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Handbuch für Detektive - Roman

Handbuch für Detektive - Roman

Titel: Handbuch für Detektive - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: C.H.Beck
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verschwanden wieder. Einige der Türen befanden sich oben an der Wand; um sie zu öffnen, musste der Bote auf eine Leiter klettern, die Tür mit einer Teleskopstange, die er aus seinem Kurierbeutel zog, aufstoßen und dann durch die Luke klettern.
    Unwin machte die Tür hinter sich zu – auch sie war als hoher Aktenschrank getarnt – und ging an der Wand entlang, um nach irgendwelchen Hinweisen auf ein Ordnungssystem zu suchen. Doch die Schubladen waren weder beschriftet noch waren sie irgendwie, ob alphabetisch oder nach irgendeinem anderen System, angeordnet. Er suchte sich eine Schublade auf Höhe seiner Taille aus. Die Aktenmappen, die darin hingen, waren alle dunkelblau, nicht hellbraun, wie er es gewohnt war. Er zog eine heraus und entdeckte eine Karte, die an die Vorderseite geklebt war. Auf der Karte standen, mit Maschine geschrieben, folgende Stichworte:
    Gestohlenes Tagebuch
    Verlassener Liebhaber
    Vage Drohungen
    Lange verschollene Schwester
    Mysteriöser Doppelgänger
    Die Unterlagen darin waren nach einer bestimmten Methode formatiert, die ihm gänzlich unvertraut war. Auf mehreren handgeschriebenen Seiten wurde ein Klient beschrieben, sein Treffen mit einem Vertreter der Agentur wurde geschildert und von seinen Verdachtsmomenten und Befürchtungen berichtet. Doch wo waren die Hinweise? Welcher Detektiv war mit dem Fall betraut worden? Und wie war der Fall gelöst worden?
    In der Nähe glitt eine Schublade auf, Unwin blickte auf und entdeckte einen Unterschreiber, der nur wenige Schritte von ihm entfernt stand. Der Mann grinste ihn an. Er hatte runde Wangen und trug eine Melone und eine scharlachrote Krawatte. Unwin schob die Aktenmappe wieder zurück und fuhr mit den Fingern über die Kartenreiter, als suche er nach einer anderen Mappe.
    Obwohl sich Unwin beschäftigt gab, kam der Unterschreiber näher und verbeugte sich, und als Unwin nicht zu ihm hochblickte, verbeugte er sich noch einmal und gab bei seiner dritten Verbeugung schließlich ein niedergeschlagenes kleines Schnaufen von sich. Schließlich ergriff er das Wort. «Sie müssen der Neue sein, stimmt’s, der Neue?»
    Unwin vermied eine Antwort, indem er die Mappen tätschelte und lächelte.
    «Sagen Sie mir doch, wonach Sie suchen!» Die Wangen des Unterschreibers erröteten. Offenbar brachte ihn die Aussicht darauf, jemand anderem zu helfen, in höchste Verlegenheit.
    «Sie sind zu gütig.» Unwin wollte den Mann nicht nach der Schallplatte fragen, aber da er ihm irgendetwas antworten musste, sagte er: «Ich suche nach den Akten zu den Sivart-Fällen. Der Fall Colonel Baker wäre zum Beispiel ein guter Anfang.»
    Hier runzelte der Unterschreiber die Stirn. «Klingt nach sehr spezifischen Suchkriterien. Was ist denn der Hauptbezug?»
    Unwin dachte nach. «Vorgeblicher Tod», sagte er.
    Der Unterschreiber tippte sich mit dem Finger an seine runde, säuberlich rasierte Wange. «Also, ich bin jetzt seit fast zwei Jahren hier, und ich kann mich nicht erinnern …» Seine Wangen wurden noch röter, bis sie fast der Farbe seiner Krawatte entsprachen. «Wie, sagten Sie noch mal, ist Ihr Name?»
    Unwin hüstelte und wedelte mit der Hand, tat so, als würde er wieder die Mappen studieren. Der Unterschreiber ging mit leisen Schritten davon und schob ebenso leise die Schublade wieder zu, die er erst eine Minute zuvor geöffnet hatte. Dann ging er mit schnellen, entschlossenen Schritten, eher einem Boten als einem Unterschreiber ähnelnd, in die Mitte des Raumes.
    Unwin schob die Schublade zu und folgte ihm. Der Unterschreiber bemerkte das und ging schneller, worauf Unwin zu laufen begann. Nun rannte auch der Unterschreiber, und spätestens jetzt richteten sich fast alle Blicke im Archiv auf die beiden. Mittlerweile konnte Unwin das Kabuff besser erkennen. Oben war eine Wanduhr mit vier Zifferblättern angebracht, fast so wie die im Central Terminal. Unwin schaute auf die Uhr und sah, dass sie auf die Sekunde genau die gleiche Zeit wie die Uhr im Herzen des Agentur-Archivs zeigte. Es war siebzehn Minuten nach ein Uhr nachmittags. Der Unterschreiber näherte sich jetzt dem Kabuff, wobei er andere beiseiteschob, um den Weg frei zu machen. Man drängelte und murrte, doch kaum hatte er die Stimme erhoben, um mit jemandem im Kabuff zu sprechen, wurde es still. Alle drehten sich um, um zu sehen, wie Unwin näherkam. Einige nahmen den Hut ab und nestelten an der Krempe. Man ließ sie durch, und jetzt trat auch der mit der roten Krawatte zur Seite.
    Im Kabuff

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