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Handbuch für anständige Mädchen

Handbuch für anständige Mädchen

Titel: Handbuch für anständige Mädchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elaine Di Rollo
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haben zwei Tage Bedenkzeit, ob Sie mich heiraten möchten oder nicht. Wenn Sie nicht einwilligen, werde ich mich natürlich gezwungen sehen, meinem Vater alles zu erzählen.«
    Der Fotograf stand auf. Er nahm Alices Hände in die seinen. »Meine liebe Miss Talbot«, sagte er. »Alice. Natürlich werde ich Sie heiraten.«
    Alice hatte wenigstens mit einem gewissen Maß an Widerstand gerechnet. Sie räusperte sich und schlug einen geschäftsmäßigen Tonfall an. »Gut. Die Einzelheiten können wir später regeln. Aber vielleicht ist Geheimhaltung vorerst am besten.«
    Mr Blake schien nicht hinzuhören. Er kam näher. »Darf ich meine künftige Frau küssen?«
    »Ich denke schon«, sagte sie. »Aber machen Sie schnell.«
    Alices Wangen färbten sich hochrot. Damit hatte sie nicht gerechnet. Sie wich einen Schritt zurück. Blake trat einen Schritt vorwärts. Sie waren gleich groß, und seine Augen waren auf gleicher Höhe mit ihren. Etwas unbeholfen legte er die Arme um Alice. Er roch nach dem Rauch der Zigarren ihres Vaters, und als er sie sanft drückte, fiel ihr außerdem ein leicht schaler, leicht verschwitzter, irgendwie tierischer Geruch auf, bei dem es sich, wie sie entschied, um seinen eigenen, ganz besonderen männlichen Duft handeln musste. Es folgte der unverkennbare Geruch von Äther und das Aroma fotografischer Chemikalien. Und dann, bevor sie zurückweichen konnte, berührten seine Lippen die ihren. Alice zuckte zusammen. Sie kniff die Augen zu und zwang sich, sich zu entspannen. Schließlich fühlte es sich nicht unangenehm an, bloß recht seltsam und ungewöhnlich.
    »Haben Sie keine Angst«, murmelte Mr Blake an ihrer Wange.
    »Habe ich nicht«, versetzte Alice.
    »Natürlich nicht. Sie haben vor gar nichts Angst, nicht wahr?« Mr Blake küsste sie erneut. Diesmal spürte Alice, wie sich seine Lippen öffneten und seine Zunge die ihre berührte. Sie unterdrückte ein Schaudern. Das alles war ganz anders als die herzhaften Küsse, die sie Lilian und Mr Hunter hatte austauschen sehen. Alice hatte das Treibhaus betreten, um die Berieselungsanlage auszuschalten. Auf dem Weg durch das tropfende Blätterwerk waren die Geräusche schweren Atems an ihre Ohren gedrungen. Rhythmisches Atmen, begleitet von Keuchen und Gemurmel und dem Geräusch raschelnder Blätter. Alice war vorwärtsgeeilt. Vielleicht war eine der Tanten gestürzt und versuchte mühsam, sich wieder aufzurichten.
    Doch dieses besondere Keuchen rührte nicht von einer Tante in Not, es stammte von Lilian und Mr Hunter, die sich auf dem Farnkraut unter den warmen Sprinklern liebten. Sie waren umgeben von etlichen eilig abgeworfenen Kleidungsstücken – Mr Hunters Hemd, seine Stiefel, seine Breeches, seine Weste sowie Lilians Hemdchen, ihre Strümpfe, ihre Schuhe, ihr Kleid, ihre zahlreichen Unterröcke, auf den Felsen neben dem Zierteich wie gewaltige gestrandete Quallen zurückgelassen, sowie ihr Korsett, dessen einengende Schnürbänder offensichtlich mit dem obenauf liegenden Gartenmesser durchtrennt worden waren. Trotz des Anblicks von Mr Hunters nackten Hinterbacken, die sich rhythmisch zwischen den Knien ihrer Schwester hoben und senkten, hatte Alice sich gefragt, wie um alles in der Welt die beiden es geschafft haben mochten, ihren Eifer aufrechtzuerhalten, während sie sich abmühten, so viele Schichten komplizierter Bekleidung zu entfernen.
    Wie auch immer die Antwort auf diese Frage lauten mochte, sie waren zu sehr von ihren Aktivitäten in Anspruch genommen, um Alices neugieriges Gesicht zu bemerken, das durch die Farnwedel spähte. Sie sah, wie Lilian die Beine um Mr Hunters Taille schlang und die Arme um seinen Hals. Stöhnend packte Mr Hunter eine weiche weiße Gesäßbacke, wie ein Ertrinkender nach einer Rettungsboje greifen mochte. Er bewegte sich immer schneller und heftiger, sodass Alice kurz an den Kolben der dampfbetriebenen Zugmaschine ihres Vaters denken muss te. Die ganze Zeit über fiel ein feiner Nebel aus warmem Wasser auf sie, sodass ihre Körper wie nasser Marmor im düsteren Eden des Treibhauses glänzten.
    Später war Lilian zu Alice gekommen und hatte ihr erzählt, was sie getan hatte, hatte ihrer Schwester zugeflüstert, wie sehr sie es genossen habe und dass sie sich sicher sei, dass Alice ebenfalls Gefallen an derlei Aktivitäten fände. Doch Alice wusste, dass es unwahrscheinlich war, dass irgendein Mann sie je küssen wollen, geschweige denn in seiner Begierde, an ihren Körper zu gelangen, ihre Unterwäsche

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