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Halva, meine Sueße

Halva, meine Sueße

Titel: Halva, meine Sueße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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im vollen Lauf mit dem Stein an der
Schläfe.
    Uli Blessing entwich ein Seufzer und die Haut an seinem Gesicht platzte auf. Blut strömte ihm über die Augen, die
Wange und den Hals. Es sah fürchterlich aus.
    »Papa!«, schluchzte Kai verzweifelt, als sein Vater nach
hinten wegsackte.
    »Oh Gott, Mudi, was hast du gemacht?!«, rief Cyrus und
Mudi keuchte: »Scheiße! Scheiße! Ich wollte das nicht. Ich
wollte das wirklich nicht. Kai …«
    »Komm, schnell weg hier! Lass uns verschwinden, verdammt
noch mal!«, schrie Cyrus völlig in Panik und zog
Mudi mit sich. Beide stolperten auf das hohe elektrische Tor
zu, das Kai und sein Vater nach ihrer Ankunft vor wenigen
Stunden nicht richtig geschlossen hatten. Das grelle Flutlicht
der Einfahrt zog ihre Gestalten ins Überlange. Kai sah
ihnen fassungslos nach und kniete sich neben seinen Vater.
Er schob ihm den Arm unter den Nacken und hob dann
vorsichtig seinen Oberkörper an. »Papa, sag doch was.«
    Uli Blessing versuchte, den Kopf zu drehen, doch seine
Augen konnten sich nicht auf Kai fokussieren. Kai wurde bei
dem Anblick des vielen Blutes übel. Er wischte seinem Vater
mit seinem T-Shirt das Gesicht sauber, doch aus der Wunde
an der Schläfe quoll immer mehr.
    »Komm rein, wir schaffen das …«, keuchte Kai. »Ich bringe
dich ins Haus und rufe den Notarzt …«
    Er legte den Arm seines Vaters über seine Schulter, zog ihn
mühsam auf die Beine und humpelte zusammen mit ihm die
Stufen hoch ins Haus. Uli Blessing hing schwer auf seinem
Sohn und das Blut strömte weiter nur so aus der Wunde – so
viel, so rot.
    »Lass man …«, begann sein Vater mühsam atmend. »Ich
kipp gleich um.«
    »Halt durch, Papa. Bitte. Lass mich die Ambulanz rufen.«
In der Diele setzte Kai seinen Vater auf einen Stuhl und
rief den Notarzt. Dann riss er einen Schal vom Haken der
Garderobe und wickelte ihn Uli ungeschickt um den Kopf.
Weshalb nur hatte im Erste-Hilfe-Kurs niemand von Steinschlägen
gegen die Schläfe gesprochen, bei denen das Opfer
wie verrückt blutete? Kai merkte plötzlich, dass er selbst
Rotz und Wasser heulte.
    »Was machst du denn?«, flüsterte sein Vater und seine
Augenlider flatterten, als er versuchte, Kai anzusehen. Es
kostete ihn zu viel Anstrengung.
    »Ich versuche, die Wunde abzubinden.«
    »Warum denn das? Das ist doch kein Schlangenbiss,
Mensch. Da genügt doch ein Heftpflaster und ein Stück
Schokolade. Außerdem ist das Ding nicht mal steril …« Uli
Blessing versagte die Stimme, und Kai fing ihn gerade noch
auf, als er leicht vornüberkippte.
    »Halt durch, Papa …«, schluchzte er und sein Vater flüsterte:
»So leicht wirst du mich nicht los. Ich bin aus anderem
Holz geschnitzt. Das muss genäht werden.«
    »Tapfer sein«, brachte Kai hervor und hielt seinen Vater,
so fest er nur konnte, im Arm. Er spürte ihn schwerer und
schwerer werden, und als Kai endlich die Sirenen vom Krankenwagen
hörte, verlor Uli Blessing das Bewusstsein.
    Zuvor aber murmelte er noch: »Du musst Anzeige erstatten.
Damit lassen wir sie nicht davonkommen …«
    Kai nickte, dachte aber bei sich:
noch nicht, Papa.
    Er musste noch warten. Erst musste er sehen, was mit
Halva los war. Er musste sicherstellen, dass es ihr gut ging
und dass ihr eine Anzeige nicht schadete. Gleich, wenn sein Vater auf dem Weg ins Krankenhaus war, konnte er sie anrufen.
    Kai saß neben dem Fahrer des Krankenwagens und versuchte
vergeblich, Halva auf ihrem Handy zu erreichen. Weshalb,
verdammt noch mal, antwortete sie denn nicht? Das Herz
raste ihm. Wie ging es ihr? Wo war sie? Wenn Cyrus und
Mudi seinen Vater und ihn so angriffen, was taten sie dann
mit
ihr
?
    Auf dem Dach des Wagens heulte die Sirene. Kai presste
seinen Fuß auf die Matte, als sei dort ein zweites Gaspedal.
»Dauert es noch lange?«, fragte er ungeduldig, als sei er noch
nie in seinem Leben zum Zentralklinikum gefahren.
    »Noch ein paar Ecken«, sagte der Fahrer beruhigend.
    Noch ein paar Ecken. Kai sah auf seine Uhr. Fünf Uhr morgens.
War Halva vielleicht schon im Café und kam deshalb
nicht dazu, ihr Handy zu beantworten? Sie steckte sich gerne
ihre Kopfhörer in die Ohren und konzentrierte sich ganz auf
ihre Arbeit. Kai biss völlig aufgelöst auf seinen Fingernägeln
herum.
Hoffentlich
war sie im Café!
    Sobald sein Vater eingeliefert war, in seinem Zimmer lag
und er ihn in guten Händen wusste, würde er dorthin fahren.
Die Sorge um Halva brachte ihn beinahe um den Verstand.
    »Können wir nicht schneller fahren?«, fauchte

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