Handyman Jack 02 - Der Spezialist
habe keine offizielle Existenz.«
Sie schüttelte den Kopf. »Wie kann das sein? Sie müssen doch eine Sozialversicherungsnummer haben. Und ein Bankkonto, eine Kreditkarte, einen Führerschein. Ohne all das können Sie doch gar nichts tun.«
»Ich habe all das. Sogar in mehrfacher Ausfertigung. Aber alles falsch.«
»Na schön, dann treten Sie eben unter einer dieser Identitäten als mein Zeuge auf.«
»Geht nicht. Diese Identitäten reichen für eine Bank aus, die möchte, daß ich bei ihr ein Konto eröffne, und hofft, daß ich in Zukunft für meine sämtlichen Einkäufe nur noch ihre Kreditkarte benutze. Oder für irgendeinen zu Tode gelangweilten Bürohengst in einer Behörde, der irgendwelche unwichtigen Dokumente, die sich auf einen Toten beziehen, an eine nicht existierende Adresse in Park Slope schicken soll. Aber sie reichen nicht aus, um einer gründlichen Überprüfung standzuhalten. Vor allem dann nicht, wenn entsprechende Anfragen an die Finanzämter gehen.«
»Sie sind dort nicht registriert?«
»Nein. Und noch eins, bitte … Sie dürfen niemals Ihrem Freund bei der Polizei, diesem Detective, von mir erzählen.«
»Werden Sie wegen irgendwas gesucht?«
»Nein, und ich fände es gut, wenn es auch so bliebe.«
Alicia lehnte sich zurück. Sie war tief enttäuscht. »Verdammt. Für einen kurzen Moment hatte ich wirklich geglaubt …«
»Tut mir leid«, sagte Jack.
»Mein Gott, entschuldigen Sie sich nicht dafür, daß Sie mich aus dem Wagen rausgeholt haben.«
»Aber vielleicht hätte ich es lieber nicht tun sollen«, meinte er.
»Das finde ich gar nicht lustig.«
»Ich meine es durchaus ernst. Mir ist gerade der Gedanke gekommen, daß ich alles so hätte tun sollen, wie ich es getan habe, außer Sie zu befreien. Wenn ich beispielsweise Ihren Bruder genauso verprügelt hätte wie die anderen beiden und die Lieferwagentür offen und Sie gefesselt auf dem Sitz zurückgelassen hätte, hätten Sie ganz normal um Hilfe rufen können. Irgendwer wäre dann sicher gekommen, hätte Sie gesehen und die Polizei benachrichtigt. Ich hätte mich schnellstens verdrückt, und die drei säßen längst in einer Zelle in Midtown South.«
Es ärgerte ihn jetzt, daß er nicht vorher an diese Möglichkeit gedacht hatte.
Alicia nickte langsam. »Das wäre natürlich perfekt gewesen. Aber ich bin auch nicht darauf gekommen. Ich wollte in diesem Moment nur meine Freiheit, das Klebeband loswerden und aus diesem Lieferwagen heraus.«
»Und ich dachte nur daran, mit wie vielen Kerlen ich mich noch herumschlagen müßte.«
»Ja«, sagte sie und lehnte sich jetzt vor. Ein knappes Lächeln spielte um ihre Lippen. Der Scotch entfaltete nach und nach seine Wirkung bei ihr. »Erzählen Sie doch mal. Diese beiden Männer waren doch viel größer als Sie. Und ich weiß, daß Sie diesmal nicht Ihren Augen-Trick benutzt haben. Wie haben Sie sie besiegen können? Mit Karate? Kung-Fu?«
»Überraschung«, antwortete Jack. »Die beste Waffe von allen. Das Ende hätte anders aussehen können, wenn sie auf mich vorbereitet gewesen wären. Aber sie sahen einen Mann, der erschrocken, ängstlich und hilflos war. Kein ernstzunehmender Gegner. Der zweite Kerl grinste sogar, als er sah, wie hilflos ich erschien. Aber ich hatte meine weiteren Schritte genau geplant – ich attackierte die Knie und die Nasen. Es ist völlig egal, wie stark jemand ist, wenn man eins seiner Bänder im Kniegelenk zerreißt oder ihm das Nasenbein in den Schädel hineinrammt, ist er nicht mehr viel wert. Die beiden haben gepennt und wurden überrumpelt. So etwas funktioniert natürlich nur einmal. Ich werde mir wohl etwas anderes ausdenken müssen, falls sie mir noch mal in die Quere kommen.«
»Ich habe noch eine Frage, die ich Ihnen einfach stellen muß«, sagte sie. Jack bemerkte, wie sie auf seine Hände schaute. »Diese Daumennägel. Sie lassen sie viel länger als die anderen. Darf ich wissen, warum?«
»Ich weiß nicht, ob Ihnen meine Erklärung gefällt.«
»Doch. Ich muß es wissen.«
Jack atmete tief durch. »Manchmal gerät man in Situationen, in denen alles nicht so glatt und sauber abläuft wie heute. Manchmal landet man im Dreck und muß zusehen, daß man Tritten und Schlägen so gut wie möglich entgeht, muß jeden Trick einsetzen, um mit halbwegs heiler Haut davonzukommen. Und dann ist es gut, wenn man eine Art eingebaute Waffe bei sich hat.« Er hielt die Daumen mit den langen Nägeln hoch und wackelte mit ihnen. »Es gibt nichts Besseres
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