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Hand und Ring

Titel: Hand und Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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und stahlen sich, auf ebenso verdächtige Weise wieder fort, worauf Sie den weiten und beschwerlichen Rückweg über die Berge antraten.
    Wenn wir nun neben diesen Tatsachen noch Ihre große Zurückhaltung in betreff jenes Besuchs bedenken, der für die Behörden von so augenscheinlicher Wichtigkeit sein mußte, so werden Sie mir selbst zugeben, daß der Verdacht gegen Sie nicht weniger stark ist, als gegen Valerian Hildreth.
    Mansell warf schnell einen forschenden Blick auf Ferris, dann sagte er mit sichtlichem Zwang:
    Sie stellen da allerlei Behauptungen auf, aber, wie wollen Sie zum Beispiel beweisen, daß ich eine Nacht oder auch nur eine Stunde in jener Waldhütte gewesen bin?
    Das können Sie erfahren. Man hat Sie dort am Nachmittag vor der Ermordung Ihrer Tante in Gesellschaft einer jungen Dame gesehen, mit der Sie ein Stelldichein hatten. – Was wollen Sie bemerken? –
    Nichts! klang es zornig, fast geringschätzig zurück.
    Im Hause Ihrer Tante haben Sie nicht geschlafen, denn in keinem der Zimmer war ein Gast beherbergt worden; in der Hütte aber ließen Sie verschiedene Spuren Ihrer Anwesenheit zurück. Ich könnte Ihnen sagen, wo Sie die Tannenzweige abgeschnitten haben, die Ihnen als Kissen dienten, und wo Sie saßen, als Sie mit einem Blaustift, wie dort einer aus Ihrer Westentasche heraussieht, Notizen auf den Rand des Buffalo-Tageblattes schrieben.
    Sie sind in der Tat gut berichtet, entgegnete der junge Mann mit düster gefalteter Stirn. Woher aber wissen Sie, daß ich das Haus meiner Tante am Tage ihrer Ermordung betreten habe? Hat mich dort jemand gesehen, oder trägt das Haus wie jene Hütte Spuren meiner Gegenwart zu einer bestimmten Zeit?
    Sein Ton klang spöttisch, ja verächtlich, und grimmer Hohn blitzte ihm aus den Augen. Ferris sah nach der Hand hin, welche Mansell auf den Schreibtisch stützte und bemerkte ruhig:
    Sie tragen heute den Diamantring nicht, den Sie von jenem Stelldichein mitnahmen? Ist das vielleicht derselbe, der nach der Mordtat in Frau Klemmens' Zimmer gefunden wurde? Sollten Sie ihn etwa da vom Finger verloren haben?
    Bei diesen Worten schrak der junge Mann heftig zusammen: es war das erste Zeichen von Schwäche, das er sehen ließ.
    Woher wissen Sie, fragte er bestürzt, daß ich von jener Zusammenkunft einen Diamantring mitnahm?
    Gewisse Umstände, entgegnete der Bezirksanwalt, erheben dies über allen Zweifel. Fräulein Dare –
    Fräulein Dare! – Mansells ganzes Inneres schien sich zu empören. Der Ton, mit dem er den Namen sprach, klang entsetzlich; Byrd schauderte, als er ihn hörte.
    Fräulein Dare sagt aus, fuhr Ferris unbeirrt fort, daß sie Ihnen den Ring zurückgegeben habe, den Sie ihr bei jener Unterredung einhändigen wollten.
    Es entstand eine bedrückende Pause.
    Sie sind über den Fall so gut unterrichtet, bemerkte Mansell dann mit erzwungener Ruhe, daß mir kaum etwas zu sagen übrigbleibt. – Aber Herr, rief er von Entrüstung übermannt, plötzlich vorwärtstretend und mit der geballten Faust auf den Tisch schlagend, ich habe meine Tante nicht umgebracht! – Ich gebe zu, daß ich sie aufgesucht habe, wie Sie behauptet haben, aber das war am Tage vor dem Mord und nicht nach demselben. Ich ging zu ihr, um nochmals zu versuchen, sie für meine Erfindung günstig zu stimmen. Ich begab mich heimlich dahin und auf dem Umwege, den Sie beschrieben haben, weil mich noch ein anderer Zweck nach Sibley führte, der es mir wünschenswert machte, meine Anwesenheit dort zu verbergen. Bei meiner Tante waren alle Bemühungen vergeblich, auch mein anderer Herzenswunsch, auf den sich der Ring bezog, von dem Sie sprachen, ging nicht in Erfüllung. Durch diese Enttäuschungen entmutigt, lag ich die ganze Nacht dort in der Hütte, auch noch einen großen Teil des nächsten Morgens; aber ich habe meine Tante nicht wieder gesehen und die Hand nicht gegen sie erhoben.
    Es lag eine feierliche Ruhe, eine überzeugende Gewalt in dem Ton, mit welchem er die letzten Worte sprach; sein Blick war fest und unbewegt auf den Bezirksanwalt gerichtet.
    So behaupten Sie also, das Haus der Witwe am Tage ihrer Ermordung nicht betreten zu haben? fragte Ferris.
    Ja.
    Wir stünden demnach vor der Frage, wer von Ihnen die Wahrheit spricht, Sie oder Fräulein Dare.
    Tiefes Schweigen.
    Fräulein Dare sagt aus, daß sie Ihnen den Ring zurückgegeben hat. Da derselbe also in Ihrem Besitz war, als Sie beide am Montagabend auseinandergingen, wie kann der Ring am nächsten Morgen in das Eßzimmer

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