber und bringe euch beide da raus. Richtig? Läuft es so?“
„Wenn wir Glück haben, ja.“
Glück? Es war also Glückssache?
Nash steckte echt in der Scheiße …
„Muss ich sonst noch was wissen?“ Ich stützte die Ellbogen auf die Knie. „Irgendwas, das du mir verschweigst? Muss ich mit einer Falle rechnen? Oder einem Riesenstiefel, der von oben runtersaust und uns alle zerquetscht?“
Oder einer Falltür, die plötzlich
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