Handyman Jack 03 - Im Kreis der Verschwörer
sein – mindestens einer in jedem Zimmer. Jetzt hat auch er eins.«
»Richtig, und ich glaube, dass er vielleicht ebenfalls ein Sensitiver ist.«
Mauricio hatte den Fingerknochen sauber genagt. Er zerbrach den Knochen und saugte das Mark aus.
»Ach? Und worauf gründet sich deine Entscheidung?«
»Auf der Tatsache, dass er gezeichnet ist. Ich denke, das hast du bemerkt.«
»Natürlich. Sofort. Aber er ist nicht nur ›gezeichnet‹ er hat Narben, und das bedeutet, dass er gegen die Andersheit gekämpft hat – er hat gekämpft und ist am Leben geblieben.«
»›Gekämpft‹ ist ein wenig übertrieben, Mauricio. Er war höchstwahrscheinlich nur ein harmloser Zuschauer, ein verletzter Unbeteiligter.«
»Vielleicht, aber allein die Tatsache, dass er überlebt hat, beunruhigt mich – beunruhigt mich sogar sehr. Er könnte für den Feind arbeiten.«
Roma lachte. »Stell dich nicht an wie eine alte Frau, Mauricio. Wir kennen die Agenten des Feindes, und er gehört nicht dazu.«
»Wir kennen nur die Zwillinge. Woher wollen wir wissen, dass es nicht noch mehr gibt? Ich finde, wir sollten diese Sache abbrechen.«
Roma spürte, wie seine Belustigung sich verflüchtigte und durch Verärgerung ersetzt wurde. »Davon will ich nichts hören. Du warst von Anfang an gegen den Plan, und du stürzt dich auf jede Entschuldigung, um ihn abzubrechen.«
Mauricio hatte das erste Fingerglied verzehrt. Er warf den Knochenrest zurück in den Beutel, dann nahm er sich den restlichen Finger vor.
»Ich habe aus plausiblen Gründen versucht, dich abzuschrecken. Ich bin hier, um dich zu beraten, vergiss das nicht.«
»Du
dienst
mir, Mauricio.«
Der Affe funkelte ihn zornig an. »Ich diene der Andersheit, genauso wie du.«
»Aber ich bin Der Eine. Ich entscheide, und du führst aus. Vergiss das nicht!«
Sie hatten diese Diskussion schon früher geführt – sehr oft. Mauricio war geschickt worden, um ihm zu helfen, aber nach all den Jahren betrachtete er sich eher als Mentor. Roma störte das. Niemand auf dieser Ebene hatte länger im Dienst der Andersheit gestanden als er. Er hatte auf die harte Tour gelernt, durch Schmerzen, durch Einkerkerung, sogar durch Tod, und das Letzte, was er brauchte, war jemand, der halbgare Ratschläge für ihn hatte, vor allem zu diesem späten Zeitpunkt.
Mauricio sagte: »Warum hörst du nicht auf mich, wenn ich dir erkläre, dass der ganze Plan unausgereift ist? Du bist zu ungeduldig.«
»Ungeduldig? Ich habe Jahrhunderte – und zwar wirklich Jahrhunderte – auf dies hier gewartet. Wage bloß nicht, mich ungeduldig zu nennen.«
»Na schön. Du bist nicht ungeduldig. Aber du hast nichts mit der Lady gemacht, und die Zeichen sind noch nicht ganz richtig.«
Sie sind richtig, dachte Roma, weil ich
sage,
dass sie richtig sind.
»Die Lady ist nicht von Bedeutung.«
»Und warum hier?«, fuhr Mauricio fort. »New York ist zu bevölkert. Es gibt zu viele Variablen, zu viele Möglichkeiten, dass irgendetwas schief geht. Warum nicht irgendwo in der Wüste? In einem Hotel, sagen wir, in Nevada oder Mexiko?«
»Nein, ich will, dass es hier geschieht.«
»Weshalb?«
»Ich habe meine Gründe.«
Mauricio schleuderte den teilweise verzehrten Finger quer durch den Raum und sprang auf den Boden. Er richtete sich ruckartig auf seinen Hinterbeinen auf. Seine gewöhnlich schrille Stimme sank um zwei Oktaven, während er seine Kapuzineraffengestalt aufgab und sich zu seiner wahren Größe ausdehnte – ein kraftvolles, wuchtiges, schwarz-pelziges Wesen mit blutroten Augen und von ein Meter zwanzig Körpergröße.
»Du darfst keine Gründe haben! Du bist Der Eine. Du bist hier, um den Weg zu öffnen. Das ist deine Pflicht und deine Bestimmung. Persönliche Fehden haben in deinem Leben keinen Platz!«
»Dann hätte jemand anders ausgewählt werden sollen«, sagte Roma ruhig und kühl. »Nicht jemand mit einer Vergangenheit – einer
langen
Vergangenheit. Nicht jemand, der noch Rechnungen zu begleichen hat. Aber auf dieser Ebene gibt es niemand anderen mit der Fähigkeit, die Wahl zu treffen. Wenn ich daher sage, dass es hier beginnt, dann wird es auch hier beginnen.«
»Ich verstehe, dass ich in dieser Angelegenheit nichts zu sagen habe«, meinte Mauricio mürrisch. Er schrumpfte wieder zu seiner Kapuzineraffengestalt zusammen. »Aber merk dir meine Worte gut: Ich denke noch immer, dass dies alles nicht ausgereift ist – es ist sowohl der falsche Zeitpunkt als auch der falsche Ort – und dass alles schlimm
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