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Halva, meine Sueße

Halva, meine Sueße

Titel: Halva, meine Sueße Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellen Alpsten
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Haustür
klingelte. Das war Kai! Halva verharrte auf der Schwelle, als
Mudi aus seinem Zimmer kam.
    »Toll siehst du aus, Halva«, sagte er und machte eine
Handbewegung in Richtung des unteren Stockwerks. »Bist
du bereit?«
    »Weshalb sollte ich nicht bereit sein?«, fragte sie ihn kühl.
Seit dem Gespräch im Wohnzimmer versuchte Mudi immer
wieder, mit ihr so zu sprechen wie früher. Es war unmöglich.
Alles in Halva wehrte sich dagegen. Und die Worte ihrer
Mutter von eben verstärkten ihre Abneigung gegen Mudi
noch.
    »Ich hoffe, ich verderbe dir durch meine Einladung an die
Blessings nicht das Neujahrsfest?«, hakte Mudi weiter nach.
    Na, wenigstens einer denkt an mich, dachte Halva spöttisch.
Doch sie bemühte sich, ihr Gesicht ausdruckslos zu
halten. »Quatsch. Wir haben doch immer Gäste zu Neujahr.
Ich gehe jetzt runter«, sagte Halva und legte ihre Hand auf
das Geländer, um ihre Finger am Zittern zu hindern. Sie
musste sich festhalten. »Ist doch nett von dir, sie als Dank
für dein Praktikum einzuladen. Ist ja wieder mal alles super
für dich gelaufen.«
    Mudi zog bei diesem letzten Kommentar die Augenbrauen
hoch. »Das klingt, als sei ich total berechnend.«
    »Bist du das nicht?«
    »Halva. Lass uns heute nicht streiten.«
    »Keine Sorge, Mudi. Wenn ich nach Teheran fliege, dann werde ich Mamii berichten, dass du Großvater alle Ehre
machst.«
    Mudi entging völlig der beißende Spott in Halvas Stimme,
denn er sagte: »Ich bin so froh, dass wir das alles lösen
konnten, ohne uns zu zerstreiten. Du bist so wichtig für
mich. Und ich hätte niemals zwischen meinem Freund und
meiner Familie wählen wollen.«
    Halva dankte dem Schatten im Flur, der ihren Gesichtsausdruck
verbarg. Wie konnte Mudi nur so naiv sein. Hatte
er denn keine Ahnung von Menschen und ihren Gefühlen?
Nur der Gedanke an Kai half ihr, sich zu beherrschen. Dann
hörte sie von unten Stimmen die Treppe heraufdringen.
    »Lass uns gehen«, sagte sie, als Baba auch schon rief: »Willkommen!
«
    Dann hörte sie Rayas Stimme sagen: »Geben Sie mir doch
Ihren Mantel. Nein, was für schöne Blumen! Miryam, hol
mir bitte eine Vase. Noch nie habe ich so schöne Rosen gesehen!
«
    Tarof,
dachte Halva bitter, die Kunst der höflichen Übertreibung.
Der Ausdruck, der das eherne Gesetz eines jeden
iranischen Haushalts umschrieb: Der Gast war König.
    Kais Vater antwortete gerade: »Wir sind auch noch nie zu
einem persischen Neujahr eingeladen worden.«
    Und endlich hört Halva auch Kai sprechen. Der Klang
seiner warmen Stimme machte ihr eine Gänsehaut: »Ich bin
sehr auf den Abend gespannt. Mudi hat mir viel von
Na-
Raaz
erzählt.«
    Raya lachte. »Nicht
Na-Raaz.
Sondern
No-Rooz.«
    Baba drehte sich nach oben und rief: »Mudi, Halva, wo
bleibt ihr denn? Unsere Gäste sind da.«
    Mudi fasste Halvas Hand und presste ihre Finger, ehe sie
sie ihm entziehen konnte. Einen erschrockenen Augenblick
lang fragte sie sich, ob er sie durchschaut hatte, doch er richtete
sich nur ein letztes Mal die Krawatte. Gemeinsam gingen
sie die Treppe hinunter.
    Miryam lehnte in der Tür zum Wohnzimmer und lächelte
Halva ermutigend zu, als sie das Erdgeschoss erreichte.
    Kai und sein Vater standen noch in dem engen Flur und
das Licht der bunten Glaslampe über ihren Köpfen warf
einen warmen Schimmer auf Kais Haare. Halvas Herz war
schon bei ihm, ehe sie die letzte Stufe erreicht hatte. Er versuchte,
sie so neutral wie möglich anzuschauen, doch Halva
entdeckte in seinem Blick, was sie sehen musste, um den
Abend durchzustehen. Er war bei ihr, das gab ihr alle Kraft,
die sie brauchte.
    Sein Vater und er trugen beide dunkle Anzüge, doch während
Kais Vater eine Krawatte umgebunden hatte, stand Kais
weißes Hemd am Hals offen. Er sah verdammt gut aus, so
elegant. Doch das Wesentliche entdeckte sie nicht mit den
Augen, sondern sie spürte es: seine Selbstsicherheit, seine
Neugierde, seine Wärme. Sie vergaß allen Zorn und alle Bitterkeit.
Wo Kai war, war Freude, Leben und Hoffnung. Und
Kai war hier, bei ihr.
    »Was für eine hübsche Wohnung«, sagte Uli Blessing, der
sich kurz umschaute. »Ah, Halva. Guten Tag. Wie schön, Sie
wiederzusehen.«
    Baba zog kurz die Augenbrauen hoch, doch Mudi warf
ihm einen beruhigenden Blick zu und Raya sagte schnell:
»Danke. Aber kommen Sie doch rein.«
    Raya führte Uli Blessing ins Wohnzimmer, und er zog instinktiv den Kopf ein, obwohl der Türrahmen nicht zu
niedrig war.
    Kai blieb einen Moment länger im Flur stehen. »Guten
Abend,

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